Es ist doch so: Lange Jahre ähnelt das Leben der Freunde dem eigenen. Viele studierten, öfter etwas Brotloses. Später dann gestiegene Ansprüche, auch weil Kinder da sind. Dazwischen kommen der falsche Job, höhere Mieten, Zeit- und Werkverträge, wenige feste Stellen, noch weniger gut bezahlte feste Stellen. Oder gar kein Job. Aber nicht für alle, denn vielleicht kommt auch – eine Erbschaft.
Julia Friedrichs ist irritiert, als der erste Freund ein Berliner Townhouse bezieht. Ein anderer sucht eine Immobilie im Halbmillionensegment. Woher kommt der plötzliche Reichtum?, fragt sich die Autorin von Gestatten: Elite (2008) und Ideale: Auf der Suche nach dem, was zählt (2011) in ihrem neuen Buch Wir Erben. Was Geld mit Menschen macht (Berlin Verlag). Dabei beleuchtet sie auch einen Aspekt der Gentrifizierung, den man so noch nicht bedacht hatte: „Hast du eigentlich geerbt?“
Wäre das denn ein Problem? Wo gestorben wird, wird vererbt, im Osten natürlich weniger, die West-Arbeiterkinder können aber auch nichts erwarten. Alles nur Sozialneid auf die „Reichen“ also? Ganz so einfach ist es nicht. Die Erbschaftswelle, die in den nächsten Jahren auf uns zurollt, wird das Klima in einer ohnehin brüchigen Gesellschaft weiter belasten. Bis 2020 werden in Deutschland bis zu vier Billionen Euro nahezu unversteuert vererbt, über die Hälfte der Deutschen wird jedoch nichts oder Schulden erben. Experten sprechen zum zweiten Mal nach den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg von einer „Erbengesellschaft“. Auf rund 250 Milliarden Euro wird die jährliche Erbsumme geschätzt, fast so viel wie die Steuereinnahmen im Bundeshaushalt 2014. Die Welle ist vielmehr ein Tsunami. Über zwei Jahre hat Friedrichs der alten und neuen Erbengeneration nachgespürt, sie hat mit Freunden und Bekannten gesprochen. Es sind Erben, die Dankbarkeit fühlen, aber auch großes Unbehagen und eine Last. Sie wissen, das Erbe ermöglicht einen Lebensstil, für den man – nun ja – nichts geleistet hat.
Götz Werner ist stolz
Manche hätten lieber Steuern gezahlt. Sie hat prominente Superreiche getroffen, vergeblich an versperrte Türen geklopft, eine Bittstellerei, die sie einmal richtig wütend werden lässt. Sie hat eine boomende Branche entdeckt, mit Erbanwälten, Notaren, Nachlassverwaltern und Nachfolgeberatern, hat in Abgründe geschaut mit Unglück, Streit und Mord.
Sie hat Redselige wie den dm-Gründer Götz Werner gesprochen. Der Patriarch erklärt stolz, mit der dm-Stiftung habe er sein Eigentum „neutralisiert“ und seine sieben Kinder vor jeweils um die 160 Millionen Euro bewahrt. Das ist vorbildlich, aber dafür ist die gemeinnützige Stiftung ziemlich geheimniskrämerisch organisiert. Sind Stiftungen die Lösung? Nein, meint ein Stiftungs-Experte: „Die Bürger lassen sich eines ihrer vornehmsten Rechte abkaufen, nämlich gemeinschaftlich organisiert über Parteien und Parlamente darüber zu befinden, wofür der Staat sein Geld ausgibt.“
Braucht Deutschland neue Eigentums- und Nachfolgeformen? Ja! Aber der Kampf gegen den Feudalkapitalismus erweist sich angesichts dynastischen Denkens als schwierig. Erbschafts- wie Vermögenssteuer sind angstbesetzte, komplizierte Themen, kontaminiert durch Kampfbegriffe wie Sozialneid und Enteignung. Es gibt falsche Solidarität, denn man könnte ja selbst Glück haben und erben. Es ist kein Thema fürs Wahlprogramm, niemand will die Klientel verschrecken. Interessant: Friedrichs findet heraus, dass Führungskräfte, die aus der Mittelschicht oder Arbeiterklasse stammen, eher kein Problem mit höheren Steuern auf Vermögen und Erbschaften haben. Alt-Reichen scheint die Abneigung gegen Steuern in die Wiege gelegt. Symptomatisch ist der Streit um das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dabei muss der Staat nur die technische Ausgestaltung eines Privilegs überarbeiten, das die Richter nicht in Frage stellten: Firmenerben dürfen von der Erbschaftssteuer befreit werden.
Unwillige Stammhalter
Keine Frage, für den Mittelstand und insbesondere Familienbetriebe werden die Probleme größer. Jahr für Jahr müssen 22.000 von ihnen einen Nachfolger finden, jedes vierte Unternehmen soll vor einem Eigentümerwechsel stehen. Aber zwei Drittel haben Schwierigkeiten, die Nachfolge zu regeln. Das Problem: sture Patriarchen und lustlose Stammhalter. Friedrichs fragt zu Recht: Passt das Buddenbrook’sche Prinzip überhaupt in unsere moderne Welt, wenn die Söhne und Töchter oft gar nicht in die Fußstapfen ihrer Eltern treten wollen? Jedenfalls scheint die Nachfolgefrage das größere Problem für die Volkswirtschaft.
Was macht der Tsunami mit uns? Ist Deutschland noch das Land mit dem Bildungsversprechen, wo Fleiß mit Aufstieg honoriert wird? Nein, urteilt Friedrichs. Die nivellierte Mittelschichtsgesellschaft der Nachkriegsjahre existiere nicht mehr, wenn nur der in bessere Bildung investieren und ein Vermögen aufbauen kann, der erbt. Wird sich daran etwas ändern?
Thomas Piketty sagte, die Renaissance der Erbengesellschaft sei ein Szenario, aber kein unvermeidbares. Julia Friedrichs ist da sehr skeptisch.
Kommentare 52
Ach Herrje und jetzt tingelt die vom Leben vernachlässigte weil nicht erbende Friedrichs durch die Deutsche Medienlandschaft und schreibt über die Ungerechtigkeit des Erbens (ZEIT Magazin vor 2 Wochen) und andere mundgerechte Themen wie Entschleunigung ("Die Welt ist mir zuviel", ebenda).
Fakt ist doch, das Deutsche Bildungsversprechen vom Aufstieg durch Fleiß ("The German Dream", so er jemals existiert haben sollte), scheitert nicht am Erben, sondern primär am dreigliedrigen, undurchlässigen Bildungssystem selbst. Es scheitert an einem Sozialsystem, welches Menschen bewusst klein hält anstatt sie zu fördern, es scheitert an der "Generation Praktikum" und Scheinselbstständigkeiten, und nicht zuletzt an Spitzenverdienern die das 100fache ihrer geringstverdienenden Mitarbeiter mit nach Hause nehmen, Boni exklusive. Da bringe man Kritik an, denn das ist wahrhaftig ungerecht.
