Von J. Taylor
Mit einem Niedriglohnland direkt vor der Haustür versuchten die USA zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts den wirtschaftlich aufstrebenden Nationen in Asien etwas entgegenzustellen, ein Plan, der nur teilweise ein Erfolg wurde und mittlerweile auch von europäischen Konzernen intensiv für ihre Zwecke genutzt wird. Die Freihandelszone NAFTA entstand nach mehrjähriger Verhandlung zum 01.01.1994, begleitet von erhebliche Protesten, an denen neben Umweltschutzverbänden und Gewerkschaften auch große Teile der demokratischen Partei in den USA beteiligt waren.
Die nordamerikanische Freihandelszone umfasste bereits vor 1990 die USA und Kanada, damals benannt als Canada-USA-Free Trade Agreement, kurz FTA. Im Jahre 1990 legte der damalige US-Präsident Bush Senior ein spezielles Hilfsprogramm für Mittel- und Südamerika auf, dessen Endziel ein Freihandelsabkommen über den gesamten Kontinent Amerika sein sollte. Mexiko war nach diesen amerikanischen Planungen der erste Erfolg dieses Programms. Als nächstes Land war ursprünglich Chile vorgesehen, ein Plan, der bis heute an Widerständen auf allen Seiten scheiterte.
Die Freihandelszone NAFTA besitzt aus der Sicht Mexikos insbesondere inakzeptable Regelungen zur eingeschränkten Niederlassungsfreiheit und verweigerten Mobilität von Personen, ein Punkt, der immer wieder von Mexiko massiv eingefordert, aber von den USA strikt angelehnt wurde und abgelehnt wird. Was dagegen ungehindert zwischen den NAFTA-Staaten fließt ist das Kapital.
Die Konfliktlösungen in Freihandelsverträgen
Alle Freihandelsverträge besitzen Regelungen, in denen Verfahren definiert sind, mit denen Streitigkeiten zwischen den Parteien gelöst werden sollen. Solche Mechanismen können einfache Konsultationen sein, etwaige Güteverhandlungen nach sich ziehen oder als Schiedsgerichte enden, alles in der Summe detaillierte Regelungen, die als außergerichtliche Verfahren beschrieben sind.
Im Freihandelsabkommen NAFTA, bestehend aus 22 Kapiteln, sind diese Verfahren in mehreren Kapiteln aufgeführt. Zu den geregelten Verfahren mit dem höchsten Konfliktpotenzial gehören:
- Lösungen für Streitfragen zu illegalen Subventionen und Dumping
- Lösungen für Streitfragen zu ausländischen Investitionen
Weitere definierte Lösungsverfahren betreffen die Vorgehensweise, wie mit neuen und bisher ungeregelten Inhalten umzugehen ist, oder verschiedene Normierungen in den Mitgliedsstaaten angeglichen werden oder sie beschreiben andere Vorfahren, wie sie in allen Handelsverträgen weltweit zu finden sind.
Schaut man sich die Verfahren für Subventions- und Dumpingverfahren und den Schutz für ausländische Investoren näher an, wird erkennbar, dass gerade hier ein besonderes Interesse zu sehen ist, ganz bestimmte Unternehmen und Privatinvestoren mit Vorteilen auszustatten, die bis zur Konstituierung eines eigenen Rechtssystems gehen.
Subventions- und Dumpingverfahren
Entscheidend ist hier, was als verbotene Subvention oder Dumping definiert wird. Schaut man sich Europa und die USA an, gibt es einen riesigen Wust an staatlichen Regelungen, mit denen die Länder sich jeweils im Handel mit Dritten einen Vorteil verschaffen, wobei Gut und Böse in diesem Segment nicht durch den Atlantik getrennt sind.
Wer einmal in einem afrikanischen Supermarkt europäische Hähnchenschenkel in der Tiefkühltruhe gesehen hat, die dort zu einem Tiefpreis angeboten werden, den die dort heimischen Bauern nicht einmal im Traum erzielen können, was übrigens dort zur Vernichtung der kleinbäuerlichen Struktur führt, der erliegt schon der Versuchung, sich eine strenge Regelung zu wünschen, die diesen Subventionsirrsinn beendet. Leider ist diese verständliche Hoffnung in den Freihandelsabkommen nur ein leeres Versprechen. Freihandelsabkommen schaffen den Subventionsirrsinn nicht ab.
Ergänzen sollte man hier jedoch, dass es verschiedene Arten von Subventionen gibt, einige sind sogar zeitlich begrenzt durchaus geeignet technische Entwicklungen oder politische Veränderungen zu beschleunigen. In Europa und den USA betrifft das beispielsweise die Luftfahrtindustrie, jede Form von Hochtechnologie, die Landwirtschaft in hohem Maße und gerade in Europa vor allem die erneuerbaren Energien. Subventionen können also auch sinnvoll eingesetzt werden, wenn sie als Marktsteuerungsmechanismen genutzt werden.
Wollte man nun tatsächlich einen gemeinsamen Markt aus den USA und der EU schaffen, müssten all diese Subventionen entweder angeglichen oder gestrichen werden, denn in der jetzigen Form ist der juristische Streit quasi vorprogrammiert.
Was als Marktsteuerung und was als schädliche Subvention zu deuten ist, beschäftigt schon heute die Gerichte, der jahrelange Streit zwischen Boeing und Airbus ist nur ein Fall aus dieser Kategorie.
Darüber hinaus wirken die jeweiligen Subventionen bei einem Zusammenschluss der USA und der EU gegenseitig verstärkend, ein Umstand, der das bestehende Ungleichgewicht beim Handel mit Drittstaaten weiter vertieft.
Das Wort „Dumping“ führt dagegen direkt in den unlauteren Wettbewerb, wobei hierzu in den Freihandelsverträgen meist Antidumping- und Ausgleichszollgesetze verankert werden. Nur was ist eigentlich Dumping genau? Ist Dumping nur dann gegeben, wenn jemand ein Produkt oder eine Dienstleistung unter den eigenen Entstehungskosten veräußert, oder liegt auch dann Dumping vor, wenn die großen amerikanischen Agrarbetriebe von den amerikanischen Saatgutherstellern mit Vorzugspreisen beliefert werden und den Weltmarkt mit riesigen Mengen genmanipulierten Produkten zu extrem kleinen Preisen überschwemmen können?
Vielleicht ist es sogar Dumping und nicht Subventionsirrsinn, wenn europäische Bauern steuerlich begünstigt werden, für Investitionen niedrige Kreditzinsen zahlen müssen und darüber hinaus noch Bargeldzahlungen aus Brüssel bekommen, um mit ihren Produkten gegen Entwicklungsländer im Weltmarkt bestehen zu können? Subventionsirrsinn kann direkt zu Dumping führen, in einem Freihandelsvertrag mit Regeln, beispielsweise TTIP, am Ende zu einem Schiedsgerichtsverfahren.
