Ein Mann geht seinen Weg

Kurzgeschichte über einen Mann, mit einer unheilbaren Krankheit und seinen Schwierigkeiten damit umzugehen

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Roland ging die vom Regen nasse Straße entlang und schaute sich die düsteren Wolken am Himmel an, so dass man davon ausgehen konnte, das es weiteren Regen geben könnte. Roland nahm dies mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis, ging aber weiter die Straße entlang, so als interessierte ihn dies scheußliche Wetter nicht, denn er wollte seinen Sparziergang weiter fortsetzen, bis er sein Ziel erreicht hatte, welches für ihn, höchste Priorität besaß. Es dauerte jedoch nicht lange, bis der Regen wieder einsetzte und Roland die grüne Kapuze über seinen Kopf zog, damit er einen ausreichenden Schutz gegen den Regen hatte und er weiter seines Weges gehen konnte. Da er beinahe zwei Meter groß war, war sein Schritt entsprechend lang und schnell, so dass er wohl der „flotteste Sparziergänger“ an diesem Tag gewesen sein könnte. So im Regen zu gehen, machte ihm manchmal durchaus Freude und Roland genoss jetzt dass verträumt sein, während er durch den Regen spazierte doch sehr und er konnte sich im Moment nichts Schöneres vorstellen. Den Ohrwurm: „ I'm singing in the rain“, den würde er jetzt gerne hören, doch dummerweise hat er seine Kopfhörer verlegt. So musste er an dieser Stelle improvisieren, in dem er ohne Musik zu hören, jenen Song vor sich her sang und das bei strömenden Regen, der kontinuierlich auf seine Kapuze prasselte, so das er es gut hören konnte. Mit einem Lächeln im Gesicht setze er seinen Spaziergang dann unbeirrt fort, in dem Wissen sein Ziel bald erreicht zu haben. Und es dauerte auch nicht mehr lange bis das Hospiz in Sichtweite war. Triefend nass klingelte er an der Türe des Hauses. Ein Mitarbeiter machte ihm auf und wünschte ihm einen guten Abend. Roland ging erschöpft die Treppen zu seinem Zimmer hinauf. Er setzte sich auf den Rand seines Bettes und dachte scharf nach. Denn er hatte Blutkrebs im Endstadium und musste sterben. Roland wusste darum und machte sich keine Illusionen. Das Hospiz war die letzte Station in seinem Leben. Draußen jedoch prasselte der Regen unablässig gegen die Fenster seines Zimmers, so dass ein gewisser Lärmpegel erreicht wurde, den Roland aber nicht bemerkte. Vielmehr beschäftigte ihn sein Krebs und sein vorzeitiges Ableben, welches ihn laut der Ärzte bereits in einigen Wochen ereilen könnte. So saß er dann, auf dem Rand seines Bettes und der Regen prasselte weiterhin gut hörbar gegen die Fensterscheiben. Aber dies interessierte ihn nicht, denn in Gedanken war er ganz und gar mit seinem Krebs beschäftigt und alles andere war ihm in diesem Moment mehr als unwichtig. Denn bald schon würde er sterben, das fühlte er jetzt deutlich. Bei diesen Gedanken jedoch, kamen ihm mit einem Mal die Tränen. Es waren bittere Tränen, aber selbst die, werden seinen Krebstod wohl nicht verhindern können.

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Geschrieben von

Karl Valentin

Schreiber mit einem Schuss Ironie

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