Mach's gut, Kathrin

Wir waren Freunde Das letzte Telefonat

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„Unsere ärgsten Feinde sind die Grünen“, sagte Kathrin, nachdem sie von sich und ihrer Familie erzählt hatte. Sie und ihr Mann seien aktiv in einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen. Dort habe sie festgestellt, dass es unter den AfD’lern vor Ort viele vernünftige Leute gebe. Deshalb sei es ganz falsch, nicht mit vernünftigen Rechten zu kooperieren. Im Ortsverein sei sie mit dieser Meinung ziemlich allein. Sie sei fast entschlossen, die Partei zu verlassen. Die habe eh keine Zukunft.

Wir hatten K. 1990 kennengelernt, als wir versuchten, die Sozialdemokraten in ihrem Ort im Nordosten der DDR in den bevorstehenden Wahlkämpfen zu unterstützen (erfolglos, denn gegen das Versprechend der „blühenden Landschaften“ war kein sozialdemokratisches Kraut gewachsen). Sie war als junge Lehrerin Mitglied der SED gewesen und war in den Wochen der Wende zur SPD gewechselt. Wir hatten uns befreundet, hatten teilgenommen an ihren politischen Niederlagen und den privaten Hoffnungen und Enttäuschungen in den Jahrzehnten danach. In den letzten Jahren waren die Kontakte nur noch sporadisch gewesen. Wir waren voll damit beschäftigt, unsere Leben in Ost und West auf die Reihe zu kriegen.

Nun der Anruf zum Geburtstag und das Gespräch über Energiewende, Klimapolitik, Flüchtlingspolitk (“Fremd im eigenen Land“) und die partielle Vernunft der AfD. Wir beendeten das Gespräch mit dem Versprechen, uns demnächst („nach so vielen Jahren“) mal wieder zu sehen.

Aber uns und ihr war klar, dass die Freundschaft der letzten Jahrzehnte zu einem Ende gekommen war.

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Geschrieben von

koslowski

"In Saloniki / weiß ich einen, der mich liest, / und in Bad Nauheim./Das sind schon zwei." (Günter Eich, Zuversicht)

koslowski

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