„Das jüngste Opfer des Handelskriegs“ (Welt) ist die spanische Olive. Die USA haben den Zoll auf Oliven aus Spanien um fast 35 Prozent erhöht. Seither ist die Ausfuhr spanischer Oliven in die USA dramatisch eingebrochen. In Zahlen: Im vergangenen Jahr exportierten die Spanier Oliven im Wert von rund 58 Millionen Euro – die USA gelten als wichtigstes Exportland. Der weltgrößte Olivenverarbeiter Agro Sevilla soll bereits rund 50 der rund 500 Olivenverarbeiter entlassen haben.
Das US-Handelsministerium argumentiert, die europäischen Subventionen auf die spanische Olive benachteiligten die kalifornischen Olivenbauer – viel zu billig, ein Kern Wahrheit liegt sicher darin. Während unsereins natürlich tonnenweise Oliven aus Spanien, Griech
en, Griechenland und der Türkei in die Tomatensauce rührt, steht die kalifornische Olive im Rewe-Supermarkt eher als Delikatesse vor einem im Regal, man verkneift sie sich, schon aus Klimaschutzgründen. Obwohl – den Chardonnay aus Kalifornien trinkt mancher dann doch, aus Kostengründen. Es zeigt sich aber, die Lage ist undurchsichtig, die Gewinner und Verlierer der Globalisierung oder von Zollbarrieren sind nicht ganz so lokalisierbar, von wegen hier die grünen, da die schwarzen Oliven. Man fragt sich, hat der„Kriegstreiber“ Trump, um im Narrativ zu bleiben, mit seinen Schutzzöllen nicht doch ein bisschen Recht?Erinnern wir uns an die so genannte Griechenlandkrise, als läge sie hinter uns, dabei ist sie ja nur vertagt, bis Sommer soll die letzte Rate aus dem dritten Rettungsprogramm gezahlt werden (und über die Situation der griechischen Olive wissen wir derzeit nichts). Jedenfalls – zum Höhepunkt der Krise war das Bild von Deutschland so: der böse Exportweltmeister, der die europäischen Nachbarn scheibchenweise zermalmt, zuallererst die armen Griechen dank einer gnadenlosen Austeritätspolitik made by Schäuble, dem Zuchtmeister (Varoufakis). Wahrheitsquote: 73,8 Prozent.Die spanischen Olivenproduzenten werden mit bis zu 27 Prozent bezuschusst, sagt Trump, sie machen die Preise der kalifornischen Händler kaputt. Stimmt das? Der Zoll an und für sich scheint jedenfalls nicht per se schlecht oder gut, man kann nicht einfach die erstbeste moralische Keule nach ihm werfen. Streng genommen ist Europa auch ein nationales Gefüge, jedenfalls in Position zu den anderen global playern. Nur "Europa first" sagt natürlich niemand. Neulich war zu lesen, dass Mexiko Einfuhrzölle von 20 Prozent auf Schweinefleisch aus den USA verhängen will. Gut so, denkt man, Rache ist Blutwurst. Wenn Trump Mexikaner ohne Aufenthaltserlaubnis radikal aus dem Land schmeißt, sollten Schweine aus Amerika auch nicht nach Mexiko dürfen. Auch nicht wenn sie geschlachtet sind. Es freut sich der deutsche Fleischriese Tönnes, seit Kurzem exportiert er tonnenweise Schweinefleisch nach Mexiko.Aber. Will man das alles?Wäre da noch die Migration. Hier gelten wir, die Europäer, als Mit-Verursacher von Wirtschafts- und Arbeitsmigration. Wenn man mal bei der Olive bleibt, einerseits, weil die subventionierten Europa-Oliven das schwarze Gold aus der Türkei, Marokko und Ägypten nonchalent aus dem Preiskampf kicken. Ist der Wettbewerb aus nordafrikanischer Perspektive nicht unfair? Andererseits: Wer pflückt die Oliven? Was sind das für Jobs? Es sind unbeliebte, schlecht bezahlte Jobs ähnlich wie das Spargelstechen in Deutschland, vielleicht schlimmer. Spanien unterhält bilaterale Abkommen mit überwiegend afrikanischen Staaten. Viele tausend Schwarzafrikaner machen den Olivenpflückerjob in Spanien. Seit Jahren wirbt der Mittelmeerstaat Gastarbeiter an, (ähnlich wie Deutschland in den sechziger Jahren). Die Gastarbeiter kommen vorzugsweise aus Marokko, aber auch aus Ländern südlich der Sahara werden Saisonarbeiter für die Intensivlandwirtschaft ins Land geholt. Die Arbeit im Olivenhain stellt sich nur der nachhaltige Verbraucher romantisch vor (und abends ein Schlückchen Kaltgepresstes). Nach der Saison kehren die Gastarbeiter oft in ihre Herkunftsländer zurück oder bleiben ohne Aufenthaltserlaubnis. Der Lohn eines Olivenbauern liegt achtmal höher als beispielsweise in Marokko; aber de facto wird auch der Hungerlohn eines Gastarbeiters aus Marokko subventioniert.Das alles ist nicht eingepreist in die Olive, die nach Amerika geschippert wird. Insofern irrt Trump, aber er hat Recht. Es ist einfach paradox. Wenn wir also von einem Handelskrieg sprechen, muss man fairerweise von der Asymmetrie dieses Krieges sprechen. Und zeigen, wer alles Waffen und Munition hat, Tomaten zum Beispiel. A propos, über TTIP spricht ja niemand mehr. War es womöglich als "Friedensabkommen" gedacht? Wollten "wir" aber auch nicht. "Und auch dafür gab es gute und schlechte Gründe", findet das Chlorhuhn.