Wenn von „Informationsgesellschaft“ die Rede ist, dann denken die meisten Menschen an das Internet und die endlosen Weiten des World Wide Web. Doch die Weitergabe eines umfangreichen Datensatzes über Steuerflüchtlinge hat gezeigt, dass die modernen Kommunikationstechnologien auch zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Schwarzgeldkonten geeignet sein können. So wurden dem Internationalen Konsortium für investigativen Journalismus (ICIJ) rund 2,5 Millionen Dokumente über die Geschäfte von Briefkastenfirmen und Investmentgesellschaften zugespielt, die ihren Sitz häufig in Steueroasen haben. Medienberichten zufolge prüft das ICIJ derzeit, ob die Daten unter Beachtung des Quellenschutzes öffentlich zugänglich gemacht werden können.
Eine zügige Weiterleitung an die staatlichen Stellen wäre freilich von großer Wichtigkeit. Denn eine im Jahr 2012 vom Tax Justice Network erstellte Studie besagt, dass es sich weltweit um Geldsummen zwischen 16,4 und 25 Bio. Euro handeln soll, die in Steuerparadiese transferiert wurden. Dieses gigantische Ausmaß verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, Steueroasen trockenzulegen.
Dabei werden unter Steueroasen solche Staaten verstanden, die keine oder nur geringe Steuern erheben und den Anlegern höchste Verschwiegenheit zusagen. Bei vielen dieser Anleger handelt es sich um Privatpersonen oder Unternehmen, die nicht versteuertes Geld in ein Steuerparadies überweisen, weltweit ein kaum durchsichtiges Geflecht aus Firmenbeteiligungen herstellen und das Schwarzgeld dann verteilen. Ohne Mitwirkung der Niedrigsteuerländer war der Steuerflucht bislang kaum beizukommen. Und diese Staaten sind bislang nicht ausreichend zur Zusammenarbeit bereit gewesen, weil deren Wohlstand oft auf dem "Geschäftsmodell Steueroase“ basiert.
Doch die Zeiten der Steuerflucht in finanziell diskrete Staaten könnten sich dem Ende zuneigen. Denn inzwischen besteht die Möglichkeit, enorme Datenmengen weltweit in kürzester Zeit zu verbreiten. So kommen schrittweise immer mehr Schwarzgeldkonten und Briefkastenfirmen zum Vorschein. Dank der neuen Technologien besteht endlich die Chance, Steuerflucht und schwarzen Kassen einen Riegel vorzuschieben.
Kommentare 7
..."Doch die Zeiten der Steuerflucht in finanziell diskrete Staaten könnten sich dem Ende zuneigen"...
Besonders in Hessen, gemacht wird nur, was gewollt ist.
Gruss
Stimmt, der politische Wille muss schon vorhanden sein. Doch vor dem Hintergrund der hohen Staatsverschuldung könnte sich der Wind drehen.
IT kann noch viel mehr, Herr Rüsen! Nämlich Finanzströme völlig transparent machen, wobei es nicht um den gläsernen Bürger geht, sondern um Großorganisationen, die eine Schar von Juristen und Strohfirmen beschäftigen, um eben diese Rekonstruierbarkeit des Woher-und-Wohin zu verhindern. Wenn der o.g. politische Wille da ist, dann ist es jetzt technisch möglich Transaktionen zu tracken!
Re-commenting von
https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/ueberraschungspost/@@view#1365347484297200
->
Erst ist das Lamento groß, später wird es dann von Regierungs- und Banker-Seite heissen, dass man leider nichts machen kann ... Glatt gelogen, denn es gibt eine Art GPS-Tracking für Transaktionen, eine API, entwickelt vom Open Bank Project.
http://www.openbankproject.com/
Sogar Forbes berichtet schon darüber!
http://www.forbes.com/sites/tomgroenfeldt/2013/04/01/open-bank-api-connects-third-party-apps-like-mint-or-foreign-languages-to-banks/
More:
http://thenextweb.com/insider/2013/02/13/open-bank-project/
GPS-Tracking ist natürlich als Metapher gemeint – denn nicht jeder weiss, was eine API ist :-)
>>Stimmt, der politische Wille muss schon vorhanden sein.<<
Wenn alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, dann ist er vorhanden. Sonst nicht.
>>Doch vor dem Hintergrund der hohen Staatsverschuldung könnte sich der Wind drehen.<<
Das wohl eher nicht. Denn wer von den Zinsen profitiert gibt doch gerne ein paar Mäuse für die Lobby aus, oder nicht?
Luxemburg hat angekündigt, einen verstärkten Informationsaustausch zu erwägen. Insofern bin ich doch optimistisch, dass Steuerflucht mehr und mehr eingedämmt wird.
@Kai Rüsen
Sie schreiben
"Eine zügige Weiterleitung an die staatlichen Stellen wäre freilich von großer Wichtigkeit. Denn eine im Jahr 2012 vom Tax Justice Network erstellte Studie besagt, dass es sich weltweit um Geldsummen zwischen 16,4 und 25 Bio. Euro handeln soll, die in Steuerparadiese transferiert wurden. Dieses gigantische Ausmaß verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, Steueroasen trockenzulegen."
Was soll diese "zügige Weiterleitung an die staatlichen Stellen" denn bringen? Diese "erwägenden" staatlichen Stellen haben in Deutschland so viele Stellen von Steuerfahndern gestrichen ... - warum wohl?
Diese "staatlichen Stellen" sind ein aktiver Teil dieses Steuervermeidungs und -betrugssystems.
Dazu kann man übrigens googlen.