Damit werde eine über 79 Jahre andauernde Tradition abgebrochen, so der Sender in seiner Ankündigung per Website und zu Beginn und Ende seiner täglichen Kurzwellensendungen.
Die Schließung des Auslandsrundfunks wird regelmäßig mit der laufenden Privatisierung serbischer Medien durch die Mitte-Rechts-Regierung in Belgrad in Verbindung gebracht. Während allerdings neben über 40 anderen serbischen Medienorganisationen die Nachrichtenagentur Tanjug (gegründet 1942) zum Verkauf stehen soll, traut man dem Internationalen Radio Serbien offenbar kein profitables Eigenleben zu und schließt ihn lieber gleich. Damit komme man im übrigen der Europäischen Union entgegen - so zumindest zitiert "Balkan Insight" die serbische Regierung. Warum es dann allerdings in der EU den BBC World Service, Radio France Internationale oder die Deutsche Welle noch geben darf, bleibt unklar.
Tatsächlich handelt es sich beim Auslandsrundfunk um ein Element der unter Außenpolitikern und Diplomaten gern beschworenen "public diplomacy" - oder auch der "digital diplomacy". Allerdings wirken die Auftritte Radio Serbiens, verglichen z. B. mit den stahlgrau aufgemotzten Seiten des Auslandsfernsehens und -radios Deutsche Welle, geradezu altbacken. Den Kontrast mögen Normalverbraucher zwar als wohltuend empfinden; am politischen Jetset aber möchte man von derart uncoolen Auftritten wohl nichts wissen.
Eine privatwirtschaftliche Existenz von Auslandssendern wäre nicht ganz ohne Beispiel. Die Vorläufer des öffentlichen US-Auslandsdienstes Voice of America waren privat betriebene Kurzwellenstationen. Der Kurzwellendienst des NBC soll vor dem Zweiten Weltkrieg in sechs verschiedenen Sprachen gesendet haben. Allerdings übernahm 1942 das Office of War Information die Auslandsprogramme, und nach Kriegsende das Department of State. Seit den 1980ern bemühen sich wieder amerikanische Privatsender auf Kurzwelle um Hörer im In- und Ausland - mit wechseldem Erfolg.
Der serbische Staat müsste sich seinen Auslandsrundfunk vermutlich etwas kosten lassen, wenn er ihn beibehalten – und damit konkret etwas anfangen – wollte. Dafür, dass man den Sender als zumindest potenziellen außenpolitischen Aktivposten betrachte, gab es aber in den vergangenen Jahren aber kaum Anzeichen.
Serbisch-Programme hatten einen recht hohen Anteil an der täglichen Sendezeit; ebenso Englisch, Deutsch und Russisch (wobei zuletzt womöglich nur noch in den Abenstunden gesendet wurde). Daneben ängstigten sich noch knappe fünfzehn Minuten Chinesisch am Tag im Programm, und verbraten wurden in den fünfzehn Minuten ungefähr die gleichen Themen wie in den ausführlicheren Programmen auf Englisch oder Deutsch, so als wären die EU-Beitrittsverhandlungen Serbiens für Chinesen von vergleichbarer Bedeutung wie für Kontinentaleuropäer. Um das wieder gut zu machen, sendete man aber offenbar auch nur für Auslandschinesen in Europa: der ferne Osten war gar nicht erst als Zielgebiet ausgewiesen.
Für nicht-englisch- oder serbischsprachige Hörer oder Leser wird nach der Schließung Radio Serbiens nicht viel Information aus dem Balkanland bleiben: Tanjug bietet online bisher jedenfalls nur serbisch- und englischsprachige Artikel an, darunter vor allem Nachrichtenartikel.
Es wäre naiv, Radio Serbien für eine objektive Informationsquelle zu halten - es gibt keine "public diplomacy" ohne mehr oder weniger gezielte Propaganda. Aber der Sender bietet das eine oder andere Kulturprogramm und serbische Musik.
Und wer glaubt, z. B. chinesische Hörer oder Leser gingen überwiegend entspannt mit der englischen Sprache um, kann über die Beijinger oder Shanghaier Geschäftswelt nicht weit hinausgekommen sein – von der ein Großteil im übrigen ebenfalls allenfalls dürftiges Englisch spricht.
Die Deutsche Welle hat ihre Selbstbeschränkung der letzten Jahre - und ihre Konzentration auf ein englischsprachiges Programm - vor allem damit begründet, man wolle sich auf "Meinungsbildner" oder "Meinungsführer" in den Zielländern konzentrieren. Zunehmend rückt auch eine angebliche Notwendigkeit in den Focus, sich »schwerpunktmäßig mit russischer Propaganda auseinanderzusetzen. Das sind vielleicht keine besonders klugen Pläne, aber es sind immerhin überhaupt Pläne.
Aus Belgrad aber scheint es keinen Plan zu geben, sondern lediglich ein unverhandelbares Ziel: weg mit dem Auslandssender. Das ist umso bedauerlicher, als Radio Serbien in der europäischen Medienlandschaft eine zwar kleine, aber auch oft abweichende Stimme vom EU-geleiteten Mainstream ist. Aber vielleicht ist das aus Sicht der Regierung in Belgrad auch just ein Problem.