Was Frau Friedrichs gerne übersieht: Vererbtes Vermögen ist ja bereits versteuert. Gerne hoch, gerne noch höher. Warum keine skandinavischen Spitzensteuersätze hierzulande?
Frau Friedrichs lässt ihren Sozialneid an der falschen Stelle los, sämtliche erbende Freunde die ich habe gehen sehr bewusst und freizügig mit ihrer "Erblast" um. Verhelfen nicht erbenden Zeitgenossen wie mir mit zinslosen Darlehen zu ebenso unverhofften Möglichkeiten, und leben selbst nicht in Saus und Braus.
Nicht nur Julia Friedrichs ist sehr skeptisch, ich bin es auch...
Sie wissen, das Erbe ermöglicht einen Lebensstil, für den man – nun ja – nichts geleistet hat.
Ach was. Richtig ist, dass die meisten Erben wenig und wenig Erben viel erhalten:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/recht-steuern/studie-im-durchschnitt-werden-300-000-euro-vererbt-1652459.html
Wer den Durchschnittsbetrag von 305.000,00 Euro erbt, wird sich damit jedenfalls nicht sehr lange auf die faule Haut legen können, obwohl 305.000,00 natürlich nicht zu verachten sind. Aber man kann davon auch nicht in Saus und Braus leben. In den Ballungsgebieten reicht das nichtmal für einmal für ein Eigentumswohnung mittlerer Art und Güte.
Sind Stiftungen die Lösung? Nein, meint ein Stiftungs-Experte: „Die Bürger lassen sich eines ihrer vornehmsten Rechte abkaufen, nämlich gemeinschaftlich organisiert über Parteien und Parlamente darüber zu befinden, wofür der Staat sein Geld ausgibt.“
Es tut mir Leid, aber das ist nun wirklich erstklassiger Bullshit. Wenn die Bürger nämlich Erbschaftsteuer zahlen, dass es kracht - und was Katharina Schmitz ja als die beste aller Lösungen vorzuschweben scheint - haben sie doch auch kein Recht, darüber zu befinden, wofür der Staat sein Geld ausgibt. Im Zweifel ist eine gemeinnützige Stiftung, in der sich der Stifter ein paar Rechte über die Verwendung der Mittel vorbehalten hat, die bessere Altenative als das Geld per Erbschaftsteuer in den Staatshaushalt gelangen zu lassen, wo es für alles Mögliche ausgegeben wird, ohne dass die steuerzahlenden Bürger dabei auch nur das geringste Mitspracherecht hätten, abgesehen von der Fiktion natürlich, dass die Abgeordneten das Geld im Sinne der Bürger verwalten, und wovon ja keine Rede sein kann.
Warum eigentlich Erbschaftssteuer? Ist doch alles schon einmal versteuert. Warum also noch einmal? Weil der Staat Geld braucht. Punkt. An sich eine systemfremde Steuer.
Das beiseite. Was geschieht denn wirklich, wenn der "Tsunami" kommt? Nichts. Die Vermögen bleiben wie vorher bei wenigen (1% der Menschen besitzen 99% des weltweiten Vermögens). Deren Seelenleben ist mir ziemlich schnurz. Ehrlich.
Ein für alle mal. Das Argument: "Warum soll ein Erbe besteuert werden, es ist doch schon mal besteuertes Geld" ist das mit unglaublichem Abstand schlechteste Argument, das in der Debatte, seit es sie gibt, zu lesen ist:
1. Wer hat das Geld denn versteuert? Derjenige, der es vererbt. Derjenige der erbt ist ein ander Mensch, warum um alles in der Welt sollte dieser neue, andere Mensch ein Recht auf den Erhalt eines steuerfreien Geldbetrages haben, ohne dafür eine Leistung erbracht zu haben?!? Weil er ein Sohn oder eine Tochter ist? Ich bitte Sie... Selbst der kleine Arbeiter, der Rund um die Uhr leistet, um mit den paar Kröten am Monatende seine Familie durchzukriegen, bekommt kein steuerfreies Geld ausbezahlt bzw. sollte er tatsächlich keine Lohnsteuer zahlen, womit er nach Abzug der Kosten für seine Familie in der Regel aber schon unter dem Existenzminimum ist, von dem kläglichen Rest zumindest noch die Verbrauchsteuern bezahlen.
2. Sollte der oben genannte Familienvater bei seinem Gehalt Lohnsteuer abgezogen bekommen und er geht in den Supermarkt und kauft seiner Familie ein Abendessen, dann zahlt er von seinem bereits versteuerten Nettogehalt natürlich Verbrauchssteuern. Und der Supermarkt? Die Einnahmen stammen ja auch aus bereits versteuertem Geld und sind ja schon mal versteuert worden. "Dann sollten auf die Einnahmen ja keine Gewerbe- und Körperschaftssteuern mehr anfallen, oder?" – Ironie Ende. Man, echt, die Doppel- und Mehrfachbesteuerung von unterschiedlichen, juristischen Personen ist doch die absolute Regel in unserem System. Warum das ausgerechnet bei arbeitsfreiem Geld, das man bekommt, anders sein soll, geht mir nicht in Birne... Sohnemann hin oder her.
Wenn das Argument noch einmal irgendwo auftaucht, verlange ich die sofortige Steuerfreiheit sämtlicher Arbeitsleistungen in Deutschland. Unglaublich, dass das immer noch irgendwo zu lesen ist...
Liest sich höchst amüsant im Freitag, der sich bekanntlich im Besitz einer Korporative von westerwälder Waschmännern befindet. Wär' ich der Grotenschorsch, tät ich jetzt schmunzeln.
Gruß, d.
@Joergsart
genau, verlangen sie die sofortige Steuerfreiheit auf Arbeitsleistungen, da wäre ich bei ihnen. So wird ein Schuh draus und nicht durch das Fordern von noch mehr Steuern...dem sogenannten kleinen Arbeiter wäre besimmt geholfen...
Da kommt bei mir folgende Frage auf: Was ist das familienegoistische Vererben von Vermögen anderes als das nationalegoistische Verwehren von Einwanderern?
http://up.picr.de/21470235zw.jpg
Sie wissen, das Erbe ermöglicht einen Lebensstil, für den man – nun ja – nichts geleistet hat.
Das wäre mir sowas von scheißegal.
Die Bürger lassen sich eines ihrer vornehmsten Rechte abkaufen, nämlich gemeinschaftlich organisiert über Parteien und Parlamente darüber zu befinden, wofür der Staat sein Geld ausgibt.
Das ist ja schon beinahe witzig. Parteien und Parlamente als gemeinschaftliche Organisationen der Bürger. Oh Gott, mir wird schlecht.
