Die Schlagzahl ist hoch. Gerade haben wir erleben müssen, wie die CDU ein Vorhaben der Koalition, in Schutt und Asche legte. Was beschlossen wurde, sollte anständigerweise nicht mehr Bürgergeld genannt werden, stattdessen „Erhöhung der Regelsätze“.
Nun laufen die Parteien mit dem C im Namen in Koalition mit der uns mitregierenden FDP gegen die Pläne Sturm, das Staatsangehörigkeits- und das Einwanderungsrecht zu reformieren. Friedrich Merz, der Mann mit den zwei Gesichtern (das harte und das ganz harte) hat gesagt: „Die deutsche Staatsbürgerschaft ist etwas sehr Wertvolles, und damit muss man behutsam umgehen.“ Nähme man einen wie ihn zum alleinigen Maßstab, müsste dies in Bezug auf wertvoll in Zweifel gezogen wer
Nähme man einen wie ihn zum alleinigen Maßstab, müsste dies in Bezug auf wertvoll in Zweifel gezogen werden.Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion warnte davor, „dass man flächendeckend mit dem deutschen Pass um sich wirft“. Der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, sieht in der vorgeschlagenen Reform gar eine „Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft“ und beklagt fehlende Erfolge bei der „Bekämpfung illegaler Migration“. Offenbar ertrinken noch zu wenige im Mittelmeer, erfrieren oder verhungern nicht genügend Menschen auf den gefährlichen Landwegen in ein möglicherweise sicheres Drittland Westeuropas. Dabei gibt Brüssel gegenwärtig viel Geld dafür aus, uns Flüchtende vom Leib zu halten. Da wird geklotzt und nicht gekleckert.Friedrich Merz: „Die wir brauchen, wollen nicht kommen“Auf der anderen Seite sieht die FDP schon, dass gezielte Einwanderung ein probates Mittel gegen drohende Wohlstandsverluste sein könnte. Dafür brauche es 400.000 arbeitswillige und gebrauchsfähige Einwanderer jährlich, meint sie. Friedrich Merz stimmt dem zu, sagt aber auch, dass viele Zuwanderer gar keinen Berufsabschluss haben. „Wir bekommen nach Deutschland viele Menschen, die hier im Arbeitsmarkt nicht unterzubringen sind. Und die, die wir brauchen, wollen nicht kommen.“Im Koalitionsvertrag wurde angekündigt, die Migrationspolitik insgesamt zu reformieren. So etwas war mit der FDP zu beschließen, weil es um reine Nutzenaspekte ging. Fachkräfte, aber auch solche, die uns den Dreck wegmachen, sind rar. Man dachte an ein unbürokratisches Punktesystem für Einwanderung und die Unterstützung von Drittstaatenangehörigen „mit gutem Potenzial“ bei der Jobsuche. 2035 sollen hierzulande sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen.Die gegenwärtige Diskussion bewegt sich auf einem Niveau, dem man bestes Potenzial bescheinigen kann, einen weiteren historischen Tiefpunkt zu markieren. Es ist keinesfalls eine Zeitenwende, denn diese Finsternis war schon lange da und neigt zu eruptiven Ausbrüchen. Es wird über Menschen verhandelt und diskutiert, als seien sie Stückgut.Über Friedrich Merz und noch nicht ganz die CDU, wie er sie sich erträumt, lässt sich nicht streiten. Strategisch handelt der Mann in seinem Sinn vernünftig. Er testet aus, ob seine Partei und die egomanische Schwester aus Bayern in naher oder fernerer Zukunft bereit für eine Mitte-rechts-Koalition sind. Oder ob es ihnen – noch viel besser – gelingt, das in ihren Augen brauchbare Potenzial der AfD zu verstoffwechseln und den Konkurrenten am ganz rechten Rand überflüssig zu machen. Da gehört Moral nicht hin und das lässt sich auch nicht mit Anstand bewerkstelligen. Und dazu gehört – beim Bürgergeld gut exerziert, mit der laufenden Debatte um Einwanderung und Staatsangehörigkeit fortgeführt –, auszutesten, wie groß die Bereitschaft anderer ist, die Armen gegen die Ärmsten, die einen gegen die anderen auszuspielen. Die Niedriglöhnerin gegen den ALG-II-Empfänger, den ALG-II-Empfänger gegen die Geflüchtete.Menschen auf Kosten und Nutzen reduziertViel wichtiger ist die Frage, ob und wie weit es CDU und FDP gelingt, Grüne und SPD noch weiter zu entkernen. Denen muss zugestanden werden, dass sie beim Bürgergeld etwas Besseres wollten und am Bundesrat, vor allem aber ihrem eigenen Koalitionspartner FDP gescheitert sind.Nun setzt die Sprache mit dem sogenannten Chancen-Aufenthaltsrecht (wer nicht straffällig geworden ist und seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, kommt in den Lostopf) oder auch Habecks „qualifizierter Einwanderung“ neue Pflöcke und reduziert Menschen ohne die richtige Staatsbürgerschaft auf Kosten und Nutzen. Straffällig kann man hierzulande übrigens bereits werden, wenn man ohne gültigen Fahrschein erwischt wird und die Gebühren nicht zahlen kann.Wer die Debatten über die Letzte Generation verfolgt, deren Verzweiflung sich am Sekundenkleber festmacht, wird die Hoffnung mit der Lupe suchen oder begraben müssen. Sollte ihnen aber trotzdem treu bleiben. Was schwer sein wird, wenn sich SPD und Grüne weiterhin nicht vor all jene stellen, die in den Augen zum Beispiel eines Friedrich Merz keinen Schutz verdient haben. Einfach, weil sie sich nicht rechnen, keinen künftigen Gewinn versprechen oder in seinen Augen eine Bedrohung dessen sind, was er für eine Gesellschaft nach seinem Gusto erachtet.Das sind viele. Ganz schön kalt da draußen, oder?