Öl: Neues Spiel, neues Glück

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Fünf Tage noch, dann ist es vorbei und die globale Ölwirtschaft darf aufs Ledersofa plumpsen, während Tony Hayward sich möglicherweise schwarz ärgern muss, dass er so völlig übereilt den Posten als CEO von BP räumte, anstatt noch ein paar Wochen durchzuhalten und diese unglaubliche Entspannung zu genießen, die sich nach der erfolgreichen Bewältigung einer so lästigen Umweltkatastrophe einstellt.

Es zeichnet sich längst ab, dass von der größten Ölpest unserer Tage am Ende nicht viel mehr als Selbstzufriedenheit übrig bleibt. BP, das "alles richtig machen wollte" und auf dem Weg dahin vor allem Inkompetenz und einen ausnehmend stringenten Willen zur Verschleierung demonstrierte, darf sich seit dem Erfolg des zweiten Anlaufs von Top Kill, nun "Static Kill" genannt, rühmen, insgesamt zwar wenig, aber immerhin doch etwas richtig gemacht zu haben. Damit hatte ja niemand mehr gerechnet.

Es kommt aber nun nichts mehr raus, aus dem Loch. Was unten drunter vonstatten geht interessiert deshalb wenig, fürs erste, auch wenn die letzten Meter der Entlastungsbohrungen anstehen und das Etwas-richtig-gemacht-haben sehr stark von dieser heiklen letzten Phase abhängt. Warum heikel? Stecken Sie mal einen Stab einen Meter tief in den Boden und versuchen Sie dann, ihn mit einem zweiten Stab am unteren Ende zu treffen. Im Golf von Mexiko findet dieses Rendezvous mehrere Kilometer unter dem Meeresboden statt, welcher bekanntlich selbst in einer Tiefe von 1,5 Kilometern liegt.

Es heißt in der NYT, die erste der beiden Entlastungsbohrungen sei jetzt nur noch rund zehn Meter von dem Unglücksbohrloch Macondo entfernt. Vor Australien habe ein Team aber zuletzt fünf Versuche benötigt, um einen Treffer zu setzen. Was zunächst die Frage aufwirft, was für ein Zwischenfall das in Australien eigentlich war. Mal davon abgesehen, dass Schäden rund um das Bohrloch wohl kaum die Chance erhöhen, den Kill von unten ("bottom kill" genannt) zu einem ähnlich erfolgreichen Ende zu führen wie den von oben. Wenn bottom kill scheitert, kann sich das Öl trotz des bejubelten Zementstöpsels neue Bahnen brechen.

Aber zu viel Pessimismus ist natürlich auch nicht gut, deshalb gehen wir jetzt mal davon aus, dass alles klappt. BP bejubelt bereits, dass Fische und Shrimps aus den Gewässern des Golfes wieder den Status der Genießbarkeit erreichen. Die US-Regierung schreitet ebenfalls mit gutem Beispiel voran und hat festgestellt, dass drei Viertel des ausgelaufenen Öls bereits aus dem Wasser entfernt wurden. Experten aller erdenklichen Institutionen widersprechen diesen Schätzungen zwar vehement und vermuten politisches Interesse hinter den völlig überzogenen Angaben, aber da ohnehin nie bekannt werden wird, wieviel Öl je aus dem Leck gelaufen ist und sich die Reste dispergiert oder unterhalb der Wasseroberfläche jeder Bestandsaufnahme entziehen, kann man da leider mehr nicht sagen.

Was zu vermuten steht ist, dass BP das Bohren selbst dort nicht lassen wird, wo der Konzern nun um die letzten Reparaturen ringt. In einer auf peinliche Weise berührenden Pressemitteilung hat man immerhin versucht, die unerhörten Verdachtsmomente zu zerstreuen. Zitat: "Mr. Suttles betonte, dass weder das ursprüngliche Bohrloch, das erfolgreich zementiert wird, noch eine der Entlastungsbohrungen Bestandteil künftiger Entwicklungen sein wird."

Das wiederum sagt eigentlich alles.

(Foto: Karen Bleier/AFP/Getty Images)

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Geschrieben von

Kathrin Zinkant

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Kathrin Zinkant

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