Das Thema ist gesellschaftspolitisch tatsächlich wahrscheinlich das zentrale Thema, vor allem, da Vermögenskonzentration aufgrund konservativer Vermögensentscheidungen – Immobilien, Finanzspekulation – in der Regel eben auch zu einem Mangel an notwendigen Investitionen führt, was wirtschaftlich früher oder später stets verheerende Folgen nach sich zieht. Piketty belegt dies ja auch historisch mit Zahlen. Er zeigt auf, dass Gesellschaften mit großen Einkommensunterschieden krisenanfälliger sind. Der gesellschaftliche Zusammenhalt sich auflöst, was wir ja seit ca. 10 Jahren auch ganz deutlich beobachten können.
Im Freundeskreis gibt es in meiner Generation beispielsweise finanziell eklatante Unterschiede – Unterschiede, die es so derart krass in der Elterngeneration nicht gab –, die früher oder später immer auch die Freundschaften belasten, weil die Möglichkeiten einzelner so sehr auseinanderklaffen und man sich ab einem gewissen Punkt nur noch schwer auf Augenhöhe begegnen kann.
ich bin schon erstaunt, dass ausgerechnet die Leser dieser Zeitung so verquer und in Abwehrhaltung argumentieren. Zum Beispiel, lieber Balsamico, Sie finden es also gerecht, dass Menschen mit viel Vermögen über Stiftungen selbst im Mäzenatenstil bestimmen, wofür ihr Geld eingesetzt wird? Der normale Steuerzahler hat aber die Steuern zu zahlen, wie sie der Staat vorsieht, ob unsinnig oder nicht? oder: sie sprechen von 300.000 Euro, von denen ich überhaupt nicht spreche. Immerhin liegt die Freigrenze derzeit immer noch bei 400.000 Euro bei Schenkungen, was nun wirklich ok klingt. Aber über so konkrete Zahlen habe ich wie gesagt überhaupt nicht gesprochen und schon setzen genau die Reflexe ein, die auch die Autorin Julia Friedrichs überall angetroffen hat, es scheint eine Panik zu geben, es könnte ans eigene Häuschen gehen. Dabei ist es völlig legitim zu fragen, warum Einkommen aus Zinsen extrem geringer besteuert wird als Lohnarbeit. Aber gerne noch einmal zu Ihrem Beispiel, Balsamico, zu den 300.000. Mal angenommen, ich erbe ein Häuschen in Bestlage für eine halbe Million und muss für die Erbschaftssteuer einen Kredit von 180 Euro im Monat aufnehmen. Wäre das zumutbar? Gemessen an dem, was andere an Mieten in Ballungsräumen zahlen?
und Joergsart stimme ich voll und ganz zu, das Argument, dass auf Erbschaften ja schließlich schon einmal Steuern gezahlt wurden, ist das alte harte-Arbeit-verdienter-Erfolg-durch-Leistung-dynastisches Argument. Die ganz normale Rente wird ja schließlich auch besteuert.
"Verhelfen nicht erbenden Zeitgenossen wie mir mit zinslosen Darlehen zu ebenso unverhofften Möglichkeiten, und leben selbst nicht in Saus und Braus."
Du bist offenbar selbst schon korrumpiert, genau das, was man "falsche Rücksichtnahme" nennt.
Der sinnvollere Weg wäre nämlich, du müsstest bei deinen Chancen eben nicht auf Unterstützung durch reiche Freunde hoffen (während der Staat sich längst aufgegeben hat).
Und den Erben kann man kaum einen Vorwurf machen, das tut auch Frau Friedrichs offenbar nicht. Anbei wäre es für die Gesellschaft nützlicher alle Erben würden auf großem Fuße leben und ihr Geld mit beiden Händen rauswerfen, anstatt nur knausrig von den Zinsen und Renditen zu leben.
"Vererbtes Vermögen ist ja bereits versteuert."
Ein albernes Argument, welches gerne von Erben angeschleppt wird. Als ob man eine Sache nicht beliebig oft besteuern könnte, ja im Falle von Erben sogar sollte. Für die Erblinge ist es schliesslich unverdientes Einkommen, ganz egal wieviel andere zur Hortung desselben schon gezahlt haben.
"Wer den Durchschnittsbetrag von 305.000,00 Euro erbt, wird sich damit jedenfalls nicht sehr lange auf die faule Haut legen können, obwohl 305.000,00 natürlich nicht zu verachten sind. "
Ja, wobei ja selbst der von dir verlinkte Artikel anmerkt, dass die Durchschnittszahlen gar nichts taugen:
"Dabei trieben allerdings vor allem wenige sehr große Erbschaften den Durchschnittswert nach oben. So sei die Erbschaft nur in 0,2 Prozent der Fälle mehr als 250.000 Euro wert, in 33 Prozent der Fälle zwischen 150.000 und 250.000 Euro. 28 Prozent der Erbschaften machten dagegen weniger als 25.000 Euro aus."
"Aber man kann davon auch nicht in Saus und Braus leben. In den Ballungsgebieten reicht das nichtmal für einmal für ein Eigentumswohnung mittlerer Art und Güte. "
Das ist richtig und trotzdem gibt es, gerade im Westen, durchaus Familien die ein solcher Vermögensvorteil betrifft. Es mag nicht so weit verbreitet sein, wie bei Friedrichs der Eindruck erweckt wird. Aber fast jeder kennt jemanden. Ich kenne mehrere, die gehen alle arbeiten, alles nette Leute, aber die leben trotzdem in Verhältnissen, die ich nie erreichen kann, egal wie krumm ich mich dafür mache.
"Es tut mir Leid, aber das ist nun wirklich erstklassiger Bullshit. Wenn die Bürger nämlich Erbschaftsteuer zahlen, dass es kracht - und was Katharina Schmitz ja als die beste aller Lösungen vorzuschweben scheint - haben sie doch auch kein Recht, darüber zu befinden, wofür der Staat sein Geld ausgibt."
Was nun wieder Bullshit von dir ist. In einer Demokratie können die Bürger über alles bestimmen ;-) Na gut, wir haben keine, aber das wäre ja jetzt kein wirklich grundlegendes Gegenargument.
Und wenn du die Erbschaftsbesteuerung ansprichst: die kann man ruhig progressiv gestalten, mit ausreichend hohen Freibeträgen. Kein Grund rumzujammern.
Will man das nicht, muss man erklären, wie man die immer krasser werdende Vermögensschieflage sonst angeht. Die Erbschaftssteuer ist m.E. das humanste Mittel. Nicht dass die potentiellen Erblinge nicht laut darüber jammern würden, gelle?
"ausgegeben wird, ohne dass die steuerzahlenden Bürger dabei auch nur das geringste Mitspracherecht hätten,"
Haben sie bei den Stiftungen auch nicht. Kein gutes Argument.
"abgesehen von der Fiktion natürlich, dass die Abgeordneten das Geld im Sinne der Bürger verwalten, und wovon ja keine Rede sein kann."
