In der Stadtbahn begegneten wir zwei jungen Vätern mit ihren Kindern, die ihren Schlachtgesang einübten („Auch Nazis essen Döner“) und dabei viel Spaß hatten. Das überzeugte uns. Wir schlossen uns den Bielefelder Massen an, die zur Demo gegen die Demo der Partei „Die Rechte“ strömten.
Auf dem Rathausplatz warteten wir bei Live-Musik und Ansprachen auf die Fans von Ursula Haverbeck, der Holocaust-Leugnerin und Spitzenkandidatin ihrer Partei bei den Europawahlen, die an diesem Tag in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld ihren 90. Geburtstag feierte. Wir warteten mit vielen irgendwie linken Gutmenschen, mit Verdi, GEW, SPD, AWO, Caritas und Antifa; auch die rüstigen Rentner von der MLPD waren dabei. Tausend Polizisten aus mehreren Bundesländern hielten uns in Schach.
Als die "Rechte" endlich unter Gelächter und Buh-Rufen den Rathausplatz passierte - vielleicht 500 Leute aus ganz NRW, unter ihnen viele muskulöse Jungmänner und ältere Herren mit großem Scheuermann – tat sie uns fast leid.
Aber nur ganz kurz. Wir feierten unsere bunte Stadt im Cafe um die Ecke, bis gegen Abend die Neonazis in den Regionalbahnen abreisten und die Polizei die Abriegelung der Innenstadt aufhob.
Es war uns klar, die Extremisten aus der Mitte der Gesellschaft - unsere Nachbarn und Kollegen - werden ein anderer Gegner sein.
P.S.
Die Lokalzeitung berichtet am Montag, die Neonazis hätten bei ihrer Abschlusskundgebung vor dem Landgericht Volkslieder gesungen und „deutsche Gedichte“ vorgetragen.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.