Irgendwie, wie soll man sagen, leicht abgeschmackt wirkt die Spiegel-Story über Til Schweiger und das „Klima der Angst“, das seit Jahren an seinen Filmsets herrschen soll. 50 Betroffene hat das Magazin anonym befragt, der Anlass: Schweigers öffentlich gewordene Tätlichkeit am Set von Manta, Manta 2 im Juli 2022.
Das Bohei jetzt erinnert an das Bohei um Benjamin von Stuckrad-Barres Schlüsselroman über Springer, dessen Erscheinen eine Story der Zeit vorausgegangen war. Die hatte bekanntlich private SMS und Mails des Springer-Verlegers Mathias Döpfner an den wegen MeToo-Vorwürfen geschassten Ex-Bild-Chef Julian Reichelt veröffentlicht und die Veröffentlichung mit dem Vorrang des öffentlichen Interesses vor dem Persönlichkeitsrecht begründet. Die Schriftstellerin Nora Bossong, Mitgründerin des PEN Berlin, gehörte zu den wenigen, die ohne jede Rückendeckung aus dem – Pardon – „Mainstream“ hierin einen „Bärendienst gegenüber der Pressefreiheit“ sahen. Mutig war das, während Stuckrad-Barre Gratismut vorgeworfen wird. Er war ja Teil des Springer-Systems.
Womit man beim Tatort Til Schweiger wäre. Sechs Jahre nach MeToo herrscht nun bierernst die ganz große Betroffenheit, aber auch große Schadenfreude. Drehbuchautor Peter Grandl, der mit Schweiger am Drehbuch von Manta, Manta 2 arbeitete, schrieb auf Facebook, ihm dränge sich das Gefühl auf, dass sich nach dem Spiegel-Artikel „nun auch all jene aus der Deckung wagen, die auf Grund ihrer Abneigung seiner Filme sich nun auch bestärkt fühlen in ihrer Abneigung gegen seine Person“. Man fragt sich, hat Schweiger denn plötzlich nur noch Feinde?
Tief ins Weinglas lässt auch die presserechtliche Begründung für die Thematisierung von Schweigers „Alkoholproblem“ als von öffentlichem Interesse blicken. Klar wie Wodka wird eins: Alkohol ist als Kulturdroge gesellschaftlich zu 1.000 Promille toleriert, solange sich der Umgang nicht rufschädigend auf das Umfeld auswirkt. Til Schweigers „Problem“ mit dem Alkohol ist jedoch so berühmt-berüchtigt wie seine Filme. Nur wird seine Krankheit nun als individuelles Problem abgestraft.
Juristisch folgenlos blieb der Vorfall am Set übrigens nicht. Laut Chef der Filmfirma erfolgte eine „Abmahnung mit Androhung von Kündigung und Schadenersatz im Wiederholungsfall“.
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