Selbst wenn sie es zum Fenster rauswerfen, ist das besser, als wenn es in Spekulationskasse gehalten wird. Denn gesamtgesellschaftlich gilt: Geldvermögen = Geldschulden. Jeder Euro den jemand hortet, hat ein anderer als Schulden...
"Das wäre mir sowas von scheißegal."
Nur weil dir längst klar ist, dass es keine Leistungsgerechtigkeit gibt. Soll aber Leute geben, zu deren Weltbild das noch irgendwie gehört. Die leben dann sozusagen in kognitiver Dissonanz: Leistungsgerechtigkeit gibt es, nur, na ja, ich bin halt eine Ausnahme :-)
"Das ist ja schon beinahe witzig. Parteien und Parlamente als gemeinschaftliche Organisationen der Bürger. Oh Gott, mir wird schlecht."
Das liegt nur daran, dass Parteien und Parlamente nicht mehr als demokratisch wahrgenommen werden.
Das ändert an der grundsätzlichen Richtigkeit des Argumentes nichts.
Ein Argument, welches einem Diskordianer würdig ist :-)
Die Frage stellt sich tatsächlich. Bedauerlicherweise erben viele Erblinge nicht nur Häuser und Vermögen, sondern hin- und wieder auch Connections, Firmen und guten Namen (ohne damit jetzt direkt Augstein zu meinen ;-) und haben idR ein eher elitäres Verständnis von den konkreten Problemen der kleinen Leute. Wobei da der Freitag eher noch näher dran ist, als andere, empfinde ich ihn doch als reichlich elitär und als politisch zu korrekt (im schlechten Sinne).
Jo, ganz bestimmt. Weil ja der Kapitalismus von Natur aus nicht etwa zur Kapital- und Machtkonzentration neigt?
"Im Freundeskreis gibt es in meiner Generation beispielsweise finanziell eklatante Unterschiede – Unterschiede, die es so derart krass in der Elterngeneration nicht gab –, die früher oder später immer auch die Freundschaften belasten, weil die Möglichkeiten einzelner so sehr auseinanderklaffen und man sich ab einem gewissen Punkt nur noch schwer auf Augenhöhe begegnen kann."
Ist bei mir ähnlich, wobei ich als sozusagen ostdeutscher Migrant aus einer Arbeiterfamilie das wahrscheinlich besonders deutlich wahrnehme.
Die Lebensverhältnisse vieler meiner studierten westdeutschen Kollegen (in meinem Alter) bleiben mir fremd. Das fängt bei teuren und sinnlosen Hobbies an, geht über den (mehrere tausend Euro kostenden) Jahresurlaub, über Auto und Haus (groß und in guter Gegend). Und viele von denen haben noch nichtmal geerbt, sondern finanzieren das aus Geschenken, elterlichen Bürgschaften etc. Ein Kollege bekommt allen ernstes alle zwei Jahre ein neues Auto von seinen Eltern geschenkt und nein, keinen Fiat oder Skoda.
Viele von deren Problemen bleiben mir unverständlich und ich bemerke auch, wie diese Kollegen mich wahrnehmen, weil ich nicht auf deren Augenhöhe bin.
Ist in meinem Fall nicht tragisch, ich habe meine Nische gefunden und die Unterprivilegierten sind natürlich in der Mehrzahl :-)
Aber es lässt sich gut erfühlen, wie das oben-unten Klima ist und erahnen wie das bundesdeutsche Establishment in Medien und Politik so tickt.
vielen Dank für die guten Ausführungen, Rupert Rauch.
Das liegt nur daran, dass Parteien und Parlamente nicht mehr als demokratisch wahrgenommen werden.
Ich bezweifele, dass es jemals Sinn von Parteien und Parlamenten war, Demokratie zu verbreiten. Man brauchte einfach nur eine modernere Organisationsform für eine Privilegienwirtschaft^^
Du kennst ja die vornehmste Regel humanistischer Menschenführung: Ziehe deine Opfer so schnell über den Tisch, dass sie den Reibungswiderstand für Nestwärme halten^^
..."Ziehe deine Opfer so schnell über den Tisch, dass sie den Reibungswiderstand für Nestwärme halten"...
*****
Nicht so schnell, vorher drehen wir ihm noch einen Bauspar-, Rechtsschutz- und eine Hausratversicherung an, im letzten Fall natürlich nicht die Beerdigungsversicherung ("Comfortplan") vergessen, wer soll denn da noch verdienen? Das sollen glatte Zuschussgeschäfte sein, nicht wahr?
In einer Demokratie können die Bürger über alles bestimmen ;-) Na gut, wir haben keine, aber das wäre ja jetzt kein wirklich grundlegendes Gegenargument.
Abgesehen von der Fiktion, dass "die Bürger" über alles bestimmen könnten, ist es beim Thema Erbschaftsteuer so, dass die Mehrheit der wenig oder nichts Erbenden gegen die Minderheit der etwas mehr oder viel Erbenden steht. Da die Politiker - quer durch die Parteien - erstens darauf erpicht sind, dem Staat Geldquellen zu erschließen und zweitens die Stimmen der vielen haben wollen, die nichts oder wenig erben, ist klar, wohin sich die Dinge entwickeln. Aber das Ganze ist im Kern weit mehr eine Neidgeschichte als eine Frage der Gerechtigkeit.
Und wenn du die Erbschaftsbesteuerung ansprichst: die kann man ruhig progressiv gestalten, mit ausreichend hohen Freibeträgen. Kein Grund rumzujammern.
Das haben wir doch. Das bisherige System soll in die Richtung geschoben werden, dass diejenigen, die etwas mehr erben, deutlich mehr Steuern zahlen. Die ganz großen Nachlässe werden selbstverständlich nach wie vor geschont.
Will man das nicht, muss man erklären, wie man die immer krasser werdende Vermögensschieflage sonst angeht.
Mittels mehr und besserer Bildung, die es den weniger Begüterten erlaubt, auf einen grünen Zweig zu kommen und einer gerechteren Einkommensbesteuerung natürlich (Stichwort: Kalte Progression).
Die Erbschaftssteuer ist m.E. das humanste Mittel.
Keineswegs. Wer seinen Angehörigen die Früchte seiner Arbeit hinterlässt, hat das Wohl seiner Angehörigen im Sinn und nicht das Wohl des Staates.
Nicht dass die potentiellen Erblinge nicht laut darüber jammern würden, gelle?
Dass es den "Nicht-Erblingen" mächtig stinkt, dass sie nicht selbst zu den Erblingen gehören, ist klar. Wenn sie selbst zu den "Erblingen" gehörten, würden sie anders reden. Der Punkt ist, dass sich die Politiker anschicken, denjenigen, die ein bisschen erben, unverhältnismäßig viel abzunehmen, ganz nach der bekannten Devise, dass das Kleinvieh den Mist macht. Und dass diejenigen, die nichts erben, auf diejenigen einprügeln, gerne mit Schaum vor dem Mund, die ein bisschen erben. Zwischen diesen beiden Gruppen spielt die Musik, nicht zwischen den Armen und den Reichen.
