Zum Frühstück erscheint unangemeldet N. und berichtet bei Schwarzbrot, Rührei und viel Kaffee, wie froh er darüber sei, dass Willy damals mit seinem Radikalenerlass, der heute übrigens seinen 42. Jahrestag feiern könnte, dafür gesorgt habe, dass er nicht als Deutschlehrer sein Leben habe fristen müssen, sondern eine brillante Karriere in der Versicherungswirtschaft, bis zum Regionaldirektor, habe machen können. Wir wollen auf Willy trinken, finden aber keinen Alkohol im Haus. Mist!
B. ruft an. Ihre Fortbildung über „Individualisierung im Unterricht“ hat Pause. Alles laufe gut, die jungen Kolleginnen und Kollegen hätten viele gute Ideen, wie man die Arbeitsaufträge so formulieren könne, dass jeder Schüler/jede Schülerin das Shakespeare-Sonett erfolgreich bearbeiten könne. Glückwunsch und weiterhin viel Erfolg!
Eine Tochter ruft an: Ob ich ihren Weihnachtsbaum entsorgen könne? Heute sei der letzte Tag für die kostenlose Rückgabe am städtischen Wertstoffhof. Na klar!
Auf dem Wertstoffhof redet ein Kunde mit Schäferhund auf den Mitarbeiter ein: Syrer und der Islam gehörten nicht zu Deutschland, das müssten die da oben endlich mal begreifen. Ach Gott!
Am späten Nachmittag lese ich in der Stadtteilbibliothek mit David (12) aus Nigeria und Laura (16) aus Kroatien „Heidi“. Klappt ganz gut in einem Mischmasch aus Englisch und Deutsch. Staune darüber, wie sehr sie sich Mühe geben. Freuen sich auf den Kinobesuch in der nächsten Woche. Laura, seit vier Wochen hier, hat noch immer keine Schule, langweilt sich im Flüchtlingsheim und macht sich Sorgen, ob sie ihren Plan, technische Zeichnerin zu werden, verwirklichen kann. Rufe im Schulamt an, werde mit dem Sachbearbeiter verbunden (Überraschung!) und bekomme für Laura und mich morgen (Donnerwetter!) einen Termin. Glück gehabt!
Diskutiere am Abend in der Community mit einem Kollegen, der uns eloquent die Welt erklärt, Meinungen über Meinungen und den Gebrauch der indirekten Rede bei deren Wiedergabe. Ohne Erfolg. Was soll’s. War eh ein blöder Tag!
Höre auf der Fahrt zur Tanke im Radio einen Scherz, den ich noch nicht kannte: In Bielefeld werden Besucher der Parkhäuser bei der Einfahrt fotografiert. Ist der Besucher nach 14 Tagen immer noch nicht nach Hause zurückgekehrt, erhalten die Angehörigen zur Erinnerung das Foto. Der Autor: Ein Comedian aus Bielefeld, der für die „Welt“ schreibt. Blöd, aber trotzdem gut!
Warte auf B.. Letzte Nachricht: Der Intercity aus Köln hat zwei Stunden Verspätung wg. technischer Schwierigkeiten. Was tun? Vielleicht noch schnell ein Blog schreiben?
Kommentare 6
Nachdem die Willys im Radikalenerlass die guten Lehrer entlassen hatten kamen ja dann die Gesamtschulen in Mode (3000 Schueler) die eine Vielzahl von modernen Lehrern eingestellt hatten die sich wiederum mal null und nuescht auf die Schueler eingestellt hatten sondern lieber auf die naechste Demo Rennen wollten damit der Fahrpreis im oeffentlichen Nahverkehrsbetrieb nicht erhoeht wird. Mit dem kleinen Nebeneffekt dass die blauen Briefe von den Schuelern am Briefkasten abgefangen werden konnten und sich dann kein Mensch darum gekuemmert hat, selbst fuer die KlassenlehrerIN war die Brockdorfdemo wichtiger.
Gut das man jetzt Online einen kleinen Blog schreiben kann wenn man auf den Zug wartet, Eckhard Henscheid wuerde jetzt sagen "Wie gut das man kein Vollidiot war und dafuer gesorgt hat dass die Welt heute so ist wie sie ist", mal aus der Lehrerperspektive, ("Haben sie auch eine(n) Appfel?"), indirekte Reden und so...
;-)
Gruss
Ein einem Tag wie jeder andere, an einem Freitag ...
Apropos Henscheid: Der hat die Spaßgesellschaft, die hier inzwischen auch in den politischen Blogs die Macht ergriffen hat, mal so definiert:
"Gemeint war und ist mit der Spassgesellschaft eine Art dämonischer Neohedonismus spätheinesch-postnietzscheanischer Dionysität, kurz, die Durchgeknalltheit sämtlicher dazu entschlossener Deppen"
"Die Community eines irgendwie linken Meinungsmediums als Spaßgesellschaft - unter besonderer Berücksichtigung ihres Kampfes gegen Neoliberalismus, Gutmenschen und Willkommenskultur" - das wäre doch mal ein Thema für ein Qualitätsblog für Sie und die Kumpel.
Henscheid war seiner Zeit weit voraus, ich sage es ja, der hatte im Oederweg schon eine E Mail Adresse da gab es noch gar kein Internet. Aber mein Humor ist entschieden von Wiglaf Droste beeinflusst, der lag vor 25 Jahren taeglich am Kettenausleger.
P.S. Kumpel kann ich mir nicht leisten. die wollen immer das ich den Deckel mitbezahle, deshalb habe ich mich ja auch gleich 10000 Km verduftet...
..to be continued?...
..warum apart-heid ein gutes konzept für die geschlechter-frage ist...