JR's kleine Sudelkladde: Ukraine

Deeskalation. Man setzt auf Deeskalation, so Radio Ukraine International am Freitag. Am Samstag gibt das chinesische Radio dazu Erläuterungen. Und Xinhua liefert Statistiken.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Aus den internationalen Medien, ohne Gewähr, aber so steht es - Übersetzungsfehler nicht ausgeschlossen - geschrieben, oder so wurde es im Radio gesagt -- JR

____________

1. Radio Ukraine International, 11.04.14

(Transkript vom Podcast)

Nach den Ausschreitungen im Osten der Ukraine in den vergangenen fünf Tagen setzt die ukrainische Regierung auf eine Deeskalation. Am Donnerstag hat die ukrainische Staatsführung den prorussischen Aktivisten in ostukrainischen Großstädten Donezk und Luhansk im Fall ihres Rückzugs die Straffreiheit in Aussicht gestellt. Der Interimspräsident, der Parlamentschef der Ukraine, Alexander Turtschinow, erklärte seine Bereitschaft, ein entsprechendes Dekret zu unterzeichnen. Die Zentralregierung sei nicht nur zum Dialog mit den Regionen sondern auch zur Erfüllung rechtmäßiger Forderungen jedes Einwohners des Landes bereit, erklärte der Premierminister der Ukraine, Arsenij Jazenjuk, beim Treffen mit den Verwaltungsbeamten und Unternehmern am Freitag in Donezk. Nach seinen Worten weiß die ukrainische Staatsführung über einen Ausweg aus der jetzigen sozialwirtschaftlichen Krise Bescheid. Die Hauptaufgaben der Regierung seien heutzutage die Erhaltung des Friedens und der Eintracht in der Ukraine, sowie die territoriale Integrität des Landes, sagte der Ministerpräsident. Außerdem betonte der Regierungschef, es sei äußerst wichtig, die Verfassungsreformen möglichst schnell durchzuführen und Änderungen zum Grundgesetz bis zu Präsidentschaftswahlen zu verabschieden. Im Rahmen der Verfassungsänderungen sollen die Befugnisse zwischen dem Parlament, dem Präsidenten und dem Kabinett geregelt sowie die Dezentralisierung durchgeführt werden.

[O-Ton und Übersetzung] Die Institution der Gebietsverwaltungen, deren Führung vom Präsidenten in Kiew ernannt wird, soll abgeschafft werden. Alle Vollmachten zur Verwaltung in den Regionen sollen an kommunale Verwaltung übergeben werden. Der Gebietsrat soll sein eigenes Exekutivkomitee wählen. Alle finanziellen, wirtschaftlichen und anderen Verwaltungsbefugnisse sollen einem Exekutivkomitee übertragen werden. Es ermöglicht, diese Regionen auszubauen, Investitionen zu beschaffen, und dass jedes Gebiet zusätzliches Einkommen durch veränderte Budgetgesetz bekommt.

Der Premierminister Jazenjuk hat alle bei der Versammlung anwesenden Vertreter der Partei der Regionen und anderer politischer Kräfte aufgerufen, an der Ausarbeitung von Verfassungsänderungen teilzunehmen. Unterdessen schlug der Bürgermeister der Stadt Donezk, Oleksandr Lukianchenko vor, ein ukrainisches Referendum oder eine Umfrage über eine neue Verfassung am 25. Mai gleichzeitig mit den Präsidentenwahlen durchzuführen. Die Volksbefragung solle für die Einwohner der Südostregionen wichtigsten Fragen widerspiegeln, und zwar Dezentralisierung und die russische Sprache, sagte Lukianchenko während der Sitzung in Donezk, geleitet vom Regierungschef Arsenij Jazenjuk. Nach seinen Worten solle man diesen Schritt machen, um die Ukraine einheitlich zu bewahren. Auch der reichste Mensch der Ukraine, der Multimilliardär Rinat Achmetov, nennt die Situation im Donezk-Gebiet schwierig und ruft zu einer friedlichen Regelung des Konfliktes auf. Nach der Erstürmung mehrerer öffentlicher Gebäude in östlichen Großstädten Donezk und Luhansk durch prorussische Kräfte lässt die Spannung im Osten des Landes noch nicht nach.

____________

2. Warum blieb die Erstürmung aus?

[Update/Korrektur, neue Überschrift, 13.04.]

2. Warum wurden die besetzten Regierungsgebäude nicht von Regierungstruppen gestürmt?

Man könne dem ukrainischen Innenminister ja nur zu seiner Zuversicht gratulieren, so Presenterin Razia Iqbal in einer Ausgabe der "Newshour" des BBC World Service am Mittwoch ("US ambassador to Ukraine", noch ca. drei Tage als Download vefügbar). Binnen achtundvierzig Stunden werde die Krise in der Ostukraine gelöst sein - entweder durch Verhandlungen oder gewaltsam (by force), zitiert sie den ukrainischen Innenminister Arsen Avakov.

Am Samstag liest es sich anders - vergleiche Radio Ukraine International mit seiner "Deeskalationsmeldung" (Teil 1., ganz oben).

Die Sondereinheiten sollen es abgelehnt haben, die Regierungsgebäude zu stürmen. Warum, fragt das chinesische Inlandsradio und zitiert den Moskau-Korrespondenten des Auslandsdienstes China Radio International, Cao Shengji, mit der Erklärung. Bei einem Treffen, an dem der erste stellv. Premierminister Vitaly Yarema (sofern ich die chinesische Umschrift richtig deute) sowie ein Teilnehmer, mit dem der chinesischen Umschrift nach wohl Sicherheitssekretär Andriy Klyuyev gemeint sein könnte, teilnahmen, habe ein Offizier der Spezialtruppen erklärt, man müsse entsprechend der Gesetze vorgehen und könne die Protestierenden daher nicht angreifen. „Wir wurden [als Truppen] mit dem Ziel aufgestellt, terroristische Elemente zu bekämpfen und Geiseln zu befreien", zitiert Cao den Offizier.

Darauf habe der stellvertretende Premierminister dem Offizier zornig die Schulterklappen abgerissen und strenge Strafen angekündigt.

____________

3. Radio Havana Cuba, 11.04.14

Das Leben in Donezk bleibe normal, zitiert Radio Habana Cuba einen Tag zuvor, am Freitag, einen Xinhua-Bericht. Und: weniger als 20 Prozent der Donezker Öffentlichkeit unterstütze laut einer Umfrage des Donetsk College of Social Survey and Political Analysis die Besetzung der Regierungsgebäude.

Der zugrundeliegende englischsprachige Bericht der Xinhua-Nachrichtenagentur hier.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

JR's China Blog

Ich bin ein Transatlantiker (NAFO)

JR's China Blog

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden