Setanovich: Moskau auf dem Holzweg
Stephen Sestanovich, Professor an der Columbia-Universität und von 1997 bis 2001 Koordinator der amerikanischen Russland-Politik, sieht Moskau seit mindestens sieben Jahren auf einem außenpolitischen Holzweg. In einem kürzlichen Beitrag in der "Financial Times" (hier wiedergegeben durch den amerikanischen Council of Foreign Relations, CFR) steigert er die Dramatik seiner Befunde: Russlands Außenpolitik nähert sich komplettem Versagen. Moskau habe ein Jahrzehnt lang Streit mit Europa vermieden, indem es gute Beziehungen zu Deutschland gepflegt habe. Inzwischen aber sei Berlin führender Kritiker Präsident Putins - ob es nun um Energiepreise oder um die Rechte Homosexueller gehe. Ferner habe Moskau sich mit seinen handelspolitischen Taktiken Feinde gemacht - zum Beispiel mit einer Drohung, Tulpen aus den Niederlanden zu verbieten, weil sie "unsicher" seien. Ferner habe Moskau der Ukraine und Moldawien gedroht, die Einfuhr von Gütern aus diesen Ländern zu blockieren, wenn sie eine Vereinbarung mit der Europäischen Union zu einem Freihandelsabkommen träfen. (Ein "Guardian"-Bericht unterstützt Sestanovichs Formulierung insofern, dass die Ukraine zu wählen habe zwischen einem Freihandelsabkommen mit Russland, Weißrussland und Kasachstan einerseits und der EU andererseits. Beides könne die Ukraine nicht bekommen.
Auch im Nahen Osten nehme Russlands Einfluss ab. Nach fast drei Jahren des "Arabischen Frühlings" habe sich Moskaus Verhältnis zu fast allen arabischen Staaten verschlechtert. Aus türkischer, saudischer, jordanischer, israelischer und ägyptischer Sicht sowie aus Sicht der Golfstaaten fördere Moskaus Unterstützung für den Iran eine Instabilität, und seine Unterstützung für das syrische Regime rufe echten Zorn hervor.
Nicht anders sei es um die Beziehungen zu Amerika bestellt. Obama habe sein geplantes Treffen mit Putin im August nicht abgesagt, weil Washington über das Moskauer Asyl Snowdens verärgert gewesen sei, sondern weil ein Treffen keine Ergebnisse versprach. Und dass Putin das russische Verhältnis zu China verbessert habe, bedeute eben nur, dass andere gute Verbindungen für Moskau nicht zu haben seien. Letztlich empfänden Russen angesichts des chinesischen Aufstiegs gar nicht weniger Unbehagen als Amerikaner, und vielleicht sogar ein größeres Unbehagen.
All das, verbunden mit einem sich verlangsamenden Wachstum der russischen Wirtschaft, ergebe ein äußerst mageres politisches Ergebnis für Putin. Und dies werde über kurz oder lang auch in Russland selbst negativ bewertet werden und zu einer Neuorientierung führen.
Allerdings würden Anti-Putin-Kreuzzüge aus dem Ausland nicht viel bringen. Aus Sicht vieler Russen wäre das eine Bestätigung dafür, dass Putin das Richtige tue. Aber eine Einigung mit Putin wäre aus Sestanovichs Sicht ebenfalls falsch, weil sie vermuten ließe, Putins Außenpolitik zeitige eben doch Erfolge.
Hat Sestanovich recht?
Zumindest in der Außendarstellung lässt die russische Regierung kaum erkennen, dass sie Antworten auf die wirtschaftlichen Herausforderungen hätte, vor denen das Land steht. Was der russische Premierminister (und frühere Präsident) Dmitri Medwedjew auf einem Investment-Forum in Sotschi im September zu bieten hatte, waren dieser Novosti-Wiedergabe zufolge Platitüden, wie sie auch von Merkel zu haben wären. Und es spricht nicht viel dafür, dass Medwedjew und Putin von der ökonomischen Zukunft des Landes übereinstimmende - oder jedenfalls erfolgversprechende Vorstellungen - hätten. Im Januar 2009 kritisierte Medwedjew in seiner Eigenschaft als Präsident das Kabinett des damaligen Premiers Putin, weil es zu langsam auf die [gemeint ist offenbar die globale Finanzkrise seit 2008] Wirtschaftskrise reagiere. Anfang 2013 spielte Putin - jetzt wiederum als Präsident - ein ähnliches Spiel mit Medwedjew. Offenbar ließ der Kreml über "Iswestija" eine Scorecard durchsickern, der zufolge die Regierung Medwedjew ihre Leistung nicht bringe.
Gleichwohl werde Putin den Premier wohl nicht feuern, zitierte die Washington Post im März den Vorsitzenden der Mercator-Gruppe. Zu sehr sei die Geschichte einer großen Freundschaft zwischen ihm und Medwedjew Teil seines Images geworden.
Aus Sicht des russischen Politologen Wjatscheslaw Nikonow könne das Tandem Putin/Medwedjew die Macht in Russland für die nächsten zwölf Jahre behalten, so die "Stimme Russlands" im September 2011. Wenn er recht hatte, hat vor zwei Jahren Putins zweite Halbzeit begonnen.
Tatsächlich lässt sich Putin unter Opportunitätsaspekten ein Mangel an Wendigkeit als womöglich kardinale Schwäche vorwerfen. Deutlich wurde das unter anderem, als China den von Sestanovich erwähnten Whistleblower Snowden elegant an Moskau weiterreichte. Die Tatsache, dass er von dort nicht ausgeliefert wurde, verdankt Snowden wohl nicht zuletzt der Tatsache, dass Putin das der russischen Bevölkerung gegenüber nicht hätte vertreten können - oder wollen.
Allianzen zwischen Beijing und Moskau wurden auf verschiedenen Gebieten und mit unterschiedlichem Erfolg immer wieder angebahnt, und häufig genug richteten sich solche Kooperationen konkret gegen Amerikas globalen Einfluss. Herzlich ist das Verhältnis allenfalls bedingt. Chinesen scheinen Russland grundsätzlich freundlicher zu sehen als umgekehrt, ganz ähnlich wie sie Deutschland relativ positiv einschätzen. Für beides werden von Chinesen oft konkrete Gründe genannt: Deutschland habe sich mit seiner Nazi-Vergangenheit auseinandergesetzt (verglichen mit Japan), und Russland habe nach seiner Oktoberrevolution seine koloniale Rolle in China freiwillig aufgegeben - was andere ausländische Mächte nicht taten.
Aber auch hinsichtlich Russlands stehen chinesische Medien immer wieder vor Herausforderungen beim Vermitteln von Vorgängen, die nicht recht in das Bild eines informellen Bündnisses passen wollen. Als Putin laut darüber nachdachte, den Dalai Lama nach Russland einzuladen, suchte man auf der chinesischen Seite nach Erklärungen. Womöglich "spiele" Putin die "Dalai-Karte", um in Energiepreisverhandlungen Druck auf China auszüben, grübelte Feng Chuangzhi, ein regelmäßiger Autor der vom Staatsrat betriebenen Website "china.com". Außerdem stehe er als russischer Politiker unter dem Druck kalmykischer Bürger Russlands, den Dalai Lama einreisen zu lassen. Unter Kalmyken spielt der Buddhismus eine wichtige Rolle, und hier auch der Buddhismus tibetischer Prägung.
Auch das wiederholte - möglicherweise unverhältnismäßige - Vorgehen russischer Marine- oder Küstenschutztruppen gegen chinesische Seefahrzeuge stellt publizistische Herausforderungen dar. Neben internationalen Gleichgewichtsfragen und energiepolitischen Erwägungen sind es wohl vor allem Themen der "inneren Sicherheit", die Beijing zu einer vergleichsweisen Zusammenarbeit zum Beispiel im Rahmen der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) veranlassen. Sowohl China als auch Russland halten die Organisation im Sinne einer Kontrolle ihrer jeweiligen Peripherien gegen "Terrorismus", "Separatismus" und "Extremismus" für wertvoll, wenn nicht unverzichtbar.
Aber der eigentliche "Partner" aus Beijinger Sicht ist Amerika - als Freund, Feind oder als schwer berechenbares Gegenüber.
Eine besonders attraktive globale Umgebung ergibt sich daraus für Russland wohl tatsächlich nicht - unabhängig davon, ob seine Außenpolitik, wie von Sestanovich angenommen, schlichtweg vor dem Scheitern stünde. Aber das ergibt sich nicht zuletzt aus einer amerikanischen Übermacht. Die für Putin entscheidenden "scorecards" werden nicht in Washington, Beijing, Brüssel oder Berlin ausgefüllt, sondern in Russland selbst.
Meine Wette: Putin verlässt die politische Arena lange vor 2024 - freiwillig oder unfreiwillig.
» Syrien als Bündnisfall, 17.09.13
» Von Glashäusern umzingelt, 14.06.13
Kommentare 22
Putin vertritt die russischen Interessen robuster und hartnäckiger als der im Westen hoch geschätzte Jelzin. Das geht einher mit nationalistischem Dünkel und einem opportunistischen Bündnis mit der orthodoxen Kirche und wirkt mit seinem Auftreten auf ausländische Beobachter machohaft oder "halbstark". Aber er ist mit seinen Seilschaften - die bei westlichen Politikern positiver als "Netzwerk" bezeichnet werden - durchaus erfogreich und weckt gerade deshalb bei westlichen Meinungsmachern herabwürdigende Reflexe, die bei näherer Betrachtung als an brüchigen Haaren herbeigezogen wirken.
Seine Politik gegenüber Syrien und dem Iran scheint jedenfalls bislang erfogreicher als die westlichen Kriegsdrohungen gegen diese Länder, als die Terroranschläge gegen iranische Wissenschaftler und die Unterstützung von regierungsfeindlichen Kriegshandlungen in Syrien. Mag sein, dass Russland in der arabischen Region an Ansehen verloren hat, verhasster als die USA ist von Nordafrika bis Afghanistan und Pakistan höchstens noch Israel.
Putins Achillesferse ist die Abhängigkeit Russlands von der Rohstoffförderung und -veräußerung, sein Unvermögen den Aufbau einer auf dem Weltmarkt konkurrenzfähigen Industrieproduktion zu ermöglichen.
Meine Wette, er wird dennoch Obamas Nachfolger, wenn nicht als Präsident, dann im Amt als Ministerpäsident überdauern.
Robuster als Jelzin vertritt er russische Interessen bestimmt, 30sec. Aber welche Erfolge kann er außenpolitisch vorweisen? Das er Syrien nicht "verloren" hat? Ich gewinne so langsam den Eindruck, dass Washington den Iran "gewinnen" könnte - nicht als Bündnispartner, aber immerhin als eine Adresse, mit der sich über beim Notwendigsten zusammenarbeiten lässt. Und Syrien tauchte auf der amerikanischen Landkarte ja überwiegend "nur" als iranischer Stellvertreter auf, wenn ich dem folge, was zu dem Thema publizistisch so verbraten wurde.
Dass Putin besonders oft zum Ziel von starken Worten wird, ist sicherlich richtig. Ähnliches traf allerdings auch für George Bush jr. zu. Es soll ja Gesichter geben, die besonders häufig Aggressionen auslösen.
Meinen Sie das ernst, Konfuzikuntz? Glauben Sie, dass irgendwann seit den 1960ern irgendein Staats- oder Regierungsschef eines relativ entwickelten Landes einen (womöglich wichtigen) Termin aus Verärgerung abgesagt hat?
Schwer zu sagen, wo die Fehleinschätzung liegt. Aus geostrategischen und energiepolitischen Gründen kann es ja womöglich sein, dass Syrien näher an den russischen Kerninteressen liegt als Libyen.
Aber auf die arabische Öffentlichkeit wirkt das möglicherweise inkonsistent.
Jedenfalls wirkt Russland auf mich im Syrienkonflikt berechenbarer als im Libyen-Konflikt. Kann sein, dass Moskau (und Beijing) es für möglich hielten, dass GB und Frankreich (und im Hintergrund die USA) die UNSC-Resolution 1973 "eng" auslegen würden.
Wenn wir alle nur noch objektive Wissenschaft zitieren würden, gäbe es für mich nichts mehr zu schreiben, für Sie nichts mehr zu lesen, und vermutlich auch in der ganzen FC nichts mehr zu diskutieren, Konfuzikuntz. Wenn eine chinesische Zeitung die tibetische Exilgesellschaft in Dharamsala mit einem Baum voller Affen vergleicht, lese ich das natürlich, weil sich darin politisch etwas ausdrückt. Sollte ich das nicht lesen? Weil's nicht objektiv ist? Oder finden Sie das Baum-Beispiel, im Gegensatz zu Sestanovichs Artikel, "objektiv"? (Meine Frage ist ernstgemeint - ich traue Ihnen so ziemlich alles zu.)
Ich halte die russischen Medien nicht in dem Maße für unfrei, dass nicht der eine oder andere russische Journalist über Armut in Russland berichtet. Aber eben auf Russisch - eine Sprache, die den wenigsten von uns zugänglich ist. Kommen Sie mit der Sprache klar?
Dilma Rousseff ist eine achtbare Präsidentin. Ich kann mir einige Motive vorstellen, aus denen sie ihre Us-Reise abgesagt hat: um Druck auf Washington auszuüben (es gibt ein gewisses Maß an Absprachebereitschaft unter lateinamerikanischen Staats- und Regierungschefs), und/oder um ihr Gesicht vor ihren Wählerinnen und Wählern zu wahren, usw.. Aber ganz sicher nicht aus ehrlicher Empörung. So naiv ist sie nicht.
Dazu, dass Russland statt vom Geld politisch gelenkt wird (oder dass wir erneut eine Auseinandersetzung der Systeme erlebten), bräuchte ich noch etwas Input. Inwiefern schaden Miliardäre, die sich gegen Putin richten, dem Land, und wodurch unterscheiden sich Milliardäre, die sich nicht gegen Putin richten, positiv von den anderen? Findet die Auseinandersetzung der Systeme zwischen Russland und dem Rest der Welt statt, oder gibt es noch mehr Systeme?
Lassen Sie sich den sieben Jahre alten Link, den Sie oben mit drin haben (http://www.cfr.org/iran/russias-wrong-direction/p9997) doch mal auf der Zunge zergehen.
Dass ich den Link sehr bewusst mit eingebaut habe, können Sie sich gar nicht vorstellen, oder? Das mag ja für Sie schwer vorstellbar sein, Konfuzikuntz, aber ich brauche keine KGB-Fresse als Verkörperung alles Guten & Wahren, und ich brauche dazu auch nicht Amerika. Ich versuche mit dem klarzukommen, was ich vorfinde, und daraus etwas Besseres zu machen. Utopismus ist mir fremd. Und damit, ein Land oder auch einen Menschen in meiner Vorstellungswelt mit perfekten Eigenschaften (aber wehe, es schadet dem Land) auszustatten, täte ich ihm Unrecht - vor allem aber den Menschen in einem solchen Land, die niemandem schaden, denen aber trotzdem - systemisch - Schaden zugefügt wird.
mdst. *****
Das einzige, was Amerika in Wahrheit stört, ist dass Russland den Kapitalismus amerikanischen Musters, den es unter dem debilen Alkoholiker Jelzin ausprobierte/ausprobieren musste wieder aufgegeben hat
Vielmehr aufgeben musste, weil der Ausverkauf des Staates mitwirkend eines Chodorkowski vereiteltet wurde & au weiea gilt es als dann plötzlich als undemokratisch oder unsouverän, wenn in einem Staat nicht Wohlgesinnte meinen, tun & lassen zu können, wie es dem Weste noder xy lieb ist.
In Wahrheit sind wir hier Zeuge in der Auseinandersetzung von zwielichtiger Doppelmoral. JR, tut sein sein Bestes...
Na JR, mal wieder beschäftigt mit dem Lieblingsthema, das auch gern mal von aktuellen Themen ablenkt?
JR, Sie sind eigentlich intelligent genug, diese perfiden Vorgänge zu beurteilen, oder?
Sätze wie :
aber ich brauche keine KGB-Fresse als Verkörperung alles Guten & Wahren, ...
sprechen für sich!
Sie orientieren sich an Fressen & nähren sich gern an vergangene & retrogenährte Vorurteile & Meinungen. Sie sind eigentlich auch alt & erfáhren genug, zu erkennen, dass eben diese Verkörperung alles Guten & Wahren auch weder in den chrismatischereren Fratzen, noch in den oberflächlichen Bekundungen zu finden sind!
Wrong direction beinhaltet weitaus mehr als die Erkenntnis der russischen Politik im Inneren, explosiv kann sie im westlichen Usus internationl betrachtet werden. Gefährlich wäre auch ein passenderes Wort.
Ich versuche mit dem klarzukommen, was ich vorfinde, und daraus etwas Besseres zu machen. Utopismus ist mir fremd.
Was finden Sie denn vor, in ihrer Umgebung? & was bedeutet für Sie Utopismus?
JRCB's Beitrag zu Stephen Sestanovich Artikel für den Council of Foreign Relations bietet eine gute Gelegenheit für einen Hinweis auf
"Zweierlei Maß? Die Berichterstattung über Russland und die USA"
ein Dossier Walter van Rossums im Deutschlandfunk, für das der Autor mit dem Alternativen Medienpreis der Nürnberger Medienakademie in der Kategorie "Audio" ausgezeichnet wurde. Daraus zitiert:
"Der Umstand, dass die teure Wahlschlacht der beiden großen US-Parteien mit drei Milliarden Dollar von Wallstreet & Co finanziert wurde, hat weder Scherer (Spiegel-Journalist, 30sec) noch andere Journalisten zu einer präzisen Analyse über die Verzahnung von Finanzwelt und Politik in den USA bewegen können. Während in der Berichterstattung über Russland der Filz zwischen Wirtschaft und Politik, zwischen sog. Oligarchen und Politikern selbstverständlich als Merkmal eines diktatorischen Systems gewertet wird, besteht im Falle der USA nur vage ‚die Gefahr', man könne Politiker kaufen.
( ... )
Die Präsidentschaftswahlen des Jahres 2000 wurden z.B. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zugunsten von George W. Bush verfälscht. Über den Manipulationsvorwurf wurde zwar in den deutschen Medien damals berichtet, Zweifel an der Stabilität der amerikanischen Demokratie sind aber offenbar ein mediales Tabu ... Geht es aber um Russland, steht das Thema Wahlmanipulation in deutschen Medien selbstverständlich im Mittelpunkt. Dort kam es im vergangenen Jahr zwar tatsächlich zu Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentschaftswahl, doch die hatten, nach Auskunft neutraler Wahlbeobachter gar keine wahlentscheidende Bedeutung. Gleichwohl steht für das Gros der deutschen Journalisten irgendwie fest, dass Russland keine Demokratie ist.
1. Zitator:
Formal existieren die demokratischen Institutionen noch, die Jelzin gründete. Aber sie gleichen einem leeren Gehäuse. Zensur, Taschenparlament, willfährige Justiz, strikte Zentralisierung der Macht und eine übertriebene Rolle für Geheimdienste und Bürokratie - das ist das Putin-System. Nicht der Bürger, der Staat blieb das Maß aller Dinge.
Autor:
Wusste der Spiegel zu berichten. Doch nicht Wladimir Putin, sondern Barack Obama hat den National Defence Authorization Act unterschrieben, jenes Gesetz, dass es us-amerikanischen Geheimdiensten erlaubt, überall auf der Welt als Terroristen verdächtigte Menschen auf unbestimmte Zeit und ohne offizielle Anklage einzusperren."
Van Rossum schrieb früher häufig im "Freitag", seit Augsteins Übernahme leider kaum noch.
Das war ein Hinweis urbi et orbi, für alle Mitglieder und Leser der FC weltweit.
ein Dossier Walter van Rossums im Deutschlandfunk, für das der Autor mit dem Alternativen Medienpreis der Nürnberger Medienakademie in der Kategorie "Audio" ausgezeichnet wurde.
mir war das bekannt, 30sek. aber die wahrheit kann mensch gar nicht oft genug wiederholen. besonders in diesem thread ist sie wohltuend. danke.
Was ich schade finde, dass in dem Blog zu 90% die Außenpolitik als Putin-Russland-Bewertungskriteriumg vorkommt. Mich zum Beispiel interessiert an Russland (wie bei den USA) viel mehr die Innenpolitik - ob Demokratisierung, Ethnien, Wirtschaft, Gesellschaft.
Außerden zweifele ich daran, nein, ich finde es platt und unsachlich, einen Politiker (Putin) daran zu bewerten, wie sein Vorgänger (Jelzin) oder die Konkurrenz ist (Obama, China). Klar, Rudi Völler war als Trainer besser als Ribbeck, doch beide waren weit entfernt vom Löw. Und weil ein Staat noch so "böse" oder "heruntergewirtschaftet" ist (USA), ist es noch keine Auszeichnug für den anderen Staat (Russland). USA hat relativ in den letzten 5-10 Jahren außenpolitisch an Bedeutung MEHR verloren als Russland verloren hat. Gewonnen hat ohnehin China oder Brasilien.
Aber zu Innenpolitik: Da ist es keine Kunst, bessere Politik al Jelzin zu betreiben. Spannend sind Fragen, ob man es denn besser machen könnte: egal ob bei Modernisierung (weg von Rohstoffabhängigkeit), wirtschaftl. Dezentralisierung (weniger Oligarchen-Konzentration), weniger Groß-Events (Olympia, WM, Formel 1), andere Lösung des Tschetschenien/Dagestan-Konflikts, mehr Demokratisierung. Bei dem letzten Punkt scheint mir auch immer die "Vergleichsmethode" falsch zu sein. Mögen Chodorkowski, Nawalny, Nemtzow, Kasparow, Politikowskaja, Pussy Riot etc etc noch so große Gauner oder Idioten sein - es ist kein Grund zu glauben, Putins System (All-in-one = Alles für Einiges Russland) wäre eine gute Lösung.
Ja, Putin hat gewiss die Steuerneinnahmen erhöht, Oligarchen zurückgedrängt (womit aber auch nicht die Wirtschaft effizienter oder konkurrenzfähiger wurde, es geht nur darum, wer welche Mon0pole kontrolliert: Oligarchen oder der Kreml...), mehr Sicherheit und Wohlstand erreicht. Andererseits: das hat in ähnlicher Zeit auch Brasilien, China, Namibia, Ruanda geschafft (statistisch, relativ zur Ausgangslage 1999). Die Frage ist also nicht, ob Putin besser als Jezlin oder Bush oder Obama ist, sondern: ob Putin ann0 2014 nicht schlechter ist als Putin anno 1999-2004, und ob daher nicht ein Wechsel wichtig wäre. Wie bei Kohl, dessen "Halbwertszeit" 1990 eigentlich längst überschritten war...
Ich glaube kaum, dass - wenn möglich - Kasparow oder Nawalny bessere Präsidenten wären. Doch wenn Putin & seine Politik wirklich gut (besser) ist - warum "verschönert" er seine Wahlergebnisse (bzw. seiner Partei), warum kontrolliert es die Regionen durch Gouverneure? Warum kontrolliert es so viele Medien? (Und bitte nicht jetzt antworten, im Land X sei es ähnlich oder schlimmer - das ist bei absoluter Bewertung von Putin irrelevant).
H. Yuren, mich interessiert, warum Sie den Hinweis auf das Dossier van Rossums als Kontrast zum thread (und zum Beitrag?) als so wohltuend empfinden. Hat das eine oder andere so viel Gewicht? Und wenn ja: woher kommt das?
Wenn Sie darauf antworten möchten, lassen Sie sich ruhig Zeit; ich komme selber erst morgen oder übermorgen wieder dazu, ausführlicher zu kommentieren oder zu bloggen.
mich interessiert, warum Sie den Hinweis auf das Dossier van Rossums als Kontrast zum thread (und zum Beitrag?) als so wohltuend empfinden.
das ist so einfach zu erklären, jr, wie nur was.
ich kenne und schätze die kritischen beiträge van rossums im allgemeinen. seine kritik an den deutsachen medien ist nicht nur treffend, sondern auch in der machart lesens/hörenswert.
es hat hierzulande eine lange tradition, gen ostland zu fahren...
das ist unabhängig von politischen wetterlagen. gorbatschaw bestätigt als ausnahme die regel. schon in hegels sogenannter geschichtsphilosophie wird frisch von der leber weg gegen alles, was im osten liegt hergezogen. was den teutonen im vergleich mit dem westen, vor allem frankreich, fehlte, das mussten sie im osten ausgleichen durch überheblichkeit. indien, das wunderland, lag auch damals schon im osten und musste darum lächerlich gemacht werden.
die leutchen wissen meist nicht, was sie tun. so auch in diesem fall. die frühesten animositäten wurden wohl mit dem großen schisma vor tausend jahren produziert.
dass die kaiserlichen und die nazideutschen gen osten zogen, hat natürlich seine spuren hinterlassen. der ost-west-konflikt legte noch eine lage drauf. das sitzt für generationen.
unabhängig von diesen genannten konkreten grundlegungen des feindbildes ist ein jeder staat im krieg mit allen anderen, wie wir jetzt gerade demonstriert bekamen durch die gemeindiensterei.
wer sucht, der findet auch bald einen zeugen für seine vorurteile.
mit mymind zu schließen:
Sätze wie :
aber ich brauche keine KGB-Fresse als Verkörperung alles Guten & Wahren, ...
sprechen für sich!
grüße, hy
Einfach zu erklären mag das für Sie sein, H. Yuren - einfach zu verstehen finde ich das keineswegs. Sinn scheintmir Ihre Antwort nur zu ergeben, wenn ich Putin mit Russland gleichsetzen würde. Aber über Putin ziehe ich frei von der Leber her - und mache daraus, wie Sie sehen, auch kein Geheimnis.
Eine interessante Kurzvorlesung (inklusive Indien), aber die Relevanz in diesem Zusammenhang sehe ich nicht.
Was ich schade finde, dass in dem Blog zu 90% die Außenpolitik als Putin-Russland-Bewertungskriteriumg vorkommt. Mich zum Beispiel interessiert an Russland (wie bei den USA) viel mehr die Innenpolitik - ob Demokratisierung, Ethnien, Wirtschaft, Gesellschaft.
Der Grund ist der, dass ich kein Russisch spreche oder lesen kann, Herr Szopa. Und die englisch- oder deutschsprachigen Online-Publikationen Russlands finde ich vielleicht gerade so aufschlussreich wie "Tatsachen über Deutschland" - gibt es auch als Broschüren im Taschenbuchformat an den Botschaften und Konsulaten; nur weniger aktuell.
Gehe ich nach den englischsprachigen chinesischen Medien, die speziell für ein ausländisches Publikum gemacht werden, und den chinesischsprachigen Inlandsmedien, vermute ich, dass die Diskrepanz zwischen den Themenschwerpunkten und der Art der Berichterstattung für Aus- und Inland recht groß ist.
Aber da komme ich, wie gesagt, sprachlichnicht ran.
Ich nehme nicht für mich in Anspruch, unparteiisch zu sein, Herr Paulsen. Irgendeinen Tod müssen wir alle sterben, und ich mache kein Hehl daraus, dass Putin mir zuwider ist, und dass meine Sympathien für Amerika - nicht zu verwechseln mit "Freundschaft", denn das ist ein Begriff, den ich nur auf sehr wenige Menschen anwende -, weit größer sind als im FC-Schnitt, verberge ich ebensowenig.
Das hat nichts mit profitablen Netzwerken zu tun - ich gehöre keinen an -, sondern das ist meine Position. Für jeden erkennbar.
Verzerrung hat etwas mit Willkürlichkeit zu tun - für mich schwingt da auch eine Andeutung von Propagandismus mit. Mit Verzerrung habe ich nichts am Hut. Den von 30Sec erwähnten Walter van Rossum werde ich wohl mal gehört, aber auch wieder vergessen haben. Nicht vergessen habe ich allerdings Uwe Krügers Medienanalyse - und die habe ich auch in der FC mehrfach thematisiert. Zum Beispiel hier im Beitrag, und hier in einem Kommentar.
Ich meine, ein verständiger, "medienkompetenter" Leser kann mit Beiträgen wie mit meinen umgehen, ohne dabei von einem wie auch immer gearteten korrekten Pfad gelenkt zu werden.
Über Sestanovichs Aussage, es habe sich bei Obamas Gipfel-Absage nicht um Verärgerung gehandelt, lässt sich sicherlich streiten, und über die Zielhierarchie, die der Absage zu Grunde lag, lässt sich spekulieren. Schlichtweg als Unwahrheit wurde sie aber - in diesem Thread jedenfalls - nicht abgetan. Das wurde lediglich versucht.
Und auch "Nicht-Verhandlungen" (also in diesem Falle Nicht-Treffen) sind Verhandlungen - nämlich Vorverhandlungen oder Verhandlungen über Verhandlungen. Dafür gibt es viele Beispiele, und kategorisch zu behaupten, es handle sich bei einem solchen Vorgehen um die Strategie beleidigter Leberwürste Teil des Spin-doctoring um diese Verhandlungen herum.
Wer will, kann auch das eine "Verzerrung" nennen. Ist aber vermutlich eine sehr alte Technik, und jedem etwas fortgeschrittenen Politiker oder Unterhändler vertraut.
Die Kritik über "90% Außenpolitik" bezog sich nicht so sehr auf Sie - da man im Blog sieht, dass Sie sich auch nur auf eine andere Quelle beziehen.
Dennoch wünsche ich mir einfach, generell, bei Betrachtung eines Landes eine "innere Perspektive". Also, "Wie sieht Russland / USA / China von innen aus?" und nicht "Wie sehe ich Russland / USA / China in ihrem Bezug auf uns (Deutschland, Polen, etc.)"
Ich als "Pole" werde und wurde auch immer wieder kritsiert, dass meine Putin-Kritik ja fast "vererbt" sei, etwas "typisch polnisches" - ohne daß man sich mit meinen Argumenten auseinandersetzen wollte. Dabei kenne ich Russen und Russland wie die Sprache "relativ" gut, und wenn ich die Politik kritisiere, ist es - wie bei den USA übrigens auch! - weil ich mir Besseres für das Land und die Menschen dort wünsche.
