Religion: Erscheinungsbild einer Lehrkraft

Entscheidung Jetzt ist alles klar: das Kopftuch gehört zu Deutschland

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Religion: Erscheinungsbild einer Lehrkraft

Foto: Odd Andersen/AFP/Getty Images

Vielleicht ist es gut, wenn Lehrerinnen das Recht zusteht, ein Kopftuch zu tragen. Vielleicht ist es auch nicht gut. Aber wenn zu Überlegungen gegriffen wird wie der, Schülerinnen und Schüler müssten von der zwangsweisen Konfrontation mit einem Glauben verschont .. bleiben, mag das juristisch zwar diskussionswürdig sein - ansonsten aber ist das Argument vor allem seltsam.

Denn der Alltag lehrt, dass zu Hause bleiben und die Jalousien dichtmachen muss, wer der Konfrontation mit einem Glauben ausweichen will - auch in der unterrichtsfreien Zeit.

Das Thema ist längst symbolisch überladen. Exekutive und Legislative sind mit Kopftuch- und kopftuchähnlichen Fragen überfordert. Eine Vielzahl von Politikern ist schon mit der Frage überfordert, ob ein Vorgang oder das Wirken einer Person oder Organisation verfassungswidrig sei oder nicht.

In Niedersachsen zum Beispiel kann man das mit der Verfassung so, so, oder auch ganz anders sehen. Als Jannine Menger-Hamilton, aktive "Linkspartei"-Politikerin, ihre britische und italienische Staatsbürgerschaft gegen eine deutsche eintauschen wollte, stellte sich das Innenministerium unter Leitung Uwe Schünemanns (CDU) in Hannover quer, obwohl keine konkreten Hinweise vorlagen, die auf verfassungsfeindliche Bestrebungen der Antragstellerin hätten schließen lassen.

Das war 2009.

Von Einwendungen des Innenministeriums auf eine Beteiligung eines - mindestens nominell - kommunistischen Landes an der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Göttingen ist hingegen nichts bekannt. Die Uni ließ sich sogar Professuren von der chinesischen Hanban-Agentur kofinanzieren.

Der niedersächsische Fiannzminister Hartmut Möllring fand das gut:

China ist mittlerweile einer der größeren Handels- und Wirtschaftspartner Niedersachsens. Ich danke deshalb der Volksrepublik China für die Stiftung der Professuren, weil sie jungen Deutschen ermöglichen, das Land, die Menschen sowie die Wirtschaft kennenzulernen und vor allem die chinesische Sprache zu erlernen, denn nur gegenseitiges Verständnis und die Akzeptanz der jeweils anderen Kultur können die Beziehungen festigen,

zitierte ihn die Universität Göttingen in einer Pressemitteilung.

Das war 2010.

Es kommt eben immer ein bisschen darauf an. Und außerdem ist Konfuzianismus ja genau genommen gar keine Religion, und Kommunismus erst recht nicht.

Das Kopftuch aber schon. Kultusminister Bernd Busemann in einer Presseerklärung - das war 2010:

"In Niedersachsen wird "In Niedersachsen wird es keine Lehrkräfte mit Kopftuch in Schule und Unterricht geben", erklärte der Niedersächsische Kultusminister Bernd Busemann angesichts des einschlägigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts. "Die staatliche Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität ist ein unverzichtbares Gut, das nicht relativiert werden darf", machte Busemann deutlich. "Das Erscheinungsbild einer Lehrkraft darf nicht durch einseitige weltanschauliche, religiöse oder politische Bezüge geprägt werden."

Vielleicht sah Christian Wulff, seinerzeit Ministerpräsident Niedersachsens und damit Vorgesetzter der Minister Schünemann, Möllring und Busemann, das ja damals - also vor fünf bis sechs Jahren - schon ganz anders. Gehört hat man davon allerdings nichts.

Jetzt aber gehören Konfuzius und Kopftuch zu Deutschland. Vielleicht ist das gut, vielleicht auch schlecht. Gut aber ist, dass die Persönlichkeitsrechte von Lehrerinnen nun nicht mehr zur politischen Verfügungsmasse gehören.

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