Jede Begünstigung bestimmter Unternehmen, die den Markt und die Preise verfälschen, können also ganz generell als Dumping bezeichnet werden. Nur wo ist die Grenze? Bei einem möglichen Freihandelsvertrag zwischen den USA und der EU lohnt sich der Blick in den großen Katalog der direkten und indirekten Hilfen auf jeden Fall, zumindest für Anwaltskanzleien, die damit in den nächsten Jahren das große Geld machen wollen. Eine Klagewelle scheint nahezu unausweichlich, sollte TTIP tatsächlich kommen und eng gefasste Definitionen umfassen.
Im Freihandelsabkommen NAFTA sind aus diesem Grund einige Regelungen aufgenommen worden, die den jeweiligen nationalen Verfahren mit einer langen Übergangsfrist eine Art vorläufigen Bestandsschutz garantierten. All diese Fristen sind inzwischen ausgelaufen, eine neue Regelung konnte jedoch noch nicht erzielt werden. Das Freihandelsabkommen NAFTA hat diese Fragestellung somit nicht nur ausgeklammert, sondern völlig schleifen lassen, ein Umstand, den sich Unternehmen wie Monsanto zu ihren Nutzen nur wünschen können.
Bliebe bei einer Nichteinigung in diesen Punkten alles wie es ist, überschwemmen die USA und die EU trotz und wegen TTIP die Welt gemeinsam und konzentriert mit subventionierten Produkten, schützen sich selbst aber mit Ausgleichszöllen auf Importwaren, sie handeln also exakt so, wie sie es heute schon tun, nur potenziert als riesiger Wirtschaftsraum, an dessen Grenzen in Zukunft nahezu alle kleineren Staaten mit ihren Wirtschaftsinteressen zerschellen werden.
Wenn Politiker und Lobbyisten von den Vorteilen von Freihandelsabkommen schwärmen, meinen sie genau das.
Schiedskommissionen und Schiedsgerichte
Kommt es in Freihandelsabkommen zu Streitigkeiten zwischen den Parteien, greifen vorher vereinbarte Verfahren für eine außergerichtliche Einigung. Bei Subventions- und Dumpingverfahren läuft es auf ein Vergeltungsrecht hinaus, bei Verfahren zum Schutz von Eigentumserwerb und Investoren endet es unter Umständen in Schadensersatzzahlungen zzgl. Zinsen und sogar in einer Kompensation entgangener zukünftiger Gewinne.
Schiedskommissionen in Subventions- und Dumpingverfahren
Käme es innerhalb eines Freihandelsabkommens zu möglichen Streitigkeiten und nachfolgend zu einem Subventions- und Dumpingverfahren, werden sogenannte Schiedskommissionen eingesetzt. Ein solches Verfahren läuft wie folgt ab:
- Schritt 1:
Die Streitfrage landet bei der Freihandelskommission, die im Beispiel NAFTA ihren Sitz in Washington D.C. hat. In dieser Kommission sitzen Vertreter der Vertragsparteien, sie bilden juristisch betrachtet so etwas wie einen Ministerrat einer Überregierung. - Schritt 2:
Es finden gemeinsame Konsultationen statt, in denen die Parteien einen Lösungsweg in der jeweiligen Streitfrage finden sollen. - Schritt 3:
Ist eine Beilegung der Streitfrage nicht möglich, wird eine Schiedskommission eingesetzt.
Käme es im Freihandelsabkommen NAFTA beispielsweise zu einem Streit zwischen den USA (Kläger) und Mexiko (Beklagter), könnte sich Kanada als Nebenkläger den USA anschließen oder als Beobachter dem Verfahren beisitzen. In diesem gewählten Beispiel soll Kanada nur Beisitzer im Verfahren sein.
Bei zwei Streitparteien (wie im Beispiel) sind 5 Schiedsrichter vorgesehen, die aus einer Liste der Kommission ausgewählt werden. Der Vorsitz wird entweder durch Mehrheitsentscheidung oder durch ein Losverfahren ausgewählt. Die Streitparteien müssen im Gremium jeweils einen Vertreter der Gegenpartei bestimmen.
90 Tage nach der Besetzung des Schiedsgerichtes wird ein erster Zwischenbericht erstellt, 30 weitere Tage später wird der Abschlussbericht erstellt.
Gibt der Abschlussbericht der beklagten Partei (in diesem Fall Mexiko) recht, steht der klagenden Partei (in diesem Beispiel den USA) kein weiteres Rechtsmittel zur Verfügung.
Gibt der Abschlussbericht der klagenden Partei (in diesem Fall den USA) recht, folgen weitere Konsultationen unter Anerkennung des Abschlussberichts der Kommission.
Haben in diesem Fall die Parteien innerhalb von weiteren 30 Tagen noch immer keine Lösung erzielen können, kann der erfolgreiche Kläger (hier die USA) die Vergünstigungen durch NAFTA ganz oder partiell aussetzen und so den Beklagten (hier Mexiko) zu Verhandlungen zwingen, so lange, bis der Konflikt gelöst ist.
Die Vollstreckung einer Entscheidung der Schiedskommission ist in Bezug auf Subventions- und Dumpingverfahren allein auf die Vergeltungsmöglichkeit beschränkt.
Bei den gegebenen Größenunterschieden der Wirtschaftskraft zwischen Mexiko und den USA ist die Vergeltungsmöglichkeit im Freihandelsvertrag NAFTA sehr ungleich verteilt, das im Vertrag gefasste Vergeltungsrecht trifft hier den kleineren Partner immer überproportional.
Überträgt man dieses Verfahren auf einen möglichen Vertrag zwischen den USA und der EU, sieht das schon anders aus. Im Zweifel werden dann bei einem Streit ebenfalls einzelne Teile oder sogar der gesamte Vertrag ausgesetzt, ein Szenario, das weniger erschreckend ist, da bereits vorher stabile Wirtschaftsgebilde existierten. Die Gefahr, dass Subventions- und Dumpingverfahren eskalieren, ist daher gering, im Zweifel behält jedes Land seine vorher geltenden Regelungen bei.
Schiedsgerichte, eine reale Gefahr für das Gemeinwesen
Die wirkliche Gefahr entsteht bei einem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU im Bereich des Schutzes von Investitionen und Investoren. Hier wird in einem außergerichtlichen Verfahren von einem undemokratisch konstituierten Schiedsgericht ein bindendes Urteil über einen Staat gesprochen, ein Recht, das nicht einmal der Internationale Gerichtshof in Den Haag in dieser Form hat, obwohl diese Möglichkeit an dieser Stelle manchmal sogar wünschenswert wäre.
