Grandioses Trugbild

Forensik Kann die Neurobiologie der Justiz helfen, zwischen Wahnsinn und Schuld zu unterscheiden? Ein Gespräch mit der Psychiaterin Heidi Kastner
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Der Freitag: Sie sprechen fast täglich mit Gewaltverbrechern, Mördern und Pädophilen. Was lernt man dabei über das Selbstverständnis des Menschen?

Heidi Kastner: Es ist wichtig, ob man sich als autonom handelnd erlebt. Oder ob man sich als ausgelieferter Mensch ohne größeren Einfluss sieht. Handeln tut man selbst. Aber wenn man die Verantwortung an ein ominöses Schicksal delegieren kann, muss man die eigenen Motive und Handlungen nicht hinterfragen.

Welches Schicksal zum Beispiel?

Oft höre ich: „Das war der Alkohol.“ Aber der war es nicht. An den wird nur die Verantwortung delegiert. Oder: Da ist „etwas ausgerastet“. Oder: „Es ist passiert.“ – Das ist die einfachste Form, sich nicht als Urheber der eigenen