Griechischer Rundfunk ERT kehrt zurück

Nationale Wellen Die Wiederherstellung der griechischen Fernseh- und Radiosendeanstalt ERT war ein Wahlversprechen der Syriza gewesen. Es war eins der wichtigeren Versprechen

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Griechischer Rundfunk ERT kehrt zurück

Angelos Tzortzinis/AFP/Getty Images

Athen läuft die Zeit davon, und Tsipras geht feiern, empörte sich vor einer Woche die "Welt". Im Teaser waltete der deutsche Kampagnenstil, erkennbar an seinen quantitativ unbestimmten Steigerungen (immer schlimmer, immer dramatischer, schon wieder, einmal mehr). In diesem Falle wurde es immer enger für Athen.

Allerdings hatte Tsipras - aus seiner Sicht - etwas Wichtiges zu tun: er besuchte laut "Welt" ein Popkonzert anlässlich der Wiedereröffnung des Fernsehsenders der traditionellen staatlichen Rundfunkanstalt ERT. Auch der Finanzminister hatte Zeit für das Ereignis, mit dem das Zwischenspiel der kurzfristig von der Vorgängerregierung neu gegründeten Rundfunkanstalt NERIT nach zwei Jahren ein Ende nahm. Mit der Wiederherstellung der ERT lösten die Syriza-Politiker ein Wahlversprechen ein.

Laut Deutsche Welle proklamierten zwei ERT-Moderatoren am 11.06. zur Wiederaufnahme der Programme ein Fernsehen für die Griechen, das von keiner Regierung kontrolliert werden wird.

Fünf Monate lang hatten frühere ERT-Mitarbeiter das Sendegebäude - 'Fernsehen und Radio - vom Sommer bis Herbst 2013 besetzt gehalten und von dort aus gesendet, während die neue Organisation NERIT in einem Ersatzquartier gearbeitet hatte. Im November beendeten Bereitschaftspolizisten den inoffiziellen ERT-Sendebetrieb.

Überhaupt in den Schrott gehen sollten - laut ERT-Mitarbeitern im September 2013, zitiert von der impressumfreien Website The Greek Radio / radiofono.gr - die Kurzwellenanlagen der ERT in Avlis. Das Finanzministerium habe ein Unternehmen zur Abgabe eines Angebots für 39 Sendemasten als Altmetall aufgefordert. Die protestierenden Mitarbeiter der abgewickelten ERT argumentierten laut dem Bericht unter anderem patriotisch:

Die griechische Kurzwelle nahm ihren Betrieb 1938 auf und wurde später auch dazu verwendet, Informationen für die griechischen Soldaten zu senden, die gegen Faschisten in Albanien kämpften. Die einzigen, die es wagten, sie abzuschalten, waren die Nazis während der Besatzung. Nach der Befreiung hat sie nie aufgehört, das Land mit griechischen Seeleuten und der Diaspora zu verbinden. Die Voice of Greece sendet Informationen, Unterhaltung, Kultur und Tradition aus Griechenland mit Programmen in zwölf Sprachen, weltweit.

Kim Andrew Elliott, Mitarbeiter des International Broadcasting Bureau und medienbeobachtender Blogger, bescheinigte der Voice of Greece, sogar als "Guerilla"-Dienst ein eindrucksvolles Signal nach Nordamerika zu senden.

Kurzwelle und nationale Gefühle gehen nicht nur in Griechenland Hand in Hand. Argentinien - mitunter als mögliches Vorbild für Griechenland genannt, wenn es um eine kontrollierte Staatspleite jenseits der Regeln des Weltwährungsfonds geht - sendet aus seinem antarktischen Sektor auf Kurzwellenfrequenzen Radioprogramme, die vor allem im Frühjahr und Herbst gelegentlich auch in Europa empfangen werden können, und argentinische Funkamateure nehmen den 2010 eingeführten Tag der Souveränität zum Anlass für Sonderaktionen.

Auch der staatliche Auslandsrundfunk RAE sendet über eine altersschwache Anlage unter anderem nach Nordamerika, Europa und den Fernen Osten. Zwar würden Kurzwellenstationen nur noch von Hobbyisten aufgenommen, die nach Kurzwellensignalen suchen, mit Geräten, die nicht mehr hergestellt werden, so ein RAE-Mitarbeiter, zitiert vom "Argentina Independent" im November 2010, aber

jedes Land erhält eine Anzahl von Wellenlängen. Das ist Teil der Souveränität eines Landes, und um sie zu schützen, muss man auch Frequenzen erhalten.

Das in Enid, Oklahoma produzierte Medienprogramm World of Radio zitierte am 17. Juni griechischsprachige Quellen mit der Ankündigung, die Voice of Greece nehme zunehmend ihre Kurzwellensendungen wieder auf.

Ganz aufgehört hatten sie ohnehin nie: per Kurzwellen war ERT Open, der "Guerilla"-Sender, über die ganzen zwei Jahre seiner inoffiziellen Existenz immer wieder weltweit zu hören gewesen: manchmal nur für wenige Stunden; manchmal den ganzen Tag lang, und zwischendurch auch mit kurzen englischsprachigen Nachrichtensendungen.

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Plenty wrong, a lot to cherish, June 12, 2013

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