Das Freihandelsabkommen NAFTA wie auch vergleichbare Verträge regeln darin, dass jede Form von Eigentumserwerb „fair“ und „angemessen“ zu behandeln ist. Die Staaten übernehmen in solchen Freihandelsverträgen sogar die volle Garantie für den Schutz und die Sicherheit der ausländischen Investitionen und ausländischen Investoren.
Diese Regelung geht weit über alles hinaus, was in Streitfällen für den weltweiten Handel üblich ist. Der Eigentumserwerb und der Schutz des ausländischen Kapitals erhält eine größere Relevanz als die durch den nationalen Gesetzgeber erlassenen Gesetze, die das Eigentum und den Eigentumserwerb in der Regel nur dann schützen, wenn keine anderen Schutzgesetze verletzt werden, beispielsweise die körperliche Unversehrtheit eine Abwägung erforderlich macht.
Im Freihandelsabkommen NAFTA sind die Regelungen zum Schutz ausländischer Investoren im Kapitel 11 aufgelistet, alle Regelungen betreffen grundsätzlich produzierende Unternehmen. Schaut man auf die einzelnen Schutzklauseln, ergibt sich ein enormes Missbrauchspotenzial.
Während die Regelung, dass ausländische Investoren in den NAFTA-Staaten wie inländische Investoren behandelt werden müssen, wenig Potenzial für Missbrauch bietet, es sei denn, es herrscht Vetternwirtschaft, schafft die Meistbegünstigtenklausel bereits etwaige Probleme.
Gegen eine Verpflichtung die Investoren aus NAFTA-Staaten mindestens mit den gleichen Vorteilen auszustatten wie Investoren aus Nicht-NAFTA-Staaten, ist nichts einzuwenden, es sei denn, vorher bestanden bereits vertragliche Klauseln mit anderen Staaten, die Sonderkonditionen beinhalten.
Die USA müssten also im Falle eines Zustandekommens eines Freihandelsabkommen mit der EU demnach mindestens so behandelt werden wie all die Staaten, denen die EU in einem Assoziierungsabkommen oder einem anderen Freihandelsabkommen diverse Sonderrechte eingeräumt hat.
Richtig heftig und kontrovers werden die Regelungen in Kapitel 11, die sich mit
- dem Schutz vor Enteignungen,
- dem Verbot regionaler Bevorzugung sowie
- der Beschränkung der Macht von Monopolen und öffentlichen Unternehmen
beschäftigt.
Insbesondere die Beschränkung der Macht von öffentlichen Unternehmen dürfte in einem Vertrag zwischen der EU und den USA ein harter Brocken werden, an dem amerikanische Unternehmen sich unter Umständen eine goldenen Nase verdienen dürften, erst recht, wenn sie die Leistungen gar nicht erbringen müssten, sondern nur auf Entschädigung durch die Benachteiligung klagen.
Schiedsgerichtssprüche unter Geheimhaltung
Die ultimative Waffe mit der ausländische Investoren demokratisch gewählte Regierungen nieder ringen und zu Schadensersatzzahlungen zwingen können, ist die Schiedsklage, die spätestens 6 Monate nach der erkannten Vertragsverletzung der jeweiligen Regierung von einem ausländischen Investor zugestellt werden muss. Die generelle Verjährungsfrist für Schiedsklagen beträgt 3 Jahre.
Wie bei Subventions- und Dumpingverfahren (siehe oben) finden zunächst Konsultationen statt. Bleiben die ohne Erfolg und verzichtet der klagende Investor auf den möglichen nationalen Rechtsweg im beklagten Staat und gegen die beklagte Regierung, wird ein Schiedsgerichtsverfahren eröffnet.
Das Schiedsgericht, keine Schiedskommission wie bei Subventions- und Dumpingverfahren, besteht aus drei Schiedsrichtern. Jede Partei benennt einen Schiedsrichter, der Vorsitzende darf keinem Staat der Konfliktparteien angehören. Die Schiedsrichter und der Vorsitzende werden aus einer Liste mit 45 Personen ausgewählt und müssen als Qualifikation Erfahrungen im Bereich von internationalen Investitionen vorweisen.
Der Schiedsgerichtsspruch am Ende dieses Verfahrens kann einen souveränen Staat und seine Regierung beispielsweise zur Herausgabe des enteigneten Eigentums oder zur Schadensersatzzahlung zzgl. Zinsen zwingen.
Ein solcher Schiedsgerichtsspruch kann auf Wunsch der Streitparteien von jeder Veröffentlichung ausgeschlossen werden. Die Bevölkerung bleibt dann völlig ahnungslos.
Grundsätzlich besteht keine Aussicht auf Erfolg einen Schiedsspruch in einem materiellen Verfahren anzufechten, wobei es Ausnahmeregelungen gibt, nämlich dann, wenn ein anderes Schiedsgericht den Schiedsgerichtsspruch aufhebt. Ebenso ist es möglich einen Schiedsgerichtsspruch nach dem Verfahrensrecht vor einem nationalen Gericht anzufechten.
Die Vollstreckung eines Schiedsgerichtsspruchs gegen einen Staat und seine Regierung wird dagegen anstandslos von den nationalen Gerichten eingefordert, sprich, da klingelt umgangssprachlich ausgedrückt der Gerichtsvollzieher bei der jeweiligen Regierung.
Ein aktuelles Beispiel
Wie das Verfahren des Tabakkonzerns Philip Morris gegen die Regierung Australiens deutlich zeigt, können sich Investoren durch eine geschickte Unternehmensorganisation sogar den günstigsten Freihandelsvertrag für eine Schiedsklage aussuchen. Philip Morris übertrug für die Klage gegen Australien, das eine strikte Regelung für die Gestaltung von Zigarettenpackungen durch das gewählte Parlament gebracht hatte, beispielsweise alle Rechte des australischen Tochterunternehmens auf einen Firmenmantel in Hongkong, nur um bestimmte Regelungen in einem sehr speziellen Vertrag zwischen Australien und Hongkong aus dem Jahre 1993 nutzen zu können.
Beide Parteien stellen die Vorgeschichte und das nun folgende Schiedsgerichtsverfahren auf den jeweiligen Homepages dar. Die australische Regierung (www.ag.gov.au) unter dem Suchbegriff „tobaccoplainpackaging“ und Philipp Morris (www.pmi.com) unter dem Suchbegriff „australia plain packaging lawsuit“. Einmal abzüglich der erwartbaren Eigendarstellung der Parteien eröffnet sich hier das erste Mal eine direkte öffentliche Teilhabe an einem Verfahren, das bislang meist abgeschottet von der Öffentlichkeit stattgefunden hat.
Die Aussicht
Die Schiedsgerichte für private Investoren gehören zu den in der Wirkung sehr effektiven Regelungen in Freihandelsverträgen. Es sind die einzigen Verfahren, in denen selbst Privatleute ganze Staaten und ihre Regierungen in die Knie zwingen können, wenn ihnen die bestehenden Regelungen nicht mehr gefallen, weil sie für ihr Geschäftsmodell eine Einschränkung darstellen.
