Deutsche Sonntage

Einer wird 70 Wer wir waren und wer wir sind

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Wenn die Spinne Langeweile
Fäden spinnt und ohne Eile
giftig-grau die Wand hochkriecht,
wenn's blank und frisch gebadet riecht,
dann bringt mich keiner auf die Straße,
und aus Angst und Ärger lasse
ich mein rotes Barthaar steh'n,
und lass' den Tag vorübergeh'n,
...

Ein strahlender Sonntag im März. Ein Restaurant auf dem Gelände eines Golfplatzes im Umland der Stadt. Der Jubilar (70) hat zum Brunch eingeladen. Etwa 50 Gäste – Familie, Freunde, ehemalige Kollegen, Nachbarn.

Stehempfang mit Sekt. Dann zum Auftakt drei Musiker von der Städtischen Philharmonie (Trompete, Kontrabass, Schlagzeug). Sie spielen populäre Lieder. Wir singen den Refrain mit (Aber bitte mit Sahne).

Der Jubilar begrüßt die Gäste, launig, entspannt, selbstironisch. Und nun guten Appetit!

Am Bufett (Salate, Rosmarinkartoffeln, Ratatouille, Spitzkohl, Zander, Rinderschmorbraten) und am Tisch Plaudereien mit anderen Gästen: noch mal Großeltern geworden… im Sommer wieder an die Jammerbucht… Nachfolgerin ist dabei, die Schule zu ruinieren … Schulz bringt wenigstens Leben in die Bude… B. hat Gürtelrose… Spielen Sie auch Golf?...

Dann Reden: der älteste Sohn, der Freund aus Kindertagen, ein Kollege aus den frühen Jahren an einer Bielefelder Reformschule, der Alt-Bürgermeister, ein Nachbar. Die Enkelin präsentiert mit Laptop und Beamer alte Fotos aus dem Familienalbum.

Schließlich Kaffee und Kuchen und Gespräche. Bei einer Zigarette draußen am Standaschenbecher erzählt M., er habe sich zur Operation (Prostata) entschlossen. Wir zucken zusammen und wünschen viel Glück.

Abschied: Was für ein schönes Fest… Tolle Location… Hoffe, wir sehn uns mal wieder… Kommt gut nach Hause…

Wenn zur Ruh' die Glocken läuten,

Kneipen nur ihr Licht vergeuden,
dann wird's in Couchecken beschaulich.
Das ist dann die Zeit, da trau' ich
mich hinaus, um nachzusehen,
ob die Sterne richtig stehen.
...

Verse aus dem Lied Deutscher Sonntag (1965) von Franz-Josef Degenhardt

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Geschrieben von

koslowski

"In Saloniki / weiß ich einen, der mich liest, / und in Bad Nauheim./Das sind schon zwei." (Günter Eich, Zuversicht)

koslowski

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