Über Russland auf Englisch:
http://en.novayagazeta.ru/
http://www.kommersant.com/about.asp
http://www.themoscowtimes.com/
Vielen Dank für die Links. Beim "Kommersant" finde ich allerdings neben den Hausinformationen keine englischsprachigen Artikel, und die "Moscow Times" scheint mir vom Auftrag her sehr der "Global Times" aus dem "China-Daily"-Verlag zu ähneln.
Spannender sieht mir die "Novaya Gazeta" aus. Was allerdings - vermute ich - immer fehlen wird, sind Innenansichten der russischen Presse. Ausländischen Lesern vermittelt man vieles anders als Inlandslesern.
Was ich allen "Auslandsdiensten" - ob Radio, Fernsehen oder Zeitung - wünschen würde, wären reine Übersetzungen der Inlandsnachrichten, -berichte und -kommentare. Radio Beijing (heute China Radio International) kamen dem mal sehr nahe, nähern sich aber heute einer Art RTL-Format der 1960er bis 1980er an. Tendenz "easy listening", und weit entfernt von vielen Inlandsprogrammen, die sich bis heute eher wie der alte "Schulfunk" anhören.
Und das nicht nur für Schulen, sondern für einen Großteil der Bevölkerung. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, dass nur eigene Sprachkenntnisse helfen können, in ein Land hineinzuhören.
Wäre ein Russland-Blog nichts für Sie?
Na, das war aber wieder ganz schön kampagnenhaft, wie?
Schreiben Sie mir?
Nun, ich will ja nicht kleinlich sein & habe auch wie immer einen Song parat. Diesmal aus einem Land, das nur so von ´Kultur sprießt´.
Aber bitte nicht persönlich nehmen: Ich habe den Song weder komponiert, noch produziert oder gesungen...;-))
https://www.youtube.com/embed/3i6OrOZwtmA
Nein, bleiben wir doch noch ein bisschen in Russland und in diesem Thread, Tai De. Hier wurde ja streckenweise Anstoß daran genommen, dass ich Putin eine KGB-Fresse nenne. Und es stimmt ja: Fresse hört sich irgendwie nett an, wie unter guten alten Freunden.
Wächserne Fratze [des] Totalitarismus - über den Begriff sollte ich nachdenken.
(Ganz unter uns: ich glaube, der Diez hat bei mir abgeschrieben und die Fresse noch ein bisschen verschärft.)
Danke, ich bin gerührt: Ich mag doch die Romy so gerne!
Aber Kaiserin werden, ach nö _ wurden die nicht immer umgebracht? Nee, dat is mir den Preis nicht wert, da denke ick doch lieber an mich & meine Liebsten & verzichte auf den Klimbim & überhaupt da irgendso einem Volk da auf die Beene zu helfen. wer bin ick denn?
Auf jeden Fall nicht Mutter Teresa, die kommt ja vom Balkan, heute ist sie Albanierin, aber sie iss dann nach Indien ausgewandert, nicht wahr? Also dat hat sie zumindest ganz jut gemacht, oderr? Weg von diesem Elend & hin zu Menschen, die das Mitgefühl & die Arbeit einer Nonne noch zu schätzen wussten.
Aber Zarin von Russland, sozusagen als Nachfolgerin von Putin, na ja, das hätte doch was. Also die Pussy-Girls würde ich sofort amnestieren & nach Berlin ausfliegen & somit in die Freiheit entlassen, dort gibt es sehr sehr viele interessante Kirchen, die sich für Auftritte auch eignen.
Den Chodorkowsky würde ich auch begnadigen, der darf dann nach NY, dieser unglaublich aufgeregten Hype-City. InUSA kann er dann wieder einklaufen, oder wie man das dann so nennt, & an die Meistbietenden dann verkaufen, wenn er es denn überlebt.
Wen haben wir denn da noch...?
Ach ja, den Edward _ sein Name macht schon was Royales her, gell? _ den heirate ich & mache ihn zu meinem Berater _ da weiss ich doch immer wie die restliche Welt so denkt. Deswegen kann ich auch getrost den vernachlässigten Minderheiten ihre Rechte gewähren. Sollen sie tanzen, lachen, Spaß & mehr haben, meditieren, beten oder sich einfach nur so am Leben freuen, weil es mehrheitlich in unserer Bewusstseinsebene erstmal nur dieses eine gibt...
Ach ja & die Natinalhymne wird dieses Lied, das von dem deutschen ´Freund´komponiert wurde.
https://www.youtube.com/embed/3ipTFxPNfdg