Lachen oder Weinen?

Essay über das menschliche Gemüt

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Er lachte mit hochgezogenen Mundwinkeln, so als würde er über sich selbst lachen, als möglicherweise über andere Menschen. Manchmal jedoch, da lachte er auch auf der Arbeit, leise vor sich hin -immer wieder einmal -, so, wie er sich gerade danach fühlte.
Aber wer herzlich lachen kann – über sich selbst bzw. andere Menschen-der wird sich jedoch darüber im Klaren sein, das es auch eine entgegengesetzte, traurige Seite an ihm gibt, die nach seinem ekstatischem Lachen, allmählich in sein Bewusstsein dringt und aus einem lachenden Mann, einen traurigen und weinenden macht, dem das Lachen längst vergangen ist, der den Kopf nun hängen läßt, als würde er niemals mehr in seinem Leben glücklich sein können. Das Umschalten von Weinen hin zum Lachen, und umgekehrt, wird sich wohl die Waage halten, doch keine der beiden Extreme, ist auf Dauer für das Individuum auszuhalten, obwohl man meinen könnte, dass das Lachen, größere Freude bereiten könnte, als eben ausschließlich nur Trauer und Kummer. So ist dies aber eine Milchmädchenrechnung, denn wenn man sich einmal vorstellen würde, ein Mensch, ein Individuum, müsste ständig lachen und könnte diese radikale Verhaltensweise auch nicht abstellen können, so würde es sich wohl wieder gerne nach dem Weinen und dem Traurigem sehnen, sollte sich jene „Lachorgie“ verselbstständigen.
Lachen kann ja auf den Menschen oft befreiend wirken, es sei denn es ginge über das normale Maß hinaus(wie oben schon erwähnt). Dann kann jenes Lachen durchaus zur Qual werden, wenn es auch nach längerer Zeit nicht in den Griff zu bekommen ist. Jenes „zwanghafte Lachen“, welches oberflächlich betrachtet, sich wie „echt“ anhört und niemand ahnen würde, wie der Mensch der so schallend lacht, sich quälen muss, um dies„Gelächter“ auszuhalten. So beißt er sich dann feste auf die Zähne, so dass jene laut zu knirschen anfangen. Hierzu wäre die traurige Variante wieder eine Option, um sich vom Lachen abzuwenden und sich von dem ständig „fröhlich“ sein distanzieren zu können.So kann das Individuum die Fähigkeit zur Traurigkeit wieder gewinnen, um eine stufenweise Abnahme, von der pathologischen „Fröhlichkeit“ zu erzielen. Ob dies jedoch tatsächlich gelingen wird, hängt vorallem von der „dauerhaft lachenden Person“ ab, die den Kampf gegen ihren „Lachfetischismus“ nun begonnen hat; sie aber nicht damit rechnen kann, jemals wieder traurige Momente zu erleben bzw. dem Weinen in irgendeiner Weise, etwas Schönes abgewinnen zu können.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Karl Valentin

Schreiber mit einem Schuss Ironie

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