Was auf der einen Seite private Investitionen ins Land holt, eine manchmal ja sogar gewünschte Wirkung eines Freihandelsvertrages, kann auf der anderen Seite in die finanzielle Sklaverei führen.
Gegen Schiedskommissionen an sich ist ja nichts zu sagen, denn solche Verfahren sind in Handelsfragen schon lange üblich und entlasten die Gerichte. Nur hier ist das anders, denn Schiedsgerichte für Investoren befinden sich außerhalb des demokratischen Rechtsstaates, sie bilden eine Art von Über-Gericht, das sogar nationale Gerichte zum Inkasso gegen eine Regierung und ihre Verfassungsorgane einsetzen kann. Der etwaige Vorwurf der Kritiker, hier könnte eine Verfassung, seine Verfassungsorgane und die nationale Gesetzgebung ausgehebelt werden, ist nicht übertrieben. Die Gefahr des Missbrauchs solcher Regelungen ist deutlich erkennbar. Möglichkeiten zu ihrer Nutzung werden von großen Anwaltskanzleien bereits als Geschäftsmodell aktiv vermarktet.
Ebenso hat es die Liste der 45 möglichen Schiedsrichter in sich, denn diese Auswahl ist höchst manipulativ zu beeinflussen. Bei einer gegebenen Marktmacht der multinationalen Konzerne und den mit ihnen verbundenen Banken und Anwaltskanzleien kann nicht ausgeschlossen werden, dass alle Schiedsrichter sich mehr oder weniger in einem Interessenkonflikt befinden, vielleicht sogar bereits vorher als Interessenvertreter für den klagenden Investor tätig waren. Eine Kontrolle und eine mögliche Qualitätssicherung ist nicht einmal in der Theorie vorgesehen.
Schiedsgerichte in dieser Form, insbesondere dann, wenn sie als Einkommensquelle genutzt werden können, ohne das dahinter volkswirtschaftlich relevante Anstrengungen stehen, sind eine große Gefahr. Betrachtet man die massive Werbung, die große Anwaltskanzleien betreiben, um an Klienten für solche Schiedsgerichtsverfahren zu kommen, kann sich so etwas schnell in Richtung dysfunktionale Märkte entwickeln; von den daraus resultierenden sozialen Schäden gar nicht zu reden.
Die Intransparenz von Verhandlungen über Freihandelsabkommen wie zum Beispiel TTIP werden oft beklagt. Wer im Geheimen berate, habe etwas zu verbergen, so der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow in einem Blog Ende März.
Dessen ungeachtet gibt es auch bei für die Öffentlichkeit nahezu hermetisch abgeriegelten formellen und informellen Verhandlungsräumen Hinweise darauf, welchen Interessen und Schablonen die Autoren dieser nicht ganz neuen Ökonomie wohl folgen könnten.
J. Taylor sieht sich dazu das existierende nordamerikanische Handelsabkommen NAFTA genauer an.
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Kommentare 53
Aber Tai De! Wie unpolitisch! Wo du kommentierst, kommentiert doch hinterher erst recht niemand mehr!
:))
Parbleu! Für den Kommentar kommst du auf die Hallig. Ich würde ihn ja selbst als bedenklich melden, bevor die eine oder andere Foristin hier vorbeiliest. Wir sind hier doch nicht im Tabakkollegium.
Naalsosowas.
Hallo JT,
Dank für den informativen Beitrag bzgl. Konfliktloesungen. Insgesamt sehe ich diese Abkommen vor allem unter dem primären Gesichtspunkt, die Kapitalverwertung der nationalen Grosskapitale unter Sicherung von komparativen Vorteilen abzusichern. Vielleicht müsste im Falle NAFTA (Mexiko - USA und Kanada - USA) genau untersucht werden:
Inwieweit profitieren US-Fimen von billiger Arbeitskraft in Mexiko?
Inwieweit profitieren die US von Rohstofflieferungen aus Kanada/Mexiko in die USA?
Inwieweit können Umweltstandards in den US durch Produktion im Ausland und dadurch billigere Kosten umgangen werden?
Welche Vorteile hatte Niedriglohn-Mexiko durch Anziehung von US-/Kanada-Investitionen? (inkl. Kriminalität, Drogenhandel)
Wurden Arbeitsplätze geschaffen? Mit höherem Lohnniveau und Sicherheitsstandards als im übrigen Mexiko?
Doch welche Abhängigkeit Mexikos entsteht vom US-Kapital, wenn Letzteres jederzeit drohen kann, sich zurückzuziehen?
Wird eine auf regionale ausgleichende Entwicklung nicht verfehlt, wenn Investitionsentscheidungen unter reinen Profitgesichtspunkten gefällt werden?
Fall EU - US: Werden bestehende Ungleichgewichte nicht zementiert und vertieft, wenn bestehende Marktmachtverhältnisse unterstützt werden? USA mit Zementierung von Vorherrschaft in Bereichen wie traditionelle Energiegewinnung, IT, und Militärtechnologie während europäische Kapitale (besonders deutsche) mehr Gebrauchsgüter, dann aber in den USA produzieren mit deren niedrigeren sozialen/Umwelt-Standards und Arbeitsplätze schaffend?
Werden dabei nicht un-soziale, umweltschädliche und auf regionalen Ungleichgewichten beruhende aktuelle Situationen schamlos perpetuiert zugunsten des Grosskapitals und zuungunsten der Masse der Bürger/Verbraucher?
Vor allem in Europa herrscht bisher, zumindest in Ansätzen noch bestehend, ein kulturell unterschiedlicher Wirtschaftsansatz (nicht vonseiten des Kapitals aber vonseiten der Bürger), der bei Freihandelsabkommen unter die Räder kommen würde. Motto: Freie Fahrt dem globalen Kapital! Was geht uns der Bürger an. Hauptsache er funktioniert als variables Kapital (labour) und als dankbarer Konsument. Ausserdem: Der Staat, bzw. die europäischen Staaten sollen sich in private Investitionsentscheidungen gefälligst nicht einmischen und nicht auf den Gedanken kommen, dass neben Kapitalverwertung auch Sozialpolitik, Umweltpolitik und Ausgleich von regionalen Ungleichgewichten eine übergeordnete Rolle spielen.
Welche Möglichkeiten bleiben für die Entwicklung einer Solidar-Wirtschaft im Schatten eines brutalen globalen Kapitalismus, der Staaten schliesslich politisch manipulieren kann? Siehe die häufigen Besuche der Vertreter des Grosskapitals in Merkels Kanzler-Wohnstube. Selbst schlichte Bürgermeister und Stadträte sind heute schon zu Bettelknaben des lokalen Kapitals verkommen.
Bevor Freihandelsabkommen diskutiert werden, sollte erst einmal das Primat der Politik über die Wirtschaft zurückgewonnen werden durch die Gewinnung von Bürgermacht.
