Nicht das Design bestimmt das Bewusstsein

Kommentar zur aktuellen Eskalation der Gewalt in Deutschland und den Blütenträumen ihre Befriedigung

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Die Anschläge der letzten Tage wurden alle von Migranten ausgeführt. Nur, wer wollte ausschließen dass demnächst enthemmte, ideologisch aufgeladene von Verlustängsten getriebene und nach Vergeltung dürstende ethnische Deutsche ähnlich vorgehen? Zur Zeit hält sie nur ab, dass ihre Ideologie nicht auf jene Art radikal ist wie die des militanten Islam und ihre Todessehnsucht nicht so groß. Faschistische Selbstmordattentäter gab es in Deutschland meines Wissens das letzte Mal 1980 auf dem Oktoberfest. (Obwohl auch hier nicht davon auszugehen ist, dass der Attentäter beabsichtigt hat sich selbst zu töten. / Und auch beim NSU lagen die Tode der Opfer und die der Täter zu weit auseinander um von Selbstmordattentaten zu sprechen.)

Die Ursachen für die Eskalation der Gewalt sind bekannt, wenn auch strittig:

  • Auf Seiten der Migranten ist es nicht ihre Einwanderung nach Deutschland, sondern ihre Unterwanderung durch feindliche Kämpfer.
  • Auf Seite der ethnischen Deutschen ist die Ursache der Gewalt nicht die Migration. Sie ist lediglich der Auslöser. Ursache sind die (bevorstehenden) Verteilungskämpfe zwischen den sozial benachteiligte Schichten aller Ethnien aufgrund der seit 35 Jahren betriebenen neoliberalen Politik und der sich damit verschärfenden Ungleichheit zwischen Arm und Reich.

Soweit so bekannt. Bekannt ist ebenfalls, dass viele sich links Wähnende der sozialromantischen Hoffnung nachhängen, trotz des erwähnten ökonomischen Zusammenhangs durch Social Engineering die Akzeptanz für Migration zu erhöhen und die Gefahr rechter Gewalt zu reduzieren.

Ein paar Blicke in die Geschichte deuten darauf hin, dass es sich bei bewusstseinsbildenden Maßnahmen letztlich um sozialromantische Träume handelt die vor den gesellschaftlichen Fakten zu scheitern drohen.

  1. Die Assimilation deutscher Juden, die sich als Deutsche mit jüdischem Glauben sahen, hat sie nicht davor geschützt vernichtet zu werden. Woher nehmen jene linken Sozialromantiker den Mut zu behaupten bei einer gelungenen Integration, die geringere Anpassungsleistungen als Assimilation verlangt, würden die Migranten bereitwillig und dauerhaft in der Gesellschaft aufgenommen? Bei jeder gesellschaftlichen Krise würden die Migranten und ihre Nachkommen existenziellen Gefahren ausgelieifert sein. Wer Migranten einem solchen Risiko aussetzt kann nicht links sein.
  2. Die Durchlässigkeit der Schranke zwischen sozialen Schichten ist in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern gering. Die Juden in Deutschland beispielsweise konnten zwar Kapitalisten werden aber eben kaum Junker oder Offizier. Wie oft hat es in Deutschland einen "Tellerwäscher zum Millionär" geschafft? Alle gängigen Erfolgsbiografien zeigen, dass die Betreffenden am Startpunkt Ihrer Karriere nicht Knecht oder Arbeiter waren sondern zumindest Angestellter oder Gewerbetreibende. Nur in der Politik und Justiz ist das anders. Da werden Emporkömmlinge geduldet. Auf heute oder morgen übertragen wird sich zeigen, ob die Quote der im Land geboren Migranten in den Chefetagen von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen oder der Armee die Wahrnehmungsschwelle erreichen wird. Noch einmal: Es geht um die Quote nicht um Einzelschicksale. Wer nun auf die Idee kommt beispielsweise Migranten-Quoten in Vorständen zu fordern, würde sich die Verachtung der biodeutschen Unterschicht zuziehen. Zurecht, weil er die Gleichbehandlung mit Füßen träte. (Ähnliche Effekte erzielte bereits der Vorschlag der Grünen für den nächsten Bundespräsidenten. Hier ventilierte man die Vorstellung einer Kandidatin mit Migrationshintergrund.)
  3. Bekannter Maßen sprachen die europäischen Ostjuden das mit dem Mittelhochdeutschen verwandte Jiddisch, da sie im Mittelalter mit Pogromen aus Deutschland vertrieben worden. Der Mensch ist dispositiv, zum Guten hin wie zu Schlechten. Wenn die Eskalation der Gewalt weiter steigt, ist nicht auszuschließen, dass derlei wieder geschieht. Auch im Hinblick darauf, dass der Bildungsstand der Bevölkerung seinen Zenit überschritten hat. Insbesondere bei der Unterschicht.

Diese drei Beispiele zeigen: Würde sich die Linke von ihrer Sozialromantik verabschieden und einen historisch materialistischen Standpunkt einnehmen, hätte sie eine Chance ihr bevorstehendes historischen Versagen bei der eigenen Wählerschaft abzuwenden. So wie sie heute agiert, droht ihr das gleiche Schicksal wie das der SPD mit deren HartzIV-Politik.

Es wird sich zeigen, ob es nach der nächsten Bundestagswahl Linke geben wird, die diesen Kurs nicht weiter unterstützen und sich absetzen. Wünschenswert wäre ein weitgehend gleiches Programm wie das der Linken mit dem einzigen Unterschied, sich in der Migrationspolitik den nord- und osteuropäischen Staaten anzunähern. Zur Erinnerung: In Schweden, Tschechien und der Slowakei regieren Sozialdemokraten und keine xenophoben Protofaschisten.

Meines Erachtens wäre das die wirksamste Waffe gegen die AfD.

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