In der Schlange vor dem Bäckerladen in der Bahnhofshalle traf ich am Morgen N., der auf dem Weg von der „Zwiebel“, wo er bei Bier und Bommerlunder das neue Jahr begrüßt hatte, nach Hause auf Bio-Röggelchen wartete und mir mit schwerer Zunge erklärte, warum die sächsischen Massen dafür Zeugnis ablegten, dass die opportunistischen Gutmenschen in den Hauptbahnhöfen und Flüchtlingsheimen nicht das deutsche Volk repräsentierten. Es sei beschämend für die Linken, dass ausgerechnet rassistische Kleinbürger aus der ostdeutschen Provinz mit der deutschen Tradition der Anpassung an bestehende Machtverhältnisse brächen. Wir müssten, wenn er wieder ganz nüchtern sei, unbedingt über linken Populismus reden. Der sei, glaube er, nämlich das Gebot der Stunde.
Wir verabschiedeten uns an der Brötchentheke. Er müsse jetzt, sagte er, erstmal bei Sardinen, Bio-Brötchen und Espresso über lechts, rinks und die ganze Scheiße nachdenken.
Und nun weiter zu den gesellschaftlich relevanten Blogs!
Kommentare 4
Sie vergaßen zu erwähnen, dass N. das Kopftuch über die Augen driftete. Populismus ist nur ein Schlagwort. Aua.
Na, da hat der gute N. sich ja ordentlich was vorgenommen... Bleiben Sie dran und berichten Sie weiter!
Kopftuch: N. trug dieses Hütchen, das auch der alte Leonard Cohen bei seinen Konzerten trägt. Schlagwort: Ich fürchte, N. hat Augstein gelesen und wird die Seriösität des Begriffs behaupten.
Werde ich. Man darf N. übrigens nicht unterschätzen: Nachdem er in den 70ern wegen seiner Mitgliedschaft bei den Roten Zellen Germanistik in Münster kein Lehrer werden durfte, machte er eine Lehre bei einer Versicherungsgesellschaft und ging kürzlich als deren Regionaldirektor in Rente.