..."Das bisherige System soll in die Richtung geschoben werden, dass diejenigen, die etwas mehr erben, deutlich mehr Steuern zahlen"...
Das ist sehr interessant, wer beschliesst das? SPD-CDU 2021?
CDU-SPD 2025?
Wir lassen uns überraschen.
..."Mittels mehr und besserer Bildung, die es den weniger Begüterten erlaubt, auf einen grünen Zweig zu kommen und einer gerechteren Einkommensbesteuerung natürlich (Stichwort: Kalte Progression)"...
Da muss aber an mir etwas Grundsätzliches entgangen sein:
http://www.privatschulen-vergleich.de/typo3temp/pics/219350914a.png
P.S.
Lieber Freitag, wenn ich schon beim statistischen Bundesamt eine CC- Lizenz brauche, kann ich dem Land auch nicht mehr helfen...
:-) ja kannte ich schon.
Ansonsten: volle Zustimmung.
"bestimmen könnten, ist es beim Thema Erbschaftsteuer so, dass die Mehrheit der wenig oder nichts Erbenden gegen die Minderheit der etwas mehr oder viel Erbenden steht. Da die Politiker - quer durch die Parteien - erstens darauf erpicht sind, dem Staat Geldquellen zu erschließen und zweitens die Stimmen der vielen haben wollen, die nichts oder wenig erben, ist klar, wohin sich die Dinge entwickeln."
Offenbar nicht. Die Erbschaftssteuer für Firmenerben ist faktisch abgeschafft, der Rest rettet sein Geld in Familien-Stiftungen wie die Aldi-Brüder oder schafft es rechtzeitig ins Ausland.
Und selbst die Vermögenssteuer wurde abgeschafft oder sagen wir mal: fallen gelassen.
Deine Einschätzung ist offensichtlich falsch. Es macht der Politik keinerlei Mühe gegen die Interessen der Mehrheit im Lande zu entscheiden. Der Grund ist einfach: sowohl die Medien wie auch eine Vielzahl Politiker sind vermögend und letztere schielen zusätzlich nach Parteispenden und guten Posten nach ihrer Politkarriere, selbstverständlich in einer oligarchischen Wirtschaftswelt.
"Aber das Ganze ist im Kern weit mehr eine Neidgeschichte als eine Frage der Gerechtigkeit."
Nein, Neofeudalismus (oder Meudalismus) gefährdet nicht nur die Demokratie, sondern auch die Stabilität einer Marktwirtschaft, die nur funktioniert, wenn breite Schichten konsumieren können und nicht sämtlich überschuldet sind, inklusive Staat, während die anderen nicht wissen, wo sie ihr Geld noch anlegen sollen.
"Das haben wir doch. Das bisherige System soll in die Richtung geschoben werden, dass diejenigen, dieetwas mehr erben, deutlich mehr Steuern zahlen. Die ganz großen Nachlässe werden selbstverständlich nach wie vor geschont. "
Was deiner Behauptung von oben widerspricht und zusätzlich erkennen lässt, dass du offenbar nicht Milliardärserbe, sondern höchstens Millionärserbe bist. Und davon abgesehen geht es mir und vielen anderen genau um die großen Vermögen.
"Mittels mehr und besserer Bildung, die es den weniger Begüterten erlaubt, auf einen grünen Zweig zu kommen und einer gerechteren Einkommensbesteuerung natürlich (Stichwort: Kalte Progression)."
Du hast keine Ahnung davon wie unsere Geldsystem funktioniert, richtig? Du vermeidest außerdem konsequent darüber nachzudenken, wohin immer weitere Kapitalkonzentration führt. Habe ich recht?
Der Bildungsabschluss ist dabei vollkommen irrelevant und dient nur dazu, sich selbst besser als andere zu positionieren. Eine Inflation der höheren Abschlüsse und ein Absinken des Gehaltsniveaus ist die logische Folge.
"Keineswegs. Wer seinen Angehörigen die Früchte seiner Arbeit hinterlässt, hat das Wohl seiner Angehörigen im Sinn und nicht das Wohl des Staates."
Und? Das hatten Könige und Kaiser auch, in der Erbmonarchie. Kein Grund unnötig Rücksicht zu nehmen. Kapitalismus ist Mehrwertdiebstahl, umso reicher, umso mehr Diebstahl. Die Steuer ist der Gegendiebstahl um das wieder etwas zu glätten. Zum Wohle aller.
"Dass es den "Nicht-Erblingen" mächtig stinkt, dass sie nicht selbst zu den Erblingen gehören, ist klar. Wenn sie selbst zu den "Erblingen" gehörten, würden sie anders reden."
Nein, es sind nicht alle so verblendet egoistisch wie du. Da gibt es z.B. die hier.
Und ich will auch nicht reich sein, aber richtig, ich gönne es vielen leistungslos Reichen auch nicht, während andere sich krumm schuften und doch nur geradeso über die Runden kommen. Gerechtigkeitsgefühl nennt sich das. Kennst du nicht, mir schon klar.
"Zwischen diesen beiden Gruppen spielt die Musik, nicht zwischen den Armen und den Reichen."
Du hast Angst, dass dir jemand was von dem wegnimmt, wofür du nichts getan hast, das sollte mittlerweile klar sein. Wärest du ein Superreicher, würdest du dich für die engagieren, habe ich recht?
Du hast Angst, dass dir jemand was von dem wegnimmt, wofür du nichts getan hast, das sollte mittlerweile klar sein. Wärest du ein Superreicher, würdest du dich für die engagieren, habe ich recht?
Nö.
Das war doch mal eine inhaltsreiche und gehaltsvolle Antwort 12.04.2015 | 22:10
Lieber Rupert Rauch, nochmals herzlichen Dank für die Ausführungen. Julia Friedrichs hat mit den PolitikerInnen von SPD/Grünen/Linke wie erwähnt mehrmals gesprochen. Alle (außer Antje Tillmann von der CDU) bestätigten, dass die Modifizierung des Erbrechts ein Riesenthema sei. Lothar Binding: "Wenn ich jetzt sage, ich habe zwei Billionen öffentliche Verschuldung und zehn Billionen privaten Reichtum, dann muss ich an dem Verhältnis etwas tun, und für mich wäre die Erbschaftssteuer der richtige Hebel." Später sagt er: "Die Journalisten haben an Theman wie diesen kein Interesse. Ich glaube, es hat was mit der Medienkonzentration zu tun. Die Medien sind in so wenigen Händen. Liz Mohn und Friede Springer, Gebrüder Holtzbrinck und noch zwei, drei mehr. Und das sind halt selber reiche Familien, Dynastien." tja.
Lina Paus von Grünen fragt sie: "Ist es für die Grünen schwierig, sich in Sachen Erben zu positionieren, weil es um die eigene Klientel geht?" Paus: "Ja, sicher. Das ist so. Das ist die Debatte."
