Mann im Spiegel

Satire zum Thema Egoismus

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Ich starrte schon eine Weile auf einen größeren, länglichen Spiegel. Ich sah mein Gesicht dort etwas vergrößert, weil der Spiegel anscheinend so geschliffen war, das es sich so darstellte. Ich mochte dieses „Spiegelbild“ nicht sonderlich, war es durch die „Verzerrung“ doch auf merkwürdige Weise „entstellt“ und sah nicht mehr so ansehnlich aus, wie z.B. auf aktuellen Fotos von mir. Auch mit meinem Bauch war ich nicht zufrieden, wirkte dieser in diesem Spiegel doch eigenartig „verzerrt“ und sah dort viel korpulenter aus, als in Wirklichkeit. Warum ich in dem Laden ausgerechnet zu diesem Spiegel und zu keinem anderen ging, ist mir auch heute noch ein Rätsel. Ich muss wohl geradewegs auf diesen „Spiegel“ zugesteuert sein, als ich das Geschäft betrat und so bei mir dachte, es wäre ein ganz „normaler Spiegel“, den man auch als konventionell bezeichnen konnte. Das es dann so ein ausgefallenes „Exemplar“ von einem Spiegel war, konnte ich damals nicht wissen, so dass ich unverblümt darauf zu ging. Niemals hätte ich gedacht, das es einen Spiegel dort geben würde, welcher das „Abbild“ eines Menschen so verzerrt wieder gab, das die dargestellte Person (so auch meine), derart entstellt aussah, das ich nur noch angewidert in den Spiegel schauen mochte! Dabei bin ich die gleiche Person geblieben (mit und ohne Spiegel), so hat der besagte „Spiegel“ jedoch,,“Alles auf den Kopf gestellt", mit diesem verzerrten Spiegelbild, das ich völlig „von der Rolle war", obwohl ich mich doch jederzeit von ihm hätte abwenden können. Doch dieses „pathologische Spiegelbild“ hat mich wohl „magisch“ angezogen, so dass ich die Alternative hierzu, einen anderen „normalen“ anzusteuern, garnicht mehr habe erkennen können. Vielleicht sind ja die „normalen Spiegel“ ein wenig zu „normal“ für mich, das so ein „Exot von einem Spiegel“ doch eine willkommene Abwechslung war, als eben so ein herkömmlicher. So ist dieser „Spiegel“ in gewisser Weise etwas Besonderes, eine Rarität also! Dem konnte ich nicht widerstehen und blieb den herkömmlichen Spiegeln erst einmal fern bzw. bemerkte sie garnicht, obwohl genügend um mich herum standen. So hielt ich dem einen dem besonderen die Treue, der Rarität „unter den Spiegeln“ dort im Laden, auch wenn mein „Spiegelbild“ mich darin eher „erschrak“ als „amüsierte“.

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Geschrieben von

Karl Valentin

Schreiber mit einem Schuss Ironie

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