LG, CE
Es soll da Schnittmengen geben, JT - ähnlich wie zwischen Herren und Männern. Das kam wohl irgendwo im Konfirmandenunterricht vor.
Mann pisst vor den Eingang der Deutschen Bank - in jeder beliebigen Provinzstadt oder auch in Frankfurt.
Revolutionäre sollten viel öfter müssen müssen.
Sie fallen auch auf jede Fälschung herein, JT. Dieser Song wurde in der Tang-Dynasty erfunden und später von den Jesuiten nach Europa verschleppt.
https://www.youtube.com/embed/k8BjeBvzw9w
In meiner Erinnerung. Mir entgeht so leicht kein Plagiat, JT. Die aufgenommene Aufführung müsste etwa in der ersten Hälfte der 1990er stattgefunden haben.
Die Rockversion ist auch nicht schlecht, zumindest textsicher.
Kunststück, mit so vielen Karaoke-Promptern. Allerdings sind die Tang-Chaos wohl nicht mehr für Auftritte zu haben. Da müssen wir dann wohl selber ran.
Auf Einzelschicksale nimmt die Unterhaltung keine Rücksicht. Im übrigen gibt es so viel Musik, die nur unter Drogen hingenommen werden kann, dass wir uns da wohl nicht verstecken müssen.
Auf Einzelschicksale nimmt die Unterhaltung keine Rücksicht. Im übrigen gibt es so viel Musik, die nur unter Drogen hingenommen werden kann, dass wir uns da wohl nicht verstecken müssen.
Wenn Sie schon mal anfangen wollen zu üben:
https://www.youtube.com/embed/om8MuokqmRQ
Ungefähr so?
Leider nie begegnet. Gibt es davon auch Platten?
Idog! Ich weiß doch, wer hier der Experte für gute Schreibe ist! Wir müssen uns also nicht streiten.
Na sehn Sie! Alles seidig. Nix passiert.
Nee, ich glaube, er mag den "Spiegel" wirklich nicht, JT.
(Ganz unter uns: ich glaube, idog geht es hier nicht vorrangig ums TTIP. Der ist nur hier, weil er uns so gern hat.)
Ich weiß nicht, der Schreibstil von IDOG kommt mir so bekannt vor.
Es handelt sich um den Style der Stars. Der ist allerdings nicht ganz unverwechselbar. Man kann sich also in der Tat auch täuschen.
http://www.joy.de/imgs-267x400_7d_d7_a5_8f_c596b2d321cda8a0c1aceff445e6cce2/coachella-festival-2012.jpg
Niemand in Europa hat sich je dafür interessiert, etwas, was man den Kritikern vorwerfen kann. Bei TTIP wird eine Welle gemacht, weil das erste Mal Europa in der schwachen Position ist, während vorher immer nur die anderen die Verlierer waren. An dieser Stelle ist der Protest gegen TTIP bigott, denn Europa und auch Deutschland hatten bisher keine Skrupel solche Regelungen anderen Ländern aufzudrücken. So berechtigt der Protest gegen TTIP auch sein mag, dies sollten alle wissen, die nun mit dem Finger auf die USA zeigen. Wie üblich, zeigen dann, wenn man mit dem Finger auf andere zeigt, drei auf einen selbst.
Absolut d'accord!
Bin gespannt auf die Beiträge. Nimm Dir aber auch ein wenig Zeit für den Sommer!
LG, CE
Na, dann viel Kraft für Deine Engagements. Ich weiss das zu schätzen.
Grüsse aus Panamá, CE
Über kurz oder lang laufen Diskussionen mit Idog auf Schönheitswettbewerbe hinaus, JT. Nach dem Motto: hier sind meine feats. Welche Künste verstehst du? Darauf würde ich mich allenfalls zum Vergnügen einlassen - wenn es welches macht.
Kooperation geht mit Alphatierchen nicht. Auch seine EU-Abgeordnete hat er ja ganz alleine auf den TTIP-Kurs festgelegt (nee, hat er nicht behauptet - aber das Personalpronomen ist gut gewählt ;-)).
Wer Sie in Wahrheit sind, falls Sie es selbst nicht wissen, erfahren Sie hier.
;-)
Aber jetzt. Danke!
Tja, die grobe keltische Art ist eben nicht die feine englische.
https://www.youtube.com/embed/W46Hu4-I-0A
Tun wir am besten so, als hätten wir es nicht bemerkt.
Selbst als Ungläubiger würde ich mich im Zweifel auf die stärkere Seite stellen, und das sind ja wohl die himmlischen Heerscharen.
Ja, aber erst im nächsten Leben. Vor dem erwarten Sie ja auch keine Vergebung für Ihre Verteidigung des Teufels, oder?
Na, Taide,
da hat Idog es dir aber mächtig gegeben, was?
Ein Zyklus besteht aber aus mehreren Existenzen nacheinander, oder?
Suspensorium. Dieser Thread bereichert meinen Wortschatz.
"Gäbe es schon eine Klage vor einem Schiedsgericht gegen Deutschland und Frankreich, und würde man das öffentlich austragen wie es Australien macht, kippt die Stimmung eklatant."
Möglicherweise könnte da die Klage von Vattenfall (Schwedischer Staat), gegen Deutschland als Beispiel dienen. Die Klagen auf Gewinnausfall wegen des Atomausstiegs........
"Es ist im besten Fall ein Nullsummenspiel, weil man den möglichen Kriegsgewinnen die Ausgaben für den Krieg gegenrechnen muss. Das dadurch erzeugte Wachstum ist ein Scheinwachstum, weil man die Berechnungsgrundlage manipuliert. Selbst ein Rückschritt erscheint dann wie ein Erfolg."
Ist es denn nicht aber so, dass die Kriegskosten wiederum von der Allgemeinheit getragen werden müssen, im Extremfall sogar durch "Blutzoll", aber der Kriegsgewinn wiederum nur in Taschen einiger Weniger fliesst?
Das mit dem Scheinwachstum ist einleuchtend, denn durch die Bevölkerungsdezimierung ergibt sich am Ende ein höherer Einzelanteil am Gesamtvermögen. Das meinten Sie hier doch mit "manipulierter Berechnungsgrundlage", oder?
"Der "Blutzoll" ist immer ein Verlust an Resourcen und Know-how, insbesondere wenn er ziellos erfolgt."
Nun, ich war da von tatsächlichem Blut ausgegangen. Also von Menschenleben. Wenn man die ganz allgemein mit unter Ressourcen fasst, stimmt es wohl, klingt für mich aber zu buchhalterisch.....
Die Tatsache, dass es Krieggewinnler gibt, heißt ja nicht in der Umkehrung, dass der gesamte Vorgang ein Gewinn ist.