..."Die Medien sind in so wenigen Händen. Liz Mohn und Friede Springer, Gebrüder Holtzbrinck und noch zwei, drei mehr. Und das sind halt selber reiche Familien, Dynastien." tja."...
Meine Rede
;-)
„Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“ Dort hieß es auch: „Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner. Damit wird unsere Abhängigkeit immer größer und immer gefährlicher.“
1955 !!! Paul Sethe, (1901 - 1967, FAZ - Gründungsmitglied)
...""Ist es für die Grünen schwierig, sich in Sachen Erben zu positionieren, weil es um die eigene Klientel geht?" Paus: "Ja, sicher. Das ist so. Das ist die Debatte.""...
Ich erinnere mich nur zu gut, wie schon 1992 - 93 die TAZ gute Anzeigenkunden hatte, es war Volvo und die Deutsche Bank...
Pitterle, steuerpolitischer Sprecher der Linken, Gründungsmitglied seiner Partei in Baden-Württemberg: "Es gibt da Solidarisierungseffekte von Menschen, die meinen, dass sie von einer Erhöhung betroffen wären, die es gar nicht sind. ... Auf jeden Fall gibt es da eine schiefe Solidarität"
Pitterle hat Recht,
du musst dem Quarkvolk nur Vorgaukeln dass Sie ihm im Falle der Erbschaftssteuer 2 seiner 12 Brotkrumen wegnehmen würdest, und schon haben die reichsten Familien den Kram vom Tisch...
Es ist so peinlich das ganze.
"Es gibt da Solidarisierungseffekte von Menschen, die meinen, dass sie von einer Erhöhung betroffen wären, die es gar nicht sind. ... Auf jeden Fall gibt es da eine schiefe Solidarität"
Der Punkt ist, dass die Änderung (= Erhöhung) der Erbschaftsteuer mehr in die Breite gehen wird als in die Spitze (denn sonst bringt sie ja nicht viel). Man tut so, als wolle man "die Reichen" zur Ader lassen und in Wirklichkeit bittet man die sog. kleinen Leute zur Kasse. Und diejenigen, die ihre politische Existenz den sog. kleinen Leuten verdanken, merken es entweder nicht oder sie machen ihrer eigenen Klientel etwas vor. Das Letztere ist wahrscheinlich.
..."Der Punkt ist, dass die Änderung (= Erhöhung) der Erbschaftsteuer mehr in die Breite gehen wird als in die Spitze (denn sonst bringt sie ja nicht viel)"...
UPSSS...
Das kann man so oder so sehen, hier ist eine prima Statistik:
10% der Bevölkerung hatte 2002 57,9% vom Nettovermögen, 2007 waren es schon 61,1%, wie sieht das wohl 2015 aus? 64% ???
Quelle DIW Berlin
Das heisst, 1 von 9 hat fast 2 Drittel im Säckel und die restlichen 9 müssen sich 1 Drittel aufteilen, das geht schief...
"Sie wissen, das Erbe ermöglicht einen Lebensstil, für den man – nun ja – nichts geleistet hat."
Solange man nicht unverhofft und plötzlich zu sehr viel Geld gekommen ist - sei es Erbe oder auch ein Lottogewinn -, stellt man sich sicher gern vor, wie das denn so wäre. Könnte man der bleiben, der man bisher war oder würde man zwangsläufig abheben von der Lebensrealität der meisten Menschen? Würde sich zwangsläufig das ganze Lebensumfeld ändern? Würde man noch arbeiten oer gar faul und dumm werden? Nunja, zumindest müsste ja das viele Geld auch verwaltet, angelegt, deponiert etc werden. Und wie für mich letzteres die Vorstellung, plötzlich sehr viel Geld zu besitzen schon wieder weniger reizvoll macht, kann ich mir durchaus vorstellen, dass eine nicht selbst verschuldete plötzliche Geldschwemme auch unangenehme Effekte auf das eigene Befinden und die Selbstachtung hat.
Andererseits: Wer kann belegen dass das, was auf den Lohnzetteln, Gehalts- oder Honorarabrechnungen von Leistenden an Zahlen geschrieben steht, in einem richtigen Verhältnis zu den erbrachten Leistungen steht? Davon sei jedoch nicht berührt, dass Erben gesamtsozial gesehen einen noch viel weniger zu rechtfertigenden wirtschaftlichen Vorteil darstellt. Aber ein unmittelbares Verhältnis von Arbeit und Ertrag, das eben nicht allein durch natürliche Umstände negativ wie positiv beeinflussbar wäre, besteht spätestens seit der Etablierung der Lohnarbeit nicht mehr. Freilich möchte ich aber auch nicht bestreiten, dass das Gefühl von Selbstachtung und -respekt doch höher sein wird, wenn man durch unmittelbares persönliches Zutun sein Geld, sagen wir mal, erwirbt.
Das heisst, 1 von 9 hat fast 2 Drittel im Säckel und die restlichen 9 müssen sich 1 Drittel aufteilen, das geht schief...
Ja, aber genau so wird es doch kommen: Die 9, die sich 1/3 aufteilen müssen, werden zur Ader gelassen, wie das Kleinvieh, das den Mist gibt. Und der eine, mit den 2/3, wird zwar auch gemolken, aber der hat seine Berater und seine Schlupflöcher. Und außerdem: Wenn ich von 2 Mio 1 Mio abgebe, bin ich immer noch reich. Wenn ich von vielleicht 300.000 Euro, sagen wir, 50.000,00 Euro bezahlen muss, eher nicht.
"Im Zweifel ist eine gemeinnützige Stiftung, in der sich der Stifter ein paar Rechte über die Verwendung der Mittel vorbehalten hat, die bessere Altenative als das Geld per Erbschaftsteuer in den Staatshaushalt gelangen zu lassen, wo es für alles Mögliche ausgegeben wird, ohne dass die steuerzahlenden Bürger dabei auch nur das geringste Mitspracherecht hätten (...)"
Das ist doch so auch nicht richtig. Oder sehen Sie viele private Stiftungen gegenüber dem einen Staatssäckel eher als eine Demokratisierung vorhandenen Geldes an?
"Der Punkt ist, dass die Änderung (= Erhöhung) der Erbschaftsteuer mehr in die Breite gehen wird als in die Spitze (denn sonst bringt sie ja nicht viel). Man tut so, als wolle man "die Reichen" zur Ader lassen und in Wirklichkeit bittet man die sog. kleinen Leute zur Kasse."
Solche Worte widerspiegeln genau die "schiefe Solidarisierung". Die kann im Übrigen nicht nur von unten nach oben erfolgen, sondern auch umgekehrt. Wer Spitzenbesteuerungen abwenden will, gibt sich auf einmal furchtbar solidarisch mit denen, die vielleicht gerade die Sparbüchse der Oma erben, welche im Zweifel gerade mal das Begräbnis derselben deckt.
