Zypern pocht auf Schutz der Kleinsparer

Einlagensicherung Zur finanziellen Rettung Zyperns plante die EU einen Beitrag der Kleinsparer ohne Freibeträge. Damit wurde das Vertrauen der Bevölkerung in den Euro beschädigt.

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Der Schock saß damals tief, vor nunmehr über vier Jahren. Am 15.09.2008 meldete die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an. Mit dem Konkurs der „systemrelevanten“ Großbank spitzte sich die weltweite Finanzkrise weiter zu. Um besorgte Bürger zu beruhigen, traten Anfang Oktober 2008 Kanzlerin Merkel sowie der damalige Finanzminister Steinbrück vor die Kameras und erklärten, dass die Spareinlagen sicher seien. Freilich bezog sich diese Garantieerklärung nur auf Deutschland.

Doch auch die EU reagierte für ihre Verhältnisse schnell. Bereits im März 2009 wurde eine Richtlinie erlassen, dass ab dem 31.12.2010 in jedem Mitgliedstaat Bankeinlagen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro abgesichert sein müssen. Jedes Land war verpflichtet, diese Vorschrift in nationales Recht zu transformieren. Auch Zypern hat die EU-Richtlinie eingehalten – die Kleinsparer des Inselstaats wähnten ihr Geld in Sicherheit.

Allerdings haben die Kleinanleger nicht die Spitzfindigkeiten der Juristen bedacht. Denn die Einlagensicherung gilt de jure nur, wenn eine Bank in Konkurs geht. Vor dem Zugriff der Politiker ist dieses Geld nicht geschützt. So haben am letzten Wochenende die EU-Finanzminister ein Hilfspaket an das krisengeschüttelte Zypern davon abhängig gemacht, dass auch Kleinsparer einen Beitrag zur Rettung der zyprischen Banken sowie zur Sanierung der Staatsfinanzen leisten sollen. Auch bei Einlagen unter 100.000 Euro würden 6,75% an den Fiskus zu entrichten sein – wenn es nach EU und IWF gegangen wäre.

Doch die Welle der Empörung schlug hoch – nicht nur in Zypern selbst, sondern weltweit. Von einer Teilenteignung durch die Hintertür war die Rede. Einige Finanzexperten bescheinigten der EU im Umgang mit Kleinanlegern ein hohes Maß an Dreistigkeit gepaart mit Inkompetenz. Vor diesem Hintergrund hat das Parlament in Zypern die Notbremse gezogen und das umstrittene Gesetzesvorhaben zunächst gestoppt. Vermutlich wird es nun zu neuen Verhandlungen zur Lösung der zyprischen Finanzprobleme kommen.

Das ursprüngliche Vorgehen von EU und IWF legt einmal mehr nahe, dass die Eurorettung in erster Linie eine Rettung der Vermögen der Hochfinanz darstellt. Auf zyprische Kleinanleger wurde nach den ersten Plänen keinerlei Rücksicht genommen. Nicht einmal Freibeträge waren vorgesehen. Wenn also die Politik davon spricht, Vertrauen in die europäische Währung zu gewährleisten, dann dürfte in erster Linie das Vertrauen der Finanzmärkte gemeint sein, die von Großanlegern und Aktionären dominiert werden.

Dies wird sich hoffentlich bald ändern. Denn Bevölkerung und Politiker des kleinen Inselstaats im Mittelmeer haben sich mutig gegen die EU-Beschlüsse gestellt und damit ein wichtiges Zeichen gesetzt. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Menschen in Italien, Spanien und auch Deutschland mit der zyprischen Bevölkerung solidarisch erklären.

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