Genau das meinte ich damit. Auch wenn hinterher weniger zu verteilen ist als vorher, bleibt im Dutchschnitt für den einzelnen mehr übrig. Ein gefühlter Zuwachs bei tatsächlcher Abnahme von Werten.
"Das macht aber keiner, sähe auch so schlimm aus, dass Kriege aus wirtschaftlichen Gründen abgeschafft würden."
Wenn man damit noch ein weiteres Argument dagegen an die Hand bekommt, um so besser :o)
"Dabei, um es mal auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen, ist der Absurdität des (Selbst)Betrugs keine Grenzen gesetzt, wenn jedermann die selben Servicekosten zB für sein Bankkonte bezahlt wie in vordigitaler Zeit, die eigentliche Serviceleistung aber am heimischen Rechner selber erbringt."
Ja, das bodenloseste in dem Bereich habe ich bei der Sparkasse in Bremen erlebt, wo ich für meine selbst am Bank-Überweisungsautomaten in der Filliale eingegebenen Geldtransfer noch 0.25 EUR Gebühren zahlen durfte.........
Den weiteren Ausführungen stimme ich so ebenfalls zu, fürchte aber, dass erst noch eine viel grösseres Chaos angerichtet werden wird, bevor der Ruf nach einem Könich, aus welcher Ecke dann auch immer lanciert, laut wird.
"Spass beiseite : Ich denke die Köniche werden längst von der versammelten Kurie des heiligen Kapitalismus eingesetzt."
So spassig war das überhaupt nicht gemeint. Und ich meine ja nicht solche Kasperlkönige, wie derzeit, sondern wirkliche politische Machtkonzentration in einer Person, die dann permanent um ihr Leben bangt und wieder bei den Geldverleihern zu Kreuze kriechen muss, um den Staatshaushalt gedeckt zu bekommen.
Also dann doch schon irgendwie wieder "Kasperl", aber halt anders.......
"Fall sie diese "Führer" mit den "Könichen" meinten, haben sie sicher recht."
Letztlich schon :o)
Obwohl ich ja weiter oben schrieb, das ich vor solch einem Aufruf ein Chaos erwarte, welches, wie der Name impliziert, nicht steuerbar ist. Was dann wie danach kommt, werden wir vielleicht sehen.
Zu Gates stimme ich soweit zu, mglw. ist die regelmässige Adelung als "Reichster" so etwas wie die Retourkutsche dafür, dass er IBM da ein Monopol abgerungen hat. Ich glaube, dass mochten die so herum überhaupt nicht :o)
Von wegen Geld regiert die Welt, fiel mir gestern abend ein, dass das Geld letzlich ja nur das Lenkungsmittel der Mächtigen darstellt, also vor allem in der Form, wie es derzeit existiert. Die tatsächliche Macht geht m.E. vor allem vom Grundbesitz aus. Das Geld kann schnell mal entwertet werden, aber wer 'nen Acker hat, ist erstmal (noch) auf der sichereren Seite.
"Sie meinen die Eliten verlieren die Kontrolle über die logistischen Ketten ? Das halte ich nicht für sehr wahrcheinlich."
Nicht verlieren, sondern loslassen, wohl wissend, hinterher wieder die zu sein, die als einzige in der Lage sind, die losen Enden wieder aufzunehmen und erneut zu verknüpfen.........
Also eher Fesseln als Ketten :o)
"Superreiche und die Eliten besitzen auch keine Schwarmintelligenz, es gibt eben nur recht wenige Anlaufstellen, die mit Leuten besetzt sind, die alle von bestimmten Universität kommen, ähnliche Lebensläufe und Herkünfte besitzen,.... sprich, die bewegen sich ausschließlich im eigenen Saft. So etwas sieht nach außen aus wie ein Plan, ist aber keiner, sondern beruht auf Unvermögen."
Sehr schön formuliert, was aber nicht bedeutet, dass sich nicht auch der eine oder andere aus dieser Gruppe mit anderen abspricht. Aber gewiss nicht mit allen :o) Hierzu fällt mir vor allem ein: Empathiedefizit!
"Warum sollte reiche Menschen sich besser abstimmen können als arme Menschen?"
Nicht zwingend "besser", aber es gibt ja auch "Arme", die sich absprechen und vielleicht gemeinsam ein "Social-Projekt" auf die Beine stellen, da kann ich mir genau so gut vorstellen, dass sich ein paar "Reiche" verabreden und ein "Unsocial-Projekt" durchziehen........
Flächendeckendes, das wird sich da nicht finden lassen. Flächendeckend wäre es nur, wenn die Heuschrecken kämen, und hiermit meine ich die echten Heuschrecken!
"Wenn Menschen sich nur in kleinen Gruppen absprechen können und es eine Größe gibt, ab der sich Gruppen zerfasern, gilt das allgemein für Reiche und für Arme."
Stimmt, nur das wenige Reiche im Zweifelsfall trotzdem globale Effekte hervorrufen können, die Alle betreffen, das wenigen armen Menschen ähnliches gelingt, ist schon unwahrscheinlicher.
Ich habe jetzt nicht alle Kommentare nachgelesen und nur nach dem Wort "Standards" gescannt.
Der Grund ist folgender: Es geht bei TTIP, TISA und CETA um viel mehr, als den TNKs in den USA und Europa neue "demokratiesichere" Absatzmärkte zu sichern. Die Gedanken dazu habe ich aus der sehr zu empfehlenden Broschüre vom ISW entnommen: Wirtschafts-Nato TTIP Stop!
Das Ziel ist vielmehr, über diesen Weg den von den Entwicklungsländern verhinderten Zugriff der westlichen Staaten über die WTO, Standards für die TNKs zu schaffen. Vor allem die BRIC-Staaten hatten das verhindert.
TTIP wäre in der Konsequenz die Absicherung der Dominanz vor den aufstrebenden Ländern, die sich dann an die Normen von TTIP und weiteren Abkommen zu halten hätten. Dass wären enorme Wettbewerbsvorteile.
Ich zitiere: "Das Freihandelsabkommen sei "unser mit Abstand wichtigstes Zukunftsprojekt" sagte vor gut einem Jahr Kanzlerin Merkel (Spiegel 25.2.13)
und weiter
Fred Bergsten, Handelsberater von US-Präsident Obama, bekennt in einem Handelsblatt-Interview freimütig: "Das Ziel von TTIP war es ja von Anfang an, transatlantische Handelsstandards zu entwickeln, die dann zu globalen Regeln werden." (HB, 20.6.14).
Was hier Metropolenkapitalismus in den Artikeln genannt wird, ist eine "Rückkehr der Block-Konfrontationen".
"Es gelingt allen kleinen Gruppen Effekte zu erzielen, zumindest gemeinsam destruktiv zu wirken. Darin unterscheiden sich die Superreichen nicht von den Terroristen, allerdings sind es immer Taten gegen die Mehrheit."