In ausländischen Sprachen jedenfalls werden vor allem Stimmen von Politikern im Ruhestand vernehmbar, z. B. die des früheren Außenministers Živadin Jovanović (in der Spätphase der Regierung Miloševićs) und die ehemaligen Kulturminister Bratislav Petković (regierende Progressive Partei), Nebojša Bradić und Dragan Kojadinović. Als Fürsprecher des Senders sind sie offenbar wenig einflussreich, und alle politisch noch aktiven Fürsprecher des Senders scheinen Oppositionspolitiker zu sein.
Am 30. Juni verlängerte das serbische Parlament die Privatisierungsphase der dafür bestimmten Medienhäuser auf den 31. Oktober. Anträge der Oppositionsparteien, auch die Frist für Radio Serbien entsprechend zu verlängern, wurden laut einem recht bitter gefärbten Bericht des Senders vom gleichen Tag nicht angenommen.
Kommentare 6
An den Bändern von MW, LW und KW können wir bald unsere Wäsche aufhängen, da sich da kaum noch ein Sender tummeln will und wird. Vorgeschoben werden natürlich immer die Sende-Kosten im Zeitalter des Internets. Man möge nur hoffen, dass es in Europa mal nicht ein Szenario ohne Internet gibt und Menschen bleiben uninformiert, da sie ja auch keine Radios mehr haben, die tragbar sind.
Vor einigen Tagen war ich noch fasziniert, wie ein Amateurfunker Kontakt nach Australien bekam. Alles... mit etwas Strom, Technik, Antenne. Alles... ohne Nachwuchs aus der übersättigten Handygeneration.
An den Bändern von MW, LW und KW können wir bald unsere Wäsche aufhängen, ...
Naja, so schlimm ist es im Rundfunkbereich noch nicht. Bei Ingolstadt gibt es einen 10-kW-Sender, der montags auf 6070 kHz ein einstündiges Programm des DARC überträgt - und sonntags läuft das selbe Programm über Moosbrunn in Österreich, ebenfalls auf 6070 kHz, aber mit 100 kW. 6070 kHz - wenn ich mich recht erinnere, sendete dort in den 1970ern/80ern Radio Japan auf Deutsch, "teilte" sich die Frequenz aber mit einem RFE-Sender aus Bayern und einem dem eng verbundene Störsender. Das eine ging im anderen unter, und aus dem fernen Osten war schon gar nichts Verwertbares aufzunehmen.
Und ein deutschsprachiger belgischer Sender betreibt in der Eifel einen Klein-KW-Sender, der auch als Relais für mehrere Auslandsdienste - RAE Buenos Aires, Radio Belarus, Radio Ulan Batar usw. arbeitet. Eigentlich ist sowieso aus allen fünf Kontinenten, plus - im Frühjahr und Herbst - der Antarktis, etwas zu hören.
Ist zwar ein weniger großes Gedränge auf der KW als früher, aber dafür kann man dort jetzt Sender hören, die früher keine Chance gehabt hätten.
Vor einigen Tagen war ich noch fasziniert, wie ein Amateurfunker Kontakt nach Australien bekam.
Ja, das geht mir auch so. Das Internet ist eine feine Sache, aber Radio bleibt für mich das Medium.
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Schön, dass die - inzwischen eher Freak- - Meinung von den grenzüberschreitenden, mit einfacher hausüblicher Technik kostenlos erhältlichen Radiowellen auch hier ein paar Fürsprecher auf den Plan ruft. Ob's was nützt...? Die Deutsche Welle jedenfalls existiert ja im "richtigen" Radio ebensowenig mehr wie viele andere Sender. An anderen Orten wird auch kritisiert, dass der Deutschlandfunk seine - unbeabsichtigt zum Teil grenzüberschreitenden - Mittelwellensender zum Jahresende abschaltet:
http://radioforum.foren.mysnip.de/read.php?8773,1148722
Nun ja - der Staat verpisst sich, und die Privaten rücken nach. DP07 beerbte schon vor Jahren Norddeich Radio, und inzwischen auch die schwindenden Seewetterberichte über die öffentlich-rechtlichen Lang- und Mittelwellen.
Auf Kurzwelle übrigens - das gab's nicht mehr, seit die Deutsche Welle ihre Deutschprogramme auf KW einstellte.
Ob's was nützt...?
Och, ich glaube, das ergibt sich von selbst. Ob Hardware oder Medium - so ganz verschwindet (fast) nichts aus dem Alltag. Auch die Amplitudenmodulation bleibt - und sei es als strategische Reserve.
Es wäre naiv, Radio Serbien für eine objektive Informationsquelle zu halten - es gibt keine "public diplomacy" ohne mehr oder weniger gezielte Propaganda.
Ach, ja...aber hat RS auch nur ansatzweise in den vergangenen Jahren Desinformationen & Lügen verbreitet wie die Medien aus den sog. demokratischen Ländern im Westen?
Wie auch immer _ das war keine gute Entscheidung dieser Regierung, die dem IWF-Programm folgte. Haben Sie das nicht gewusst oder absichtlich verschwiegen _ JR?
By the way: Die sog EU- Kommission begrüßt das auch...Wo kämen wir schließlich hin, wenn es noch Medien gäbe, die nicht voll & ganz von der westlich bezahlten Clique gestaltet wird. Manch ein Chefredakeur aus dieser Klientel verdient in Serbien 10.000€ |Monat...