..."Die 9, die sich 1/3 aufteilen müssen, werden zur Ader gelassen, wie das Kleinvieh, das den Mist gibt"...
Dagegen schreiben Wiralle ja gerade an das es nicht so kommt, wenn die Nachteulen von Wählern mal den Parteiprogrammen zuhoeren würden...
..."Wenn ich von 2 Mio 1 Mio abgebe, bin ich immer noch reich. Wenn ich von vielleicht 300.000 Euro, sagen wir, 50.000,00 Euro bezahlen muss, eher nicht"...
Ich bin Reich, wissen Sie warum?
Wenn ich all mein Erspartes nehme muss ich ein Jahr nicht Arbeiten.
"Reich" sein und "Reich" fühlen sind zwei paar Schuh, ich kenne genügend, die haben mehr als 250 000 € + 50 000 €, die sind nie Reich, Sie waeren es auch nicht mit 10 oder 100 Millionen €, Noch ein Daimler, noch ein Benz, noch ein Porsche...
Gruss
Andererseits: Wer kann belegen dass das, was auf den Lohnzetteln, Gehalts- oder Honorarabrechnungen von Leistenden an Zahlen geschrieben steht, in einem richtigen Verhältnis zu den erbrachten Leistungen steht?
Genau. Diejenigen, die gegen das angeblich leistungslose "Einkommen" der Erben wettern (obwohl es um Vermögen geht und nicht um Einkommen), argumentieren daran vorbei, dass das hohe Einkommen eines Bill Gates z.B. auch nicht auf Leistung beruht.
Davon sei jedoch nicht berührt, dass Erben gesamtsozial gesehen einen noch viel weniger zu rechtfertigenden wirtschaftlichen Vorteil darstellt.
Da muss man alles auf den Prüfstand stellen, was einen nicht oder wenig zu rechtfertigenden wirtschaftlichen Vorteil darstellt. Da hat man gut zu tun.
Aber ein unmittelbares Verhältnis von Arbeit und Ertrag, das eben nicht allein durch natürliche Umstände negativ wie positiv beeinflussbar wäre, besteht spätestens seit der Etablierung der Lohnarbeit nicht mehr.
Dazu müssten Sie aber alles, was vor Einführung der Lohnarbeit den Unterschied zwischen arm und reich ausmachte, für bedeutungslos erklären - und was es nie war. Im Gegenteil: Ohne der Lohnarbeit das Wort zu reden, so hat sie doch z.B. den auf völlig leistungsloser Herkunft beruhenden Unterschied zwischen arm und reich zumindest etwas nivelliert.
Freilich möchte ich aber auch nicht bestreiten, dass das Gefühl von Selbstachtung und -respekt doch höher sein wird, wenn man durch unmittelbares persönliches Zutun sein Geld, sagen wir mal, erwirbt.
Natürlich; das gehört dazu. Wie schon der Dichter sagt: Was Du ererbt von deinen Vätern...
Das ist doch so auch nicht richtig. Oder sehen Sie viele private Stiftungen gegenüber dem einen Staatssäckel eher als eine Demokratisierung vorhandenen Geldes an?
Das kommt auf den Stiftungszweck an. Wenn dieser z.B. in der Errichtung und Unterhaltung einer privaten Musikschule besteht, die allen, notabene allen, also nicht nur Begüterten, offensteht, wenn sie nur gut musizieren können, ist das eine gute Sache, die viel direkter wirkt, als darauf zu hoffen, dass der Staat mit den zusätzlichen Einnahmen aus der Erbschaftsteuer irgendwann einmal eine öffentliche Musikschule errichtet.
Das verstehe ich nicht, Balsamico. Der Steuersatz auf Kapital liegt bei 25 Prozent, oder? Warum sollen Menschen, deren Geld arbeitet, wenige Steuern zahlen als Menschen, die für ihr Geld arbeiten. Friedrichs schreibt, dass der Anteil der Kapitalerträge 1975 nur 18 Prozent des Volkseinkommens ausmachte. Heute sind es 32 Prozent. Die Steuern auf Vermögen liegen angeblich bei o,8 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Die reale Steuerquote der 450 reichsten Deutschen habe sich zwischen 1995 und 2005 von 43, 1 auf 31 Prozent verringert. Muss ich das gut finden? Ich meine nicht nur volkswirtschaftlich sondern ideel? Der Spitzensteuersatz liegt bei max. 42 Cent pro Euro, auf Kapital bei 25 Prozent. Für Ehegatten ist die erste halbe Million steuerfrei, hinzu kommt ein Versorgungsfreibetrag von 250.000 Euro, pro Kind gibt es 400.000 Euro steuerfrei. Dann erst geht es los mit sieben (!) Prozent. Angeblich zahlt man den Spitzensteuersatz 30 Prozent erst bei 26 Millionen Euro Erbsumme. Wo sind hier die kleinen Leute?
..."Angeblich zahlt man den Spitzensteuersatz 30 Prozent erst bei 26 Millionen Euro Erbsumme"...
Danke Frau Schmitz, ich habe es geahnt, mein Steuerberater ist nicht nur viel zu teuer, er ist auch noch dumm, ich werde meinen Nachbarn in dem 12 - Stock Hochhaus (82 Parteien) gleich Bescheid sagen, sie sollen sofort Ihre 26 Millionen aufwärts von der Sparkasse abheben und Sie im vwgolf oder fiatpanda nach Lichtenstein verfrachten bevor der Fiskus wieder ungerecht zugreift, machen Sie endlich Ihre Steuerkolumne für den kleinen Mann auf, das wird ein Renner,
Zum Glück habe ich 7 Kinder, das ist ein kleiner aber feiner Freibetrag von immerhin 2,8 Millionen €, so lässt es sich doch wieder Durchschlafen ohne sich alle 2 Minuten mit dem feuchten Tuch die Stirn abzutupfen "Was esse ich Morgen bloss?"...
Das verstehe ich nicht, Balsamico. Der Steuersatz auf Kapital liegt bei 25 Prozent, oder? Warum sollen Menschen, deren Geld arbeitet, wenige Steuern zahlen als Menschen, die für ihr Geld arbeiten. Friedrichs schreibt, dass der Anteil der Kapitalerträge 1975 nur 18 Prozent des Volkseinkommens ausmachte. Heute sind es 32 Prozent. Die Steuern auf Vermögen liegen angeblich bei o,8 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Die reale Steuerquote der 450 reichsten Deutschen habe sich zwischen 1995 und 2005 von 43, 1 auf 31 Prozent verringert. Muss ich das gut finden? Ich meine nicht nur volkswirtschaftlich sondern ideel? Der Spitzensteuersatz liegt bei max. 42 Cent pro Euro, auf Kapital bei 25 Prozent. Für Ehegatten ist die erste halbe Million steuerfrei, hinzu kommt ein Versorgungsfreibetrag von 250.000 Euro, pro Kind gibt es 400.000 Euro steuerfrei. Dann erst geht es los mit sieben (!) Prozent. Angeblich zahlt man den Spitzensteuersatz 30 Prozent erst bei 26 Millionen Euro Erbsumme. Wo sind hier die kleinen Leute?
