Der Laubbläser, die Kettensäge

Herbst Unsere Kolumnistin wundert sich über gewaltvolle Gartengeräte
Ausgabe 48/2019
Sähe so das Setting für den „Termiten-Terminator“ aus?
Sähe so das Setting für den „Termiten-Terminator“ aus?

Foto: Imago Images/Felix Jason

Den Laubbläser im Schuppen zu lassen, lautet eine aktuelle Empfehlung des Bundesumweltministeriums. Eine sehr sinnvolle Empfehlung, finde ich. Nach allem, was ich höre, sollte man den Laubbläser am besten verbieten. Nur leider soll das gegen EU-Recht verstoßen. Manchmal wundert man sich ja schon, was alles nicht gegen EU-Recht verstößt, mithin legal ist, aber de facto eine unfassbare Sauerei, was solchen Leuten auf Anhieb vielleicht nicht einleuchtet, die ihren Garten hegen und pflegen wie die Küchenoberfläche, deshalb jede „Innovation“ begrüßen, die eine Arbeitserleichterung bedeutet. Natürlich sind Laubbläser so gesehen praktisch. Soll hier etwa etwas verboten werden?

Presslufthammerfeeling kommt auf, wenn im Dezibelbereich von um 110 geblasen wird, als würde die Kreissäge rotieren. Ich spürte lange eine ähnliche Euphorie beim Staubsaugen auf Super-Turbo. Es ist die heimliche Lust der Helikoptermutter, für kurz alle Macht zu haben, ein Sog und Rausch!

Aber wieso kein Verbot? Dann müssten die Leute einsehen, dass Laubbläser eine Sauerei sind, weil sie Insekten töten. Sowieso: Beim Staubsauger war ein Verbot von Geräten ab 900 Watt und 80 Dezibel doch möglich? Vielleicht hat auch keiner die Chuzpe, es sich mit der Gartenklientel zu verscherzen. Die Leute beharken sich heutzutage schon heftig und wählen dann die falsche Partei. „Jetzt wollen sie uns den Laubbläser wegnehmen“, heißt es dann. „Aber die ABM-Leute dürfen!“ (Das Ministerium hat die Kommunen zu verantwortungsvollem Einsatz angehalten.)

Ich stochere im Nebel, warum es nicht der alte Rechen tut, habe aber gut reden, beschäftige mich mit goldenem Herbstlaub allenfalls zufällig. Ich weiß aber, der Laubbläser tarnt sich als Gartengerät. Sein Sog erzeugt eine Luftgeschwindigkeit von bis zu 160 km/h, ein Zyklon ist das aus Perspektive der Insekten. Manche haben eine Häckselfunktion … Gäbe es einen Film über den Laubbläser, es wäre ein Splattermovie. Neulich durfte das Kind Terminator gucken und war begeistert. Ich schätze, das Kind würde ein Laubbläser-Splattermovie mit Termiten mögen.

Wer hat den Laubbläser überhaupt erfunden? Die Japaner? Ich kann mir das gut vorstellen, bei denen ist alles aufgeräumt und man rätselt, ob diese Kirschblüte da wohl aus Plastik ist. Und: Japaner und Deutsche sollen ja ähnlich ticken … Jetzt aber nicht vom Faschismus anfangen zu schwätzen! Erfunden hätten die Japaner aber sicher eine geräuscharme Variante des Laubbläsers.

Ein schwäbischer Düsentrieb aus Metzingen? Würde passen, die Schwaben, das sind doch die mit der Kehrwoch und den astrein lackierten Autos. Die Erfinder der amerikanischen Zeichentrickserie Die blaue Elise, dem Erdferkel, welches sich die schlaue Ameise Charlie mit dem Rüssel einverleiben will, werden es nicht gewesen sein. Die Deutschen waren es jedenfalls, die aus dem süßen Erdferkel einen Ameisenbär machten, den „Ameisenfresser“. Da sieht man mal, wie sehr wir uns für das manische Einverleiben von harmlosem organischen Material begeistern!

Immer noch am Fenster, ich muss jetzt raus. „Wissen Sie“, frage ich auf dem Weg eine kommunale Gärtnerin (es röhrt ein Laubbläser), „dass man Laubbläser verbieten will?“ „Was? Wie? Nö.“ Dabei guckt sie argwöhnisch in meine Komfortzone. Macht ganz schön Lärm? „Aber das Ding erleichtert die Arbeit.“ „Wie haben Sie es denn vorher gemacht?“, frage ich. Sie, da schon ziemlich indigniert: „Ja, mit der Hand!“

Katharina Schmitz schreibt im Freitag als Die Helikoptermutter über die Unzulänglichkeiten des Familienlebens

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Geschrieben von

Katharina Schmitz

Redakteurin „Kultur“, Schwerpunkt „Literatur“

Katharina Schmitz studierte Neuere Geschichte, Osteuropäische Geschichte, Politikwissenschaften, Vergleichende Literaturwissenschaften und kurz auch Germanistik und Romanistik in Bonn. Sie volontierte beim Kölner Drittsendeanbieter center tv und arbeitete hier für diverse TV-Politikformate. Es folgte ein Abstecher in die politische Kommunikation und in eine Berliner Unternehmensberatung als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ab 2010 arbeitete sie als freie Autorin für Zeit Online, Brigitte, Berliner Zeitung und den Freitag. Ihre Kolumne „Die Helikoptermutter“ erschien bis 2019 monatlich beim Freitag. Seit 2017 ist sie hier feste Kulturredakteurin mit Schwerpunkt Literatur und Gesellschaft.

Katharina Schmitz

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