Selbstkontrolle

Uran in Trinkwasser Trotz nachgewiesener Nierenschädigung keine Grenzwerte

Viele Verbraucher greifen auf Mineralwasser zurück, weil sie diese für gesünder als Leitungswasser halten. Die Inhaltsstoffe sind ordentlich auf dem Etikett aufgelistet. Nicht angegeben wird jedoch der Urangehalt des Wassers. Und der ist bei vielen Mineralwässern höher als beim Leitungswasser.

Uran gelangt über das Sickerwasser des Bergbaus oder uranhaltigen Phosphatdünger ins Grundwasser. Aber nicht nur menschliche Aktivitäten sind Ursache für erhöhte Urankonzentrationen in der Umwelt. Auch natürlich kommt der Stoff häufig vor, vor allem in seiner leicht löslichen Form. Besonders belastet sind Gebiete Sachsens, Thüringens und Bayerns. Die Urankonzentration in deutschen Flüssen liegt zwischen ein und drei Mikrogramm pro Liter, im unbeeinflussten Grundwasser zwischen ein und mehr als 100 Mikrogramm pro Liter. Bis zu welcher Konzentration Uran im Trinkwasser zumutbar ist, darüber sind sich die Experten weltweit nicht einig. Während die US-amerikanische Umweltbehörde EPA einen Grenzwert von 30 Mikrogramm pro Liter festgelegt hat, empfiehlt die WHO einen Wert von nicht mehr als 15 Mikrogramm. In der deutschen Trinkwasserverordnung gibt es überhaupt keinen Grenzwert für Uran. Das Umweltbundesamt empfiehlt jedoch, den Höchstwert von zehn Mikrogramm nicht zu überschreiten.

Nicht die Radioaktivität des Stoffes ist das Problem, sondern seine chemische Giftigkeit. Uran zählt zu den Schwermetallen und wirkt ähnlich wie Blei, Cadmium und Quecksilber nierenschädigend. Das zeigten Versuche an Ratten, Mäusen und Kaninchen sowie Studien an Menschen, die längere Zeit einer erhöhten Urankonzentration im Wasser ausgesetzt waren. Bei einer über mehrere Jahre angelegten Untersuchung in Finnland traten leichte Störungen schon bei einer Urankonzentration von zehn Mikrogramm pro Liter Trinkwasser auf. Bei empfindlichen Personen waren hier die Glukoseausscheidungen im Urin erhöht, was ein erstes Zeichen für eine Fehlfunktion der Niere sein kann.

Diese Studie wird auch für den vom Umweltbundesamt empfohlenen Höchstwert herangezogen. "Lebenslang duldbar wären Höchstwerte von zehn Mikrogramm pro Liter. Wenn dies technisch noch nicht umsetzbar ist, dürfen sie für höchstens drei Jahre bei 20 Mikrogramm liegen", erklärt Herrmann Dieter, Toxikologe und Biochemiker beim Umweltbundesamt. In 90 Prozent der Wasserwerke würde der Höchstwert derzeit eingehalten, die restlichen zehn Prozent würden ihn bis zu einer Konzentration von 30 Mikrogramm pro Liter überschreiten. Aufbereitungsverfahren existieren zwar schon, sind aber zum Teil recht kostspielig oder befinden sich noch in der Erprobung. Vermehrt wird am Einsatz biologischer Filter geforscht. In den Filtern enthaltene Bakterien könnten das Uran aus dem Wasser binden.

Jeder Verbraucher kann die Uranwerte des Trinkwassers bei seinem Wasserwerk erfragen. Anders sieht es bei Mineralwasser aus. Uran gehört nicht zu den Inhaltsstoffen, die der Hersteller deklarieren muss. Im Prinzip müsste auch hier der gleiche Höchstwert gelten wie für das Leitungswasser. Bei den Mineralwasserherstellern gilt das Prinzip der freiwilligen Selbstkontrolle - oder eben nicht. So fand das Landesumweltamt Sachsen im Jahr 1999 in einem tschechischen Mineralwasser eine Konzentration von 188 Mikrogramm pro Liter. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig untersuchte im Jahr 2003 über 200 Trinkwasserproben aus aller Welt. Die gemessenen Urangehalte lagen von unterhalb der Nachweisgrenze (0,015 Mikrogramm pro Liter) bis 232 Mikrogramm pro Liter. Der überwiegende Teil wäre gemäß dem WHO-Wert als unbedenklich einzuschätzen, 6,6 Prozent der Proben überschritten diesen Wert, einige davon erheblich. Auf diese Untersuchung beruft sich auch das Bundesinstitut für Risikobewertung in einer Stellungnahme vom März 2004. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass von der Mehrzahl der untersuchten Trinkwässer keine Gefahr für den Verbraucher ausgehe, empfehlen aber eine erneute Bewertung auf europäischer Ebene.

Herrmann Dieter hält die Einführung eines gesetzlichen Grenzwertes für zu aufwändig, da die Trinkwasserverordnung gerade erst novelliert wurde. "Ein solcher Grenzwert hätte auch die Konsequenz, dass ständig kontrolliert werden müsste", erklärt er. Es bleibt also zunächst bei der freiwilligen Selbstkontrolle.


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