1945: Hüter ohne Haus

Zeitgeschichte Vor 70 Jahren wurde der Theologe Dietrich Bonhoeffer ermordet. Nach Kriegsende tat sich die Kirche schwer: Sollte sie den Verschwörer vergessen oder den Märtyrer ehren?
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 15/2015

Als die katholische Publizistin Benedicta Maria Kempner in den 60er Jahren über das Schicksal von Priestern im Dritten Reich forschte, holte sie beim Martyrium des Dietrich Bonhoeffer weit aus: „Als der Herr über die Sünden von Sodom und Gomorrha zornig war und die Städte vernichten wollte, versprach er Abraham, die Einwohner zu schonen, wenn unter ihnen zehn Gerechte zu finden wären.“ Bonhoeffers Familie habe mehr als zehn Gerechte gehabt. Auch sein Bruder, der Jurist Klaus Bonhoeffer, war von den Nazis ermordet worden. Ebenso die mit ihm verschwägerten Widerstandskämpfer Rüdiger Schleicher und Hans von Dohnanyi. Die Frauen der Hingerichteten kamen in Sippenhaft oder konnten fliehen. Bonhoeffers Zwillingsschwester Sabine war 1938 mit ihr