Haltewunschtaster

Tage wie dieser Von Rollatoren, Zettelkästen und dem Abstiegsgespenst

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Am Ende des Tages, beim letzten Bier auf der Terrasse, war mir klar, dass schon die Bewahrung des Status quo ein Erfolg wäre.

Morgens auf dem Wochenmarkt: Der Ex-Kollege, nun um die 80, freute sich an der Fischtheke über seinen Rollator aus Aluminium, den er im Baumarkt für wenig Geld („78,95€“) erstanden habe, und empfahl mir diese Investition in meine mobile Zukunft.

Gegen Mittag in der Kunsthalle: Luhmanns Kasten mit 90000 Zetteln im Din-A-6-Format, im Foyer als Abbild seiner Systemtheorie und cooles Kunstwerk („Vom Glück des Findens“) ausgestellt. Hier hat ein grauer Mann mit Aktentasche sein Lebensprojekt realisiert: "Theorie der Gesellschaft, Laufzeit: 30 Jahre, Kosten: keine". Aber wie kann einer glauben, mit einem subtilen Ordnungssystem für Stichworte, Notizen und Exzerpte den Mechanismen der Gesellschaft auf die Schliche zu kommen?

Am Abend auf der Alm: Nach 90 Minuten verließen wir ernüchtert die Westtribüne und dachten mit Wehmut zurück an die Euphorie des Frühsommers („Niemand erobert den Teutoburger Wald!“) .

Auf dem Heimweg in der Stadtbahn fiel uns auf, dass im neuen Waggon das vertraute, Hoffnung spendende Schild mit dem langjährigen Lieblingswort fehlte: „Haltewunschtaster“.

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Geschrieben von

koslowski

"In Saloniki / weiß ich einen, der mich liest, / und in Bad Nauheim./Das sind schon zwei." (Günter Eich, Zuversicht)

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