Zuständigkeiten

Integration im Alltag Ein Vormittag im Ausländeramt

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09:00 Uhr im Bauteil A der Stadtverwaltung. Die Schlange vor der Rezeption des Ausländeramtes, wo die Nummern verteilt werden, ist lang. Nach 30 Minuten erhalten wir die Nummer 676, Wartezeit etwa zwei Stunden.

In den Warteräumen warten vor allem Geflüchtete – Familien mit noch nicht schulpflichtigen Kindern, Männer und Frauen jeden Alters, jeder Hautfarbe und jeder Muttersprache. Ruhige Stimmung. Ab und an patrouilliert die Security, ein blonder Riese mit stoischer Miene. Er muss nichts tun, potentielle Probleme lösen die Wartenden, indem sie Störenfriede auf Deutsch an die Regeln erinnern: Anstellen, nicht vordrängen, nicht rauchen, keine lauten Gespräche. Souvik trifft einen Landsmann aus Bangladesch, leises Gespräch in Bengali.

Kurz vor 12 leuchtet unsere Nummer auf. Der Mitarbeiter von Desk 28 hört sich unser Anliegen an: Die Stadt soll Souviks Antrag an die für die Verteilung zuständige Bezirksregierung Arnsberg unterstützen, nach dem Erhalt der Aufenthaltsgestattung hier bleiben zu dürfen, weil er einen Platz in einer internationalen Förderklasse des städtischen Berufskollegs gefunden hat; bei der Abschiebung in einen anderen Regierungsbezirk oder in eine andere Kommune sei zu befürchten, dass er, weil zwanzig Jahre alt und nicht mehr schulpflichtig, nicht die Chance erhalte, seinen Hauptschulabschluss nach Klasse 10 zu machen.

Der Mitarbeiter nickt und konsultiert einige Minuten lang seine kommentierte Ausgabe des Ausländerrechts. Bittet uns dann, draußen zu warten, er müsse den Abteilungsleiter fragen. Nach zehn Minuten teilt er uns die Entscheidung des Amtes mit: Eine Zuständigkeit der Stadt liege nicht vor, der junge Mann müsse seine Bitte der Zentralen Ausländerbehörde vortragen, hier sei deren Adresse, „viel Glück“.

Gegen 12:30 Uhr verlassen wir die Stadtverwaltung. Wir haben nichts erreicht, Regen prasselt auf den Vorplatz. „Zuhause“, sagt Souvik, „ist jetzt Monsun, aber viel wärmer.“

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Geschrieben von

koslowski

"In Saloniki / weiß ich einen, der mich liest, / und in Bad Nauheim./Das sind schon zwei." (Günter Eich, Zuversicht)

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