Man kann nicht alles in einen Sack stecken und ihn mit der Erbschaftsteuer zubinden. Und ich rede ja auch nicht von dem was ist, sondern davon was - vermutlich - kommen wird. Da sehe ich eine miese Allianz zwischen denen, die den Bürgern einfach mehr Geld aus der Tasche ziehen wollen und denen, die die Welt ein Stückchen besser machen wollen, aber, wie ich finde, am falschen Objekt. Schröder, der alte Sch...kerl, tönte immer, dass "Ommas klein Häuschen" erbschaftsteuerfrei bleiben müsse. Wie schön! Daran, ob das in Zukunft so bleibt, habe ich meine Zweifel. Und noch was vielleicht: Meine Frau war noch keine Woche unter der Erde, da wurde ich von Staats wegen aufgefordert, mitzuteilen, was sie hinterlassen habe, damit sich der Staat seinen Anteil davon holen könne, was wir gemeinsam erwirtschaftet haben. Gut, er wird nicht viel bekommen. Aber es ist diese charakterlich durch und durch miese Haltung der Steuereintreiber, die mich frustriert. Sich mit denen auch nur gedanklich für fünf Minuten ins selbe Boot zu setzen, käme mir nicht in den Sinn.
da sagen Sie was, eine Steuerkolumne würde mir riesigen Spass machen. Muss mich aber erst durch den riesigen Antrag von der Rentenkasse wälzen, ich glaube mir werden zwei Euro pro Kind pro Jahr angerechnet. Erziehungszeit, Sie verstehen.
..."Aber es ist diese charakterlich durch und durch miese Haltung der Steuereintreiber, die mich frustriert. Sich mit denen auch nur gedanklich für fünf Minuten ins selbe Boot zu setzen, käme mir nicht in den Sinn"...
Erst einmal Pèsame, aber weder Steuereintreiber noch Gerichtsmediziner waren jemals zart beseitet, Dienst nach Vorschrift, insbesondere in Deutschland...
Gruss
Erst einmal Pèsame
Danke.
Lieber Balsamico, ich schließe mich tlacuache an. Aber die Schieflage in der Besteuerung von Vermögen und Einkommen ist doch deutlich geworden. Es geht ja gerade nicht um "Ommas klein Häuschen". Aber dass eine Partei das Tabu Vermögenssteuer ernsthaft aufgreift, darum müssen wir uns wirklich nicht sorgen, fürchte ich.
"Dazu müssten Sie aber alles, was vor Einführung der Lohnarbeit den Unterschied zwischen arm und reich ausmachte, für bedeutungslos erklären - und was es nie war."
Ja, sicher gab es vor der Lohnarbeit auch keine Gerechtigkeit. Wer könnte anderes behaupten? Deshalb spreche ich auch vom Verhältnis von Arbeit und Ertrag. Und Ertrag meint hier den Bruttoertrag, also vor Lehensabgaben, Zehntem und was es sonst an Abpressungen und Steuern gab. Spätestens (!) mit der Lohnarbeit ist jedoch nicht einmal der Bruttoertrag noch irgendwie nachvollziehbar geworden.
"Im Gegenteil: Ohne der Lohnarbeit das Wort zu reden, so hat sie doch z.B. den auf völlig leistungsloser Herkunft beruhenden Unterschied zwischen arm und reich zumindest etwas nivelliert."
Naaja ... am Ende aber kaum der Rede wert. Einem sich mit Gewerbe selbstständig machenden Bürgertum, besonders im 19. Jh., stand ein ungemein wachsendes Prekariat in den Städten gegenüber. Der herkunfts- und geburtsbegründete Stand konnte nach wie vor so gut wie nie verlassen werden. Mein Punkt ist hier aber ohnehin weniger die Frage nach mehr oder weniger allgemeiner Gerechtigkeit (etwa des 15. gegenüber dem 19. Jh.), sondern der, dass der in die Stadt und an die Werkbank abgewanderte Bauer nun einer gänzlich unnachvollziehbar gewordenen Kompensierung für seinen Arbeitsaufwand ausgeliefert war. Wobei sich der Begriff "Kompensierung" fast schon verbietet - Abspeisung trifft es wohl eher. Und auch wenn ein Arbeiter ab dem 20. Jh. zunehmend wenigstens halbwegs bis auch ganz gut von seiner Entlohnung leben konnte, hat sich an der Entkoppelung von Arbeitsleistung und Einkommen ja nichts geändert. U
Fortsetzung (irgendwie haben sich meine Finger vergaloppiert):
Und auch wenn ein Arbeiter ab dem 20. Jh. zunehmend wenigstens halbwegs bis auch ganz gut von seiner Entlohnung leben konnte, hat sich an der Entkoppelung von Arbeitsleistung und Einkommen ja nichts geändert. Und das gilt ja für jeden: Für die teils unverschämt gering entlohnte Friseuse wie für den unfassbar hoch bezahlten Manager oder Profifussballer.
Ja. Ich warte ab, ob was passiert. Sehr optimistisch bin ich nicht. Die Medien bleiben ja auch nur so lange in Lauerstellung, solange noch nicht viel bekannt ist. Danach wird dann umso heftiger geschossen.
Die Vermögenssteuer wurde noch unter Kohl beerdigt. Die bestehenden Lücken (Steuersparstiftungen) unter Schröder (wenn ich nicht irre) extrem ausgeweitet. Die Erbschaftsregelungen weiß ich gar nicht mehr, nur an die einseitigen Debatten kann ich mich noch gut erinnern (Steuern vs. Arbeitsplätze).
Einseitige Debatten sind es auch jetzt noch, zumindest soviel ich mitbekommen habe. Einfach weil der Politik die Phantasie fehlt.
Warum kann nicht der Staat, statt Ausbezahlung der Steuerschuld, als stiller (Stück für Stück rauskaufbarer) Teilhaber in entsprechender Höhe eingetragen werden? Dann müsste eine Firma z.B. nicht verkauft oder mit Schulden belastet werden, aber der Staat würde an den Ausschüttungen profitieren und wäre bei einem Verkauf Begünstigter, ohne sich sonst irgendwelche Pflichten einzuhandeln.
Solange alles läuft wie jetzt, wird es wieder nur ein Reförmchen und die Quandts und Würths und wie sie alle heißen werden immer reicher und damit auch immer mächtiger. Wahrscheinlich sind sie schon lange zu mächtig.
..."Solange alles läuft wie jetzt, wird es wieder nur ein Reförmchen und die Quandts und Würths und wie sie alle heißen werden immer reicher und damit auch immer mächtiger. Wahrscheinlich sind sie schon lange zu mächtig"...
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