Gewinner und Verlierer

Kurzgeschichte über Hoffnung und Hoffnungslosigkeit im Leben wie im Beruf

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Schauen sich die Menschen tief in die Augen, als würden sie sich mustern, so als wären sie sich nicht geheuer, ist jenes Misstrauen berechtigt, sind wir Menschen schließlich auch nur Tiere, die manchmal miteinander kämpfen wollen, um den Sieger zu ermitteln, den Verlierer jedoch niemand mehr so recht sehen möchte. Der Verlierer steht eben im Schatten und der Gewinner im grellen Licht der Scheinwerfer und die Leute jubeln ihm frenetisch zu, als wäre er Gott gleich und am liebsten würden sie ihm die Hände küssen, wie es bei einer „Heldenverehrung“ üblich ist. Ja, alle wollen sie ihm so nah wie möglich sein, ihrem Idol, welcher später fleißig Autogramme schreibt, die weg gehen wie warme Semmeln und im Nu vergriffen sind. Den Verlierer aber, den haben sie längst vergessen! Er kauert vielleicht in einer Ecke eines Zimmers mit traurigen Augen und bleicher Gesichtsfarbe. Seine Lippen sind fast blutleer und von der Verbitterung schmal wie ein Strich. Er zeigt sich so nicht gerne in jener vertrackten Situation und wird wohl die Nacht über in dem Zimmer verbringen müssen. Dem Verlierer laufen zudem seine „Fans“ in Scharren weg, war er aber noch auf der Gewinnerstrasse, da klopften sie ihm schon mal gönnerhaft auf die Schulter, so als wären sie allesamt seine Freunde. Doch so viel „Freunde“ kann eine einzelne Person eigentlich garnicht haben, es sind eher „Fans“ oder „Verehrer“, die immer dann auftauchen, wenn ihr Idol einen Auftritt hat und sie ihm zu jubeln können und die komplette Veranstaltung zu einem einigen „Hype“ ausartet und scheinbar kein Ende nehmen will. Der Verlierer jedoch, sehnt sich nach Stille und Rückzug und schaut mit traurigen Augen zu Boden und beißt sich dabei auf die Zähne, so dass sie zu Knirschen beginnen. Er fühlt sich nackt und ohnmächtig, krank und leer und möchte seine Ruhe haben oder sich gar Schlafen legen, um zu vergessen was geschehen ist. Um nicht mehr die schmerzhaften Bilder vor seinen Augen ertragen zu müssen, die ihm sein „Loser-Image“ noch einmal verdeutlichen sollte, worauf er jetzt liebend gerne verzichten würde, wenn er es überhaupt könnte. Lieber schielte er wieder zu den Siegern, zu den Gewinnern unserer Gesellschaft, doch jene Orientierung machte ihn nur noch trauriger, würde er aber dennoch nur zu gerne erneut auf der Bühne stehen, um dort wie man es umgangssprachlich so sagt, die „Sau“ rauszulassen, - wie zu „alten Zeiten“ eben. Aber ein Verlierer zu sein, hat ihn doch nachhaltig geprägt und gestärkt. Denn niemals mehr wollte er deshalb noch einmal ein Verlierer sein, nein, niemals mehr, möchte er dahin zurück. Sondern ein Gewinner wollte er wieder sein, mit einem strahlenden Lachen im ganzen Gesicht, dass die Leute anstecken soll wie ein Fackel im Sturm und dann Lachen ihn seine „Fans“ so an wie früher einmal, als alles begann mit seinem Erfolgsstreben. Er war jetzt wieder ein Gewinner, ein „Leader“, wie man es auf Englisch so schön ausdrückt und er war jetzt so glücklich wie noch nie in seinem wechselvollen Leben und dass sollte auch vorerst so bleiben. Ja, es sollte tatsächlich so bleiben, jedenfalls wenn es nach ihm ginge und er würde alles daran setzen, dass Glück in Händen zu halten und es sich niemals wieder entreißen zu lassen.

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Geschrieben von

Karl Valentin

Schreiber mit einem Schuss Ironie

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