Klar, kann auch eine kleine Gruppe etwas anstellen, was international bemerkt wird, aber Handlungen mit direkten Auswirkungen für fast alle, die bleiben wohl zum allergrössten Teil den Superreichen vorbehalten.
"Nur eine gesamtgesellschaftliche Organisation bekommen die Menschen nicht hin."
Die Mittelschicht wird inzwischen zu einem sehr grossen Teil von Beamten gebildet, die sind dem Staat per Treueeid verpflichtet. Wollte man die für ein gesamtgesellschaftliches Projekt gewinnen, müsste man erstmal Verfassungskonformität nachweisen.
"Die Mittelschicht besteht doch aber nicht nur aus Beamten. Wäre das so, wären alle Staaten organisiert wie Schrebergärten."
Na, dann schauen Sie sich Deutschland mal an, oder noch besser die Schweiz. Schaut aus wie auf einer Modelleisenbahn.
Inzwischen gibt es da nicht mehr so viele Berufssparten, die noch die "Mittelschicht" bilden. Selbst die vorherigen Staatsbetriebe, wie Bahn und Post, können nun nicht mehr verbeamten. Lehrer arbeiten auch erst viele Jahre angestellt. Banken bauen massiv Personal ab. Da bleibt nicht mehr viel übrig.
"Ich persönlich halte den Bewusstseinszustand der Mehrheit der Menschen noch für zu embryonal um mit diesen Dingen verantwortungsvoll und tatsächlich der Gemeinschaft verpflichtet umzugehen."
Diese schrieben Sie weiter oben.
Sie implementieren hier, dass wir uns bezüglich des Bewusstseinszustandes der Mehrheit, "auf dem aufsteigeneden Ast" befinden. Ich wäre mir das niciht so sicher :o)
Das erste Mal, das in der europäischen Geschichte Massenpropaganda betrieben wurde, war im dreissigjährigen Krieg. Ermöglicht durch die Entdeckung des Buchdrucks für Europa, durch Gutenberg und die Papierherstellung, durch die Mauren, konnten die Kriegsparteien auf Plakaten und Flugblättern, jeweils Wallenstein und König Adolph als Erretter und Erlöser preisen. Ich denke, das war der Anfang, "des absteigenden Astes"! Aber möglicherweise ist das Internet unserer jetzigen Zeit ja die Talsohle :o))
"Ich denke es braucht Phantasie anstatt Utopie."
Hallo IDOG,
ich sehe die Menschen ebenfalls nicht unfähig zum umlernen :o)
Ich habe viel in Dienstleistungen gearbeitet und war viel in Kontakt mit Menschen. Meiner Erfahrung nach, ist es ein kleiner Teil, nicht die Mehrheit, die eher egoistisch als altruistisch handelt. Auf jeden Fall nicht so viele, als dass sie nicht durch Vorbild und falls nötig auch Zurechtweisung, auf die negativen Auswirkungen solchen Handelns aufmerksam gemacht und davon abgebracht werden könnten.
Anders als @J. Taylor, meine ich, es muss keine dauerhafte "Ordnung", aber Regeln geben, möglichst einfach, damit wirklich jeder sie versteht!
Danach kann man's laufen lassen. Eine "Ordnung" die permanent .......... ? Was eigentlich tut? Ordnet? Koordiniert? Sichert? Überwacht? Wozu, und in welchem und wessen Interesse?
Eine Selbstorganisation der Menschen ist m.E. weniger utopisch, wenn wir uns ansehen, das es ja auch ständig dazu kommt, wo immer der "Ordnungsstaat" nicht anwesend ist.
Stellen sich die Menschen in UK immer noch ordentlich in einer Schlange auf, wenn sie auf den Bus warten?
"Meine Erfahrung ist, dass fast ausnahmslos alle Führungspositionen mit „empathielosen Psychopathen“ besetzt sind. Sie sind es, die sich in jeder Gruppe durchsetzen."
Da stimme ich zu. In den jetzigen hierarchischen Strukturen ist dem so. Nur denken Sie sich mal den Vorgesetzten ihres Vorgesetzten weg :o)
Dann würde sich "die Gruppe" der Menschen (Mitarbeiter), die unter diesen empthielosen Klotz zu leiden haben, sehr schnell anders selbst neu organisieren. Ich sehe diese Menschen übrigens auch nicht völlig negativ, vor allem in absoluten Notsituationen, wie von @IDOG auch angesprochen, muss man diese Menschen parat haben. Sie sollten sozusagen als Notfallreserve parat stehen, solche Menschen aber nur, weil auch mal ein Notfall eintritt, dauerhaft am Ruder stehen zu haben, bringt uns in Teufels Küche, um mal zum Titel zurückzukommen :o)
"Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass sich empathielose grobe Klötze als Notfallreserve verstehen.
Dieser Charakter funktioniert bei den betroffenen Menschen nach dem Motto "Hirn raus, Lochkarte rein", ist also von außen gar nicht steuerbar."
Doch, das glaube ich schon, wenn die Mehrheit der Gruppe so jemandem zu verstehen gibt, dass er als Teil der Gruppe, so seinen Teil sinnvoll beitragen kann.
Diese Menschen sind am praktischsten z.B. bei der Feuerwehr aufgehoben. Da können sie ihre Abläufe jeden Tag bis zur Perfektion üben und abends sind sie Müde und geben gute Mitmenschen ab.
Sobald es brennt, kann man nicht mehr diskutieren, das ist logisch, gut wenn man dann die besten der besten Feuerwehrleute hat.
"Die Frage ist doch beim Internet, ob zu viel Information das Gegenteil von dem bewirkt, was Menschen sich erhoffen?"
Zu viel Information, oder zu viel Inhalt?
Es gibt so endlos viel Inhalt im Internet, da stimme ich zu. Informationen sind dadurch total verwässert. Vielleicht sollte man ein neues Parallelnetz aufbauen, das man von Anfang an von kommerziellen Inhalten frei hält, ein reines Informations- und Wissensnetz.
"So etwas nennt man Repression. Kennen Sie ein Beispiel in der Geschichte, in dem Arschlöcher durch Repression zu besseren Menschen wurden? Ich nicht."
Nein, dann haben sie mich falsch verstanden.
Hierarchien weggedacht, würde es bedeuten, dass einem empathielosen Menschen keine dauerhafte Herrschaft zuerkannt werden würde, weil es halt genau diese dann nicht gibt. Aber zugleich wird ihm bescheinigt, dass er derjenige ist, den man als erstes ruft, wenn es brennt. Das ist keine Repression von Menschen, sondern von Macht......, wenn sie möchten können Sie es Gängelung nennen, aber diese zum Wohl aller.
"Das Internet funktioniert wie eine Trüffelsuche, aber so funktionieren Bibliotheken auch. Es ist kein Unterschied, man ist nur nicht an Öffnungszeiten gebunden."
