Warten auf Wlan

Digitalisierung Das Geld ist da, handfeste Konzepte allerdings fehlen. Die Modernisierung der Schulen geht nur schleppend voran
Ausgabe 04/2019
Während Kinder zu Hause auf High-End-Level spielen, daddelt die Politik in den Schulen planlos herum
Während Kinder zu Hause auf High-End-Level spielen, daddelt die Politik in den Schulen planlos herum

Foto: imago/Zuma Press

Ungefähr so kompliziert wie der Neubau oder die Sanierung maroder Schulen gestaltet sich die Digitalisierung der Bildung. Millionen aus dem milliardenschweren Investitionsprogramm von 2017 wurden nicht abgerufen, weil Antragsverfahren zu bürokratisch waren und bei notorisch unterbesetzten Kommunen selten einer einen allzu beherzten Stempel verantworten will, es könnte ja Ärger geben. Ausnahme: Genehmigungen zum Bäumefällen auf Schulhöfen, das geht flott.

Es fehlen Fachleute, und die Schulleiter sind mit alldem komplett überfordert. Bauleitung gehört ja tatsächlich nicht zu ihren Kernaufgaben. Immerhin: Bis auf die üblichen Mängel ist nach nervenaufreibenden Jahren alles so weit fertig – das unterscheidet das richtige Bauen vom IT-Werk. Die digitale Schule hat immer Sanierungsbedarf. Es braucht Nerven wie Glasfaserkabel, Sachkenntnis wie Visionen. Während Kinder zu Hause beim Konstruktionsspiel Minecraft flexibel auf High-End-Level spielen, daddelt die Politik planlos herum, es ist nicht zu fassen. Zu beobachten ist das beim „Digitalpakt Schule“, den der Bundestag im November auf den Weg brachte, worauf aber Streit mit dem Bundesrat folgte, weil alle 16 Bundesländer dafür keinesfalls das Kooperationsverbot lockern wollen, das vor dem Einfluss des Bundes auf die Bildungspolitik der Länder schützen soll. Weitgehend unabhängig vom Parteibuch wollte kaum einer die Milliarden, wenn dafür eine Grundgesetzänderung nötig ist und noch mehr Abhängigkeit vom Bund droht. Nun tagt der Vermittlungsausschuss.

Inhaltlich dreht sich die Debatte vor allem um besseres WLAN für die Schulen und um die Endgeräte; gestritten wird darüber, ob jeder Schüler ein Tablet kriegen soll. Nicht nur, dass kaum jemand qualifiziert über IT-Konzepte sprechen kann, noch zentralere Fragen stellt schon gar keiner mehr, Fragen grundsätzlicher Art, zum didaktischen Mehrwert etwa. Es ist ganz so, als stellten sich solche Fragen nicht, weil die Digitaluhr angeblich kurz vor zwölf anzeigt.

Genau diese Fragen sind aber wichtig: Sollte Informatik Pflichtfach werden? Schon im Grundschulalter? Wer wartet die Systeme? Bräuchte nicht jede Schule einen Digitalbeauftragten? Und überhaupt: Was sind die Ziele dieser Bildungs-Digitalisierung?

Fakt ist: Trial-and-Error-Verfahren sind super, wenn Kinder Minecraft spielen. Die Digitalisierung aber braucht tragfähige Konzepte, nicht einfach nur Geld. Neulich, bei der Besichtigung eines 60-Millionen-Euro-Schulcampus: Es gibt hier zwar keine Klimaanlage (siehe das „richtige Bauen“ ...), dafür aber offensichtlich genutzte Smartboards, sie werden ja sonst häufig noch mit Dia-Projektoren verwechselt. Im IT-Raum erklärte ein Lehrer, was alles in Klasse 7 bis 12 geboten wird, Roboter-Programmieren et cetera. Hier werden die Kinder offenbar souverän in die digitale Zukunft geführt, was übrigens keinesfalls bedeutet, dass Musik, Kunst und Sport nicht genauso wichtig genommen würden. Solche Schulen wollen mehr als Rechenspiele im IT-Raum, die ja zudem gern für Disziplinarmaßnahmen à la „Wer in Mathe stört, darf nachher nicht gamen“ benutzt werden.

Man kann also jede Schule verstehen, die sich ihr eigenes digitales Konzept erarbeitet und dieses dann notfalls an der Bürokratie vorbei mit privaten Sponsoren umsetzt.

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Geschrieben von

Katharina Schmitz

Redakteurin „Kultur“, Schwerpunkt „Literatur“

Katharina Schmitz studierte Neuere Geschichte, Osteuropäische Geschichte, Politikwissenschaften, Vergleichende Literaturwissenschaften und kurz auch Germanistik und Romanistik in Bonn. Sie volontierte beim Kölner Drittsendeanbieter center tv und arbeitete hier für diverse TV-Politikformate. Es folgte ein Abstecher in die politische Kommunikation und in eine Berliner Unternehmensberatung als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ab 2010 arbeitete sie als freie Autorin für Zeit Online, Brigitte, Berliner Zeitung und den Freitag. Ihre Kolumne „Die Helikoptermutter“ erschien bis 2019 monatlich beim Freitag. Seit 2017 ist sie hier feste Kulturredakteurin mit Schwerpunkt Literatur und Gesellschaft.

Katharina Schmitz

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