Die Prätentiösen und die Unprätentiösen

Kurzprosa zum Thema: Gesellschaft/Soziales

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Die Unprätentiösen deren schüchternen Blick einem sofort ins Auge fällt, weil sich in diesen Augen eine gewisse Scheuheit abzeichnet, welches sich dort bald eine krankhafte Schüchternheit herauskristallisiert, die dem Prätentiösen wohl niemals in den Sinn kommen würde, weil sie deren elitären Anspruch den sie hegen, solch eine Gefühlsregung nicht statthaft wäre und sie Schwäche statt Stärke ausdrücken würden, so dass eine derartig weinerliche Attitüde sich für die Prätentiösen von selbst verbietet.
Aber die Unprätentiösen verstecken sich gerne in der finsteren Nacht und schleichen wie Katzen an den Häusern der großen Stadt entlang, meistens fast lautlos und auf jeden Schritt bedacht. Also kann der Mensch auch ohne viel Anspruch das Leben meistern, ist es aber an Mangel an Geld ein sehr bescheidenes Leben, welches nicht Jedem zu sagen wird und es den Prätentiösen zu wider ist, denn die kennen so ein derartiges Leben nicht, denn in ihren edlen Gehirnen tobt der Größenwahn und die Liebe ist ihnen viel zu romantisch, da gehen sie doch lieber zu den Prostituierten, dort wo schneller Sex auf sie wartet, dort wo die Huren ihren “Dienst” verrichten. Ja, das ist der richtige Ort für die Prätentiösen, den die Unprätentiösen jedenfalls in dieser ekstatischen Massierung so noch nicht kennengelernt haben.
Schauen die Prätentiösen mit viel Spott auf die Unprätentiösen herab, mit einem schrecklichem Grinsen auf den Gesichtern und schneeweißen Zähnen, so als wollten sie mit einem gezieltem Biss, ihnen ihr blasses Gesicht verunstalten, so tun sie es dann lieber doch nicht, weil doch noch ein Funken Menschlichkeit in ihnen steckt und ihr Ressentiment gegen die Unprätentiösen nicht dazu führen sollte, zu eiskalten Mördern zu werden.
Deshalb ducken sich die Unprätentiösen gerne weg und verbleiben wie Kriminelle ähnlich in der Finsternis, stehlen aber sehr selten etwas in der Dunkelheit und schaffen es dennoch ein ehrbarer, vielleicht bescheidener Bürger zu werden, anspruchslos gegen Jedermann, anspruchslos gegen sich selbst und geben dabei niemals ihre Gesinnung auf.
Die Prätentiösen hingegen leben vielleicht lieber auf einem prunkvollen Schloss und feiern dort eine Party nach der anderen mit sehr attraktiven Frauen im Schlepptau. Doch können sie sie nicht heiraten, sind es doch in Wirklichkeit Kokotten, aber mehr als schöne Kokotten, doch sie machen es nur für Geld, doch die Prätentiösen wollen ja die Liebe ohnehin nicht, Kokotte hin oder her.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Karl Valentin

Schreiber mit einem Schuss Ironie

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