Ja, schöner Vergleich, aber dort gibt es vielleicht eine schöne und gebildete Bibliothekarin, die bei der Suche hilft :o)
Auch trefen Bibliotheken eine Vorauswahl, sortieren also alle Nichtigkeiten, vor Aufnahme in den Katalog.
"Knattertom, die empathielosen Grobiane nehmen sich das einfach, die warten weder darauf, dass man es ihnen gibt, noch, dass man es ihnen nimmt- außerdem wer sollte das auch tun?"
Das ist das schöne an Aufmerksamkeit, die kann man sich nicht nehmen :o), und das Instrument für die Hierarchiepyramide ist das Geld, ohne dem bleibt nichts mehr davon übrig, ausser ggf. (bewaffnete) Gewalt. Nur, was hülfe es dem Legionär, gewönne er durch sein Tun eine Hand voll Dollar, fände aber niemandem, der ihm diese in Waren tauscht......
"Es gibt sogar welche, die wollen herrschen, weil sie nicht dienen wollen, ist auch eine Motivation und hat selten etwas mit Systemen oder Religionen zu tun."
Wie schon geschrieben, ich hatte beruflich viel mit Menschen zu tun und ich stimme da mit @IDOG überein, dass die Anzahl der wirklich psychopathisch veranlagten Menschen sehr gering ist, diese Psychopathien aber meist anerzogen werden. Ich habe solche Menschen selbst bereits erlebt, die waren, mehr als alle anderen, Gefangene ihres eigenen Gedankenlabyrinths....
Im Vorstandgebäude des Reemtsma-Konzerns in Hamburg hängt eine rieisiger Kupferstich, eine Ansicht der Stadt Hamburg und dazu ein Spruch, der Sinngemäß besagt, dass man in unserer Welt nur zwei Möglichkeiten hat: "Hammer zu sein, oder Amboß".
Laufen Sie zwei Jahre jeden Morgen an solch einem Bild vorbei, und Sie glauben es auch...
"Hammer zu sein, oder Amboß".
Haben Sie nicht jeden Morgen laut lachen müssen über so einen Satz?
Deshalb habe ich geschrieben "veranlagt". Die Nummer mit der schweren Kindheit mag ich nicht, denn es gibt viele, die ebenfalls eine schwere Kindheit hatten und nicht so wurden.
Ich musste da zum Glück nur einmal rein, aber 2 Jahre wäre meine Schätzung, bis das schleichende Gift wirkt, bei einem früher, bei anderen dauert es vielleicht länger.
Diejenigen, die trotz schwerer Kindheit nicht mit solchen Traumata herumlaufen, hatten dann wohl zur richtigen Zeit die richigen Menschen an ihrer Seite.
"Selbst in diesem Umfeld bildet sich langsam eine Hierarchie, auch dann, wenn niemand die Absicht dazu hat.Allein die Koordination von Tätigkeiten erschafft eine Hierarchie, und selbst, wenn sie nur zeitlich begrenzt für die eine Aktion besteht, ist es doch eine. Alle Jagdgemeinschaften funktionierten so, alle Clans der Urzeit hatten das. Millionen Jahre sind nicht weg, weil wir Menschen uns seit 200 Jahren etwas anderes ausgedacht haben."
Hier stimme ich Ihnen auch zu, aber es wären gewachsene Hierarchien, die, wie Sie sagen, nur temporär gelten. Ein anderes Beispiel wäre die Küche, gesteigert noch eine Schiffkombüse. Auch dort (Arbeits-)Hierarchie, ebenfalls zeitlich begrenzt, bis das Essen steht und danach der Abwasch erledigt ist.
Von daher ist es vielleicht hilfreich, Begriffe genauer gegeneinander abzugrenzen. geschaffene Machtstrukturen gegen gewachsene Híerarchien.
"Zum Rest Ihres Kommentars kommt es mir so vor als hielten sie Kompetenz und Hierarchie nicht unbedingt auseinander. Hierachie ensteht erst dann wenn ein Teil den Herrchaftsanspruch stellt und durchsetzt und der andere Teil sich entsprechend unterwirft. In der hierarchischen Tradition einer Gesellchaft wird dieser Vorgang natürlich ritualisiert - angefangen bei der Kleiderordnung bis ... aber unter Fremden zumal aus verschiedenen Kulturräumen zB. habe ich das nie gesehen. Da ist im Gegenteil der gegenseitige Respekt an sich die Grundposition."
Moin IDOG and @J. Taylor,
bin etwas betrunken und ist schon spät, daher nur ein Kurzkommentar an beide......, das oben beschriebene, meinteich mit "gewachsener Hierarchie, welche, so wie hier beschrieben, eigentlich auch keine ist. Es ist mehr der gezollte Respekt an kompetente Menschen, und die Logik, diese als erste nach ihrer Meinung zu fragen. Sollten Sie daraus einen Automatismus ableiten, oder den Anspruch auch in anderen Bereichen als erste gefragt werden zu wollen, würde eine Hierarchie daraus entstehen. Dem kann die Gruppe wiederum entgegenwirken.
Ich hoffe, das ist so verständlich :o) Gut's Nächtle!
"Pauschal kann man nie sagen, das muss man wohl sogar an die jeweilige Situation individuell anpassen, sprich, es ist richtig viel Arbeit einer Gesellschaft ein "System" quasi auf den Leib zu schneidern. Das Ergebnis ist sogar noch dynamisch und muss ständig angepasst werden."
OK, dann doch noch ein zweiter, denn auf einem Bein kann man nicht lang stehen :o)
Ich glaube nicht, das es für ein gutes Zusammenleben ein "System" braucht. Wie oben geschrieben, möglichst einfache Regeln, die jeder verstehen, nachvollziehen und befolgen kann,sollten ausreichen. Denkt man sich z.B. das Geld einfach mal weg, entfällt der Grund für einen immensen Anteil an Kapitalverbrechen. Wo kein Kapital, gibt es kein solches Verbrechen, was dann noch bleibt, wäre Eifersucht...., was zeigt, dass man wohl um Gerichte, in welcher Form auch immer, nicht herum kommt. Aber die bräuchte es wirklich nicht häufig,.
So, nun aber.....
Ja, die Definition finde ich auch einleuchtend. Dass es in einer Tischlerwerkstatt oder in einer Bäckerei zwangsläufig eine Form von Hierarchie zu geben hat, leuchtet mir auch nicht ein, obwohl es natürlich unterschiedlich kompetente und erfahrene Beteiligte gibt, logisch. Es wäre aber hilfreich, diese "gewachsenen Strukturen", begrifflich gegen den Ausdruck der "Hierarchie" abzugrenzen. Vielleicht wäre der Begriff "Umfeld" passend?!?
"Ehemaliger Nutzer"?
Wie kommt es denn dazu?
Gruß