„Frei“ von Lea Ypi über Albanien: Lebenserhaltende Lügen im Freiluftgefängnis

Rezension Lea Ypi erlebt das Ende Jugoslawiens in Albanien als Teenager. In ihrem großartigen autobiografischen Sachbuch „Frei“ erzählt sie vom „Erwachsenwerden am Ende der Geschichte“
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 11/2022
Die albanische Autorin und Akademikerin Lea Ypi
Die albanische Autorin und Akademikerin Lea Ypi

Foto: Costa Book Of The Year/Picture Alliance/empics

Was ich über Albanien wusste, bevor ich anfing, das Buch Frei. Erwachsenwerden am Ende der Geschichte von Lea Ypi zu lesen, hätte sich auf meine Handinnenfläche schreiben lassen. Balkan, Südosteuropa, Hauptstadt Tirana (Schulwissen), Berge, Mittelmeerklima (Anzeigen von Reiseveranstaltern), Bevölkerung kleiner als die Berlins (Grundwissen politische Ökonomie über den Aderlass nach der neoliberalen Schocktherapie in den 90er Jahren), multiethnisch, Republik, will in die Europäische Union (die Union hat Bedenken), auf der europäischen Skala der Armut weit unten (nach Lesart der Marktgläubigen selbst schuld).

Lea Ypi hatte alle Möglichkeiten, mich mit einer Erzählung entweder in den Bann zu schlagen oder bald rauszuwerfen – denn