(1) „wenn ich weiter nichts zu tun habe, dann schreibe ich den ganzen Tag; morgens von 8:30 bis mittags, dann gehe ich kurz mit meinem Hund spazieren, dann habe ich nachmittags noch einmal von 14:00 bis 16:00 Zeit, dann ist wieder der Hund an der Reihe. manchmal lege ich mich auch eine Viertelstunde hin, ich habe mir angewöhnt, mich ganz konzentriert auszuruhen, so dass ich nach kurzer Zeit wieder arbeiten kann. ja, und dann schreibe ich in der Regel abends noch bis gegen 23:00…“
(2) „Über dessen Privatleben ist fast nichts bekannt. Niemals soll er ein Feierabendbier mit Kollegen genommen haben. Seine berühmte Ausrede: „Ich lese Hölderlin.“ Einem Interviewer sagte er lapidar: „Meine Frau ist gestorben, mein bester Freund ist gestorben.“
(3) „Also was ich als Plan hatte, war eigentlich immer eine Gesellschaftstheorie, eine Theorie für die moderne Gesellschaft. Das war auch die Zeit, wo der Marxismus wieder aufkam, wo ich also nur den Kopf schütteln konnte über so viel altmodische Vorurteile, aber verstand, dass man das nicht ohne eine adäquate Gesellschaftstheorie wirklich erledigen konnte, das Problem, so dass eigentlich die Frage war: Wie kommt man zu einer Beschreibung der modernen Gesellschaft?“
(4) „Man tritt in ein Haus ein, dreht den Türschlüssel um, die Frau ist in der Küche. Man möchte jetzt natürlich erst einmal zum Schreibtisch gehen und sehen, was die Post gebracht hat. Aber wenn man das tut, weiß man genau, dass sie darin eine Vernachlässigung sieht. Also geht man in die Küche. Sie aber weiß, dass man deswegen in die Küche geht, weil sie andernfalls annehmen würde, sie würde vernachlässigt werden. Und das wiederum? Das führt in die typische Familientherapie-Situation einer nicht ausgesprochenen Paradoxie: Ich tue das, was du willst, mit dem Bewusstsein, dass du siehst, dass ich das deshalb tue.“
(5) Von Bielefeld bis Japan
denken viele gerne an
seine coole Theorie
der Gesellschaft, die
am Teutoburger Wald entstand
und dann, wie allen ist bekannt,
Komplexität so reduzierte,
dass selbst Habermas resignierte
und mit ihm nur noch, das war fies,
die Kräfte maß im Tischtennis.
(Graffito am Niklas-Luhmann-Gymnasium in Oe. )
Kommentare 7
"Hölderlin statt Herforder Pils"
Jeder und jedes zu seiner Zeit, oder am besten: gleichzeitig.
Am besten hat mir das zitierte Graffito gefallen, und darin die letzten fünf Zeilen mit dem äußerst überzeugenden finalen Reim.
Als Marxist sage ich: ohne Rekurs auf Luhmann keine angemessene Gesellschaftstheorie, obwohl oder vielleicht gerade weil dieser Autor ein konsequenter bürgerlicher Ideologe ist. Das ist nicht ungewöhnlich, spielte schon Ricardo für Marx diese Rolle eines Zeugen von der Gegenseite.
Der Trick dabei ist ja, dass Luhmanns Konstruktivismus Realität völlig von Wirklichkeit trennt. "Die Realität der Massenmedien" etwa ist etwas komplett konstruiertes. Die Luhmänner haben eine völlig unbenutzte Wirklichkeit quasi als Reserve im Kofferraum, der auch ihre Gehirne angehören. So kommen sie mühelos überall hin, wo die dialektisch-materialistische Bürste sonst nicht hinkommt ...
Im Zettelkasten sehe ich die Möglichkeit einer Generationen-Kommunikations-Chance.
Wie sagt heißt es doch, bezogen auf die Eltern: Anfangs sind sie völlig blöd, haben überhaupt keine Ahnung, dann kommt der Moment, an dem man denkt, nun ja, ab und an ist ihre Meinung doch ganz passabel, schlussendlich: Wenn ich ihre Meinung jetzt nur erfragen könnte.
Nun nimmt man den Zettelkasten und kommuniziert.
Bleibt die Frage, lässt sich so ein Zettelkasten weiterführen? Oder muss jeweils ein neuer angelegt werden?
@Rüdiger Groethues
Das Kompliment gebe ich gern an den unbekannten Dichter weiter, wenn ich ihm begegnen sollte.
@W.Endemann
Die Entlarvung Luhmanns als „bürgerlicher Ideologe“ interessiert mich. Wäre für einen Literatur-Tipp dankbar.
@HADIE
„So kommen sie mühelos überall hin, wo die dialektisch-materialistische Bürste sonst nicht hinkommt ...“ – Stimmt, die begrenzte Reichweite trifft auch für die Luhmänner zu, die daraus auch nie einen Hehl gemacht haben.
@Mopperkopp
„Bleibt die Frage, lässt sich so ein Zettelkasten weiterführen? Oder muss jeweils ein neuer angelegt werden?“ – Der Zettelkasten ist ein Relikt der vergehenden analogen Welt, außerdem der Ausdruck einer sehr individuellen Bemühung um Wissen und Einsicht.
Ob nun analog oder digital, nun ja,lässtsich bestimmt immer zeitgemäß anpassen. Diagrammatik lässtsich auch noch einbauen.
"... der Ausdruck einer sehr individuellen Bemühung um Wissen und Einsicht."
Darum geht es mir, es soll kein Wiki-Ersatz sein, daher auch die kleine Familien-Vorgeschichte. Ich habe mir so einen "Zettelkasten" von meinem Großvater gewünscht ...
Leerstellen, wo seid ihr hin?