Ich mag die preisgekrönte politische Satiresendung Heute-Show seit ihrem Start im Jahr 2009. Was natürlich nicht zuletzt an ihrem preisgekrönten Moderator liegt, dem 1966 in Bielefeld geborenen Oliver Welke, von Haus aus ein ausgebildeter Sportjournalist. Über zwanzig Fernseh- und Comedypreise zählte die Volksstimme in einer Art Porträt letztes Jahr. Beim Deutschen Fernsehpreis 2014, liest man, wurde Welke sogar gleich zweimal ausgezeichnet, für die Heute-Show und seine Moderation bei der Fußball-WM in Brasilien. Als Kind machte er Werbung für Würstchen. Wer öfter zuschaut: Sein „leichtes“ Übergewicht ist ihm öfter Anlass für Witze.
Da ist diese schelmische Präsentation der „Nachrichtenbeiträge“, diese Hanns-Joachim-Friedrichs-Haftigkeit, wenn er ironisch seriös tut, und dabei stets seine neutrale Position beibehält. Diese oder jene Bildmontage, vielleicht doch etwas platt, sagt höchstens sein Augenaufschlag, ein „Tja“ in der Mimik: Ich habe damit nichts zu tun! Und dann muss man erst recht grinsen, als hätte Welke die Erlaubnis dafür erteilt. Wenn er sich empört und aufregt, dann künstlich. An anderer Stelle zeigt er ganz nebenbei klare Kante. Zum Beispiel neulich zu den Waffenlieferungen in die Ukraine, wofür man ihm wirklich nicht gleich ins Gesicht springen muss, wenn er diese grundsätzlich unterstützt. Schon gar nicht, wenn danach Kritik folgt, wie irre diese Diskussion über Waffensysteme seit Wochen geführt würde, jetzt inklusive Kampfjets. Anschließend wird noch ein sehr peinlicher Clip von Verteidigungsministerin „Marie-Agnes Flak-Zimmermann“ aus dem Archiv gekramt, außerdem angesichts des Lehrermangels ein „Sondervermögen von 100 Milliarden für Bildung“ gefordert.
Letzte Woche fiel Welke aus der Rolle. Eine super Kritik über die letzte Folge, fast eine Hymne auf die Show, kam darauf von vielleicht unerwarteter Seite, nämlich ausgerechnet vom Nachrichtenmagazin Focus. Aber warum nicht, die Focus-Leute gucken nicht nur den leicht reaktionären Nuhr in der ARD, sondern auch Welke, sonst wär’s ja zu einfach in der gespaltenen Gesellschaft. Hier schrieb ein echter Fan, einmal die Woche sage Oliver Welke „was Sache ist“. Wenigstens einmal die Woche könne man über die „miese Nachrichtenlage“ lachen. Aber warum schrieb der Focus-Autor gerade in dieser Woche? Fand er besonders gut, wie Welke über Innenministerin Nancy Faeser ächzte, die sich nach der Messerattacke in Schleswig-Holstein mit zwei Toten und fünf Verletzten vor einem Mikrofon ernsthaft fragte, wie das passieren konnte?
Schürt Oliver Welke damit nicht Ressentiments?
Welke regte sich einmal gar nicht ganz so künstlich auf wie sonst, sondern ziemlich en detail: „Ja, wie konnte das passieren und wo ist eigentlich diese Innenministerin, die all diese Fragen beantworten müsste?“ Er fragte weiter, warum das Bundesamt für Migration den Schutzstatus des Täters immer noch nicht aufgehoben habe. Und das BAMF erst jetzt erfahren habe, dass der Mann in Hamburg in U-Haft gesessen habe wegen eines Messerangriffs, wo aber doch das BAMF dem Innenministerium unterstellt sei und so weiter. Frau Faeser habe beim Amtsantritt die konsequente Rückkehr von Straftätern angekündigt, was seitdem konsequent nicht passiere. „Das könne man den Bürgern alles nicht mehr erklären“, sagt Welke noch. Und: „Natürlich sind Leute wie Ibrahim A. eine absolute Minderheit unter den Asylbewerbern, aber eben eine extrem gefährliche Minderheit. Warum werden wir nicht mal DIE los, während andere schon direkt von der Werkbank zum Abschiebeflieger gebracht wurden? Warum? Weil die zur Arbeit gehen und die Polizei weiß, wo die sind: bei der Arbeit.“ In der Sache war das alles natürlich richtig, man schluckte aber doch ein bisschen, denn das alles passte nicht zu Oliver Welke, in die Heute-Show, in dieser fast stammtischartigen Deutlichkeit war das doch einmalig. Kurz dachte man, soll das so? Schürt das nicht Ressentiments? Weil manche Leute doch so manches manchmal absichtlich falsch verstehen?
Während der Artikel beim Focus die Heute-Show vollumfänglich lobt, sich nicht nur auf diesen Teil der Heute-Show kapriziert, fabrizierte Der Westen (Rubrik „Promi-TV“) eine fette nachrichtliche Schlagzeile: „Nach Silvester-Attacken und Messer-Mord – Oliver Welke fordert härtere Abschiebungsverfahren“. Was eine unlautere Verkürzung darstellt und dem Focus nicht passiert ist. Der fasste nachrichtlich zusammen, wobei das unabsichtlich selbst ein wenig wie Satire klang: „Der heute-show-Wissenschaftler Dr. Albrecht Humboldt alias Alexander Schubert will das Gewaltpotenzial aber gar nicht alleine bei Immigranten oder sogenannten ‚Pass-Deutschen‘ sehen, sondern zieht hier eine andere statistische Tatsache heran: Die überwiegende Mehrheit von Straftaten wird von Männern begangen.“
Gut gemacht, Focus, ist man versucht zu sagen, etwaige Ressentiments der Autorin gegen das Blatt werden hinterfragt. Zwar hatte der Autor in der Formulierung, klar zurückhaltend agiert, „will das Gewaltpotential aber gar nicht alleine bei Immigranten sehen (...)“, er schien aber doch willens, die Fakten anzusehen und einzusehen. Der Westen-Artikel jedoch hatte Welkes Kommentar zu der Messerattacke in Brokstedt in seiner Überschrift unlauter eingestampft und mit den Silvesterkrawallen verbunden. Nicht gut, nicht richtig, denn sowas fördert gefährliche Ressentiments.
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