Hamburger fordern "Recht auf Stadt"

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Die Kälte ist ihnen egal: Mehr als 3.000 Menschen gingen in Hamburg bei der Demonstrationsparade „Recht auf Stadt" auf die Straße. Ihr Ziel: Mehr Mitspracherecht bei der Stadtentwicklung.

Hamburg. Es ist verdammt kalt. Unter Null Grad und es schneit. Dennoch haben sich gegenüber dem Bahnhof Dammtor unzählige Menschen neben der Moorwiese versammelt, um an der Parade „Recht auf Stadt“ teilzunehmen. Viele Wagen mit Bannern stehen am Straßenrand. Daneben vermummte, die einen freiwillig, andere nur wegen der Kälte, kostümierte oder ganz gewöhnlich angezogene Menschen. Aus einem Mikrofon erschallt plötzlich eine Stimme: „Wir freuen uns, dass ihr alle gekommen seid, um heute für das „Recht auf Stadt“ zu demonstrieren.“ Die Menschen jubeln. Sie sind hierhergekommen, um für etwas zu demonstrieren.“ Für die Mitbestimmung bei der Stadtentwicklung und für eine grundsätzlich andere Stadt: sozial und gerecht“.

Im Vorfeld hatte es allerdings Streitereien mit der Stadt gegeben wo dieDemonstrationsparade „Recht auf Stadt“ lang führen soll. Das Verwaltungsgericht hatte polizeilich verboten, dass die Route durch die Einkaufsstraßen und damit auch über die Weihnachtsmärkte Hamburgs führt, wie eigentlich von der Parade geplant. Grund dafür: Das Gericht erwartete Krawalle von 400 Autonomen schloss aus Formulierungen wie „wir sind wütend“ und „wir gehen auf die Barrikaden“ eine hohe Gewaltbereitschaft. Nun zieht die Parade statt durch die Innenstadt nach Altona.

Ganz vertreiben lässt sich Parade dann aber nicht aus der Innenstadt. Vor der Finanzbehörde, zwischen Dammtor und Gänsemarkt, legen die Demonstranten einen längeren Halt ein. Aus dem Mikro schallt wieder eine fordernde Stimme: „Liebe Finanzbehörde, wir halten hier an, um Euch etwas mitzuteilen!“ Die Stimme klingt sehr energisch. Die Fenster der umliegenden Gebäude, überwiegend Banken, sind verdunkelt. Doch keinesfalls leer. Hinter den großen mit Stahl umrandeten Glasscheiben sitzen die Angestellten auf ihren Drehsesseln und blicken auf die Straße hinab. Sie schweigen. Im Gegensatz zu der Parade, die artikuliert sich: „Wir sind gegen eine Politik, die nur auf Rendite schielt“ und „Wir verzichten auf politische 'Geschenke', die lediglich darauf abzielen, uns ruhig zu stellen.“ Einzelne rufen Parolen. Am Ende steht die Forderung: „Die Stadt gehört allen, und die Stadt muss für alle bezahlbar sein!“

Insgesamt zogen nach Angaben der Veranstalter 3.000 bis 4.000 Hamburger am Freitagabend bei der „Recht auf Stadt“–Parade durch die Straßen. Doch die Demonstranten waren nicht allein. Neben ihnen liefen links und rechts mehrere Hundertschaften von Polizei. Die ersten zwei Reihen dick gepolstert und die zwei Reihen dahinter, sogar mit Extra-Schutz ausgestattet. Die Polizei hatte sogar noch Unterstützung aus Schleswig-Holstein von der Bundespolizei angefordert.

Doch die Parade verlief friedlich und war bunt gemischt. 120 unterschiedliche Gruppen hatten sich ihr angeschlossen: Von der Gewerkschaft Ver-di über Kleingärnter- und Mieterinitiativen, bis zu den bekannten Bürgerbewegungen in Hamburg wie „NO BNQ“, „Komm in die Gänge“ und „Frappant“.

Der große Zuspruch der Initiativen und auch der „Recht auf Stadt“-Parade zeigt, dass Bürger bereit sind ihre Rechte einzufordern. Ihre Vorgehensweise dabei: Gewaltfrei, engagiert und reflektiert.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Katharina Finke

global correspondent

Katharina Finke

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