Simple Logik

Kommentar Kritiker der Ökosteuer vergessen ihre eigenen Lehren

Jetzt trommeln sie wieder. Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammern, parteipolitische Stimmenfänger und andere Experten ziehen gegen die Ökosteuer zu Felde. Auch vier Jahre nach ihrer Einführung haben sich die Gemüter noch nicht beruhigt. Wer seine wirtschaftliche Kompetenz öffentlich vorweisen will, der verabscheut diese Abgabe demonstrativ. Sie steht ganz oben auf der populären Streichliste der Hindernisse für einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Es ist noch nicht so lange her, da haben uns die Experten desselben Lagers die Ursachen für den Zusammenbruch der Ostblock-Wirtschaft erklärt: Die Staatswirtschaft habe die Preise willkürlich festgesetzt, das Preissystem spiegelte nicht die wirklichen Kosten der Produktion wider. Aber nicht nur ein Politbüro, auch der Markt ignoriert bei seiner Preisbildung systematisch ganze Bereiche der Produktionsbedingungen und zeigt nicht die wirklichen Kosten. Dies ist besonders deutlich beim Verbrauch natürlicher Ressourcen. Energieverbrauch zum Beispiel heizt die Atmosphäre auf, mit erheblichen Folgeschäden. Oder haben wir die "Jahrhundert-Flut" der Elbe schon vergessen?

Wären die Kritiker der früheren Ostblock-Wirtschaft mit ihrer - zutreffenden - Kritik an der Fehlsteuerung gesellschaftlicher Ressourcen wegen falscher Preise konsequent, dann müssten sie die Einführung der Ökosteuer begrüßen. Denn sie liegt in der Logik ihrer eigenen Argumente. Es müsste zwar nicht unbedingt diese Steuer sein, die den Umweltverbrauch in die Kostenrechnung der wirtschaftenden Subjekte einführte. Die Ökosteuer hat sich aber nun einmal als das am wenigsten bürokratische und praktikabelste Instrument herausgestellt. Dabei sind nicht die Details der Realisierung wichtig. So ist die Einführung des Prinzips, dass Ressourcen- und Umweltverbrauch nicht kostenlos sein kann, wenn nicht die Folgen finanziell erheblich kostenträchtiger sein sollen als ihre rechtzeitige Berücksichtigung.

Bei der rituellen Kritik an der Ökosteuer ist immerhin so viel richtig: national ist ihre Wirkung gering. Aber vor Deutschland hatten längst andere Länder der EU eine Besteuerung des Umwelt- oder Energieverbrauchs eingeführt: Dänemark, Finnland, Holland etwa. Für Verbreitung ist also längst gesorgt. Allerdings müsste die Ökosteuer dem Steuerzahler wieder verständlich gemacht werden, worum man sich anfangs noch bemühte. Danach überließ man die Aufklärung den Wirtschaftsverbänden. An jeder Tankstelle erfährt der Autofahrer seitdem, wie viel ihn die Steuer kostet. Wie viel sie ihm erspart, erfährt er nirgendwo.

Die Ökosteuer ist kein Symbol, an dem man krampfhaft festhalten müsste. Sie ist der erste, fehlerhafte, ungenügende Versuch, den wirklichen gesellschaftlichen Kosten des Wirtschaftens näher zu kommen. Wir können auch darauf verzichten. Schließlich können wir die Folgen immer noch auf Andere abwälzen oder sogar Fehlsteuerungen gewinnbringend organisieren. Geringer werden die Kosten deshalb allerdings nicht.

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