Dieser Mann bemerkte den Weihnachtsbaum nicht

Kurzgeschichte zum Thema: Traurigkeit/Verzweiflung

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Dieser Mann bemerkte den schönen Weihnachtsbaum nicht, der im Dunklen hell erleuchtet, von unzähligen elektrischen Kerzen einem Lichtermeer glich und eine stoische Ruhe verbreitete, im Gegensatz zu dem Mann, der doch sehr unruhig wirkte.
Dieser Mann mit dem kantigem Gesichtszug, sah den Weihnachtsbaum jedoch nicht, denn er war so in seine Gedanken vertieft, das er an zu träumen anfing und irgendwie auf einem fernen Planeten parkte, den er nicht kannte, der ihm deshalb aber sympathisch war, denn die Erde hatte ihm kein Glück gebracht.
Dieser Mann war eben ein Träumer, im wahrsten Sinne des Wortes und konnte mit der rauen Realität wenig anfangen und deshalb sah er diesen prachtvollen Weihnachtsbaum auch nicht, denn er bemerkte eigentlich nicht mehr viel, weil seine ausgeprägte Egozentrik ihn immerzu beschäftigte und nicht in Ruhe lassen wollte. So irrte er durch diese Kleinstadt wie ein Geist oder besser ausgedrückt wie ein Gespenst, doch jetzt zur Weihnachtszeit schneidete ihm ein eisiger Wind in die Lungen, so das es weht tat.
Nahm dieser Mann den Weihnachtsbaum auch nicht zur Kenntnis, so wußte er aber zumindest das Weihachten war und er einsam und allein durch die Stadt ging, dabei völlig in Gedanken versunken, alleine mit sich, alleine mit der Welt und so weiter. Würde er wenigstens diesen Weihnachtsbaum bemerken, vielleicht ging es ihm dann besser, vielleicht würde er dann über seinen Schatten springen können; doch er schaffte es nicht!
Er steckte sich nun eine Zigarette an, an deren Ende die helle Glut jetzt in der tiefen Nacht gut zu erkennen war und auch von Weitem sichtbar wurde.
Dieser Mann war zwar kein Kettenraucher, doch hin – und wieder steckte er sich einen Glimmstengel an, aber mehr zur Beruhigung als zum Genuss. So rauchte er auch an diesem Weihnachten bald schon obligatorisch, dabei durch die winzige Stadt marschierend, ohne festes Ziel, ohne mit einem geliebtem Menschen das heilige Fest feiern zu können und so blieb er also alleine mit sich und seiner Zigarette. Er hatte sie bereits zur Hälfte weg geraucht und schien sich krampfhaft an ihr festzuhalten zu müssen, als wäre sie ein Ersatz für einen Gesprächspartner, wohlgemerkt einem einsamen Gesprächspartner, wie jedes Jahr zu Weihnachten.
So marschierte dieser Mann nun weiter durch die Straßen dieser Kleinstadt, ohne festes Ziel, ohne jeglichen Sinn für die Realität und er wirkte jetzt trauriger denn je.

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Geschrieben von

Karl Valentin

Schreiber mit einem Schuss Ironie

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