Ein Fan aus Dhaka

Angekommen Auch gelingende Integration hat ihre Tücken

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Während wir Brasilianern und Mexikanern beim Fußballspielen zuschauten, sagte Souvik: „Ich finde Neymar gut. Und Seehofer auch.“ „Warum denn den Seehofer?“

Ich war erstaunt. Souvik (20, Hindu) war vor 2 ½ Jahren mit der Hilfe von Schleppern nach Deutschland gekommen. Er besucht seitdem eine Förderklasse an einem Berufskolleg. Am Ende dieses Schuljahres erwirbt er den Hauptschulabschluss nach Klasse 10. Sein Antrag auf Asyl wurde Anfang dieses Jahres abgelehnt, er hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz und ist ausreisepflichtig. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidung des BAMF mittlerweile bestätigt. Das Ausländeramt der Stadt hat ihm jetzt eine Duldung bis Ende des Monats gegeben. In dieser Zeit soll er sich um Passersatzpapiere bemühen. Er sucht weiter nach einem Ausbildungsplatz im Handwerk. Das Amt hat ihm, wenn er einen Ausbildungsvertrag vorweisen kann, eine Duldung für 3 + 2 Jahre in Aussicht gestellt.

„Du weißt, dass Seehofer die deutschen Grenzen dicht machen und illegale Einwanderer wie dich schnell abschieben will?“

„Ach, ich krieg ne Duldung. Ich finde gut, dass er was gegen die vielen Muslime tut. Die haben mich und meine Familie in Dhaka verfolgt. Zu viele Muslime sind nicht gut für Deutschland.“ Er nickte und schwenkte seine kleine Deutschlandfahne.

Ich schüttelte den Kopf, dachte, dass seine Integration vielleicht schon etwas zu gut fortgeschritten sei, und begann, ihm zu erklären, dass … als Neymar ein Tor schoss. Souvik schwenkte die Fahne. Wir bestellten eine zweite Cola.

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Geschrieben von

koslowski

"In Saloniki / weiß ich einen, der mich liest, / und in Bad Nauheim./Das sind schon zwei." (Günter Eich, Zuversicht)

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