Risiken bleiben immer

Gentests Angelina Jolie hat sich aus Gesundheitsgründen ihre Brüste amputieren lassen. Das Krebsrisiko wird dadurch gesenkt. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit

Eine Schauspielerin, die für ihren Sex-Appeal berühmt wurde, hat sich ihre Brüste amputieren lassen. Freiwillig, weil ein Gentest ihr eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit bescheinigt hat, an Brustkrebs zu erkranken. Angelina Jolie ist nicht die erste Frau, die so handelt, aber der erste Superstar, der in der New York Times darüber schreibt. Sie wird nun für ihre Offenheit bewundert. Auch Gesundheitsexperten zeigen sich „erfreut über Jolies Text“.

Bloß: Warum? Die Frage, wie mit dem Wissen um ein Krebsrisiko umzugehen ist, kann kein Einzelschicksal beantworten. Auch der Gentest kann das nicht. Er konfrontiert nur mit Fakten: Ja, Trägerinnen eines defekten BRCA-1-Gens erkranken mit etwa 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs. Eine Brust-entfernung senkt das Risiko nahezu auf Null.

Jede zehnte Frau lässt sich erneut operieren

Die meisten Frauen, die diesen Schritt tun, sind froh, nicht mehr in steter Angst vor Brustkrebs leben zu müssen. Auch nicht mit einem körperlichen Stigma: Die Brüste werden mit Implantaten neu aufgebaut. Das zahlen in Deutschland sogar die Krankenkassen.

Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Jede zehnte Frauen muss sich später erneut operieren lassen, und die Implantate bringen eigene Risiken mit sich. Nicht alle Frauen fühlen sich mit den falschen Brüsten wohl.

Es bleibt zudem das durch das BRCA-1-Gen auf bis zu 60 Prozent erhöhte Risiko für Eierstockkrebs. Es lässt sich nicht so folgenlos eliminieren. Und schließlich konnte bislang keine einzige Studie zeigen, dass die betreffenden Frauen durch eine prophylaktische Amputation tatsächlich länger leben.

Gentests machen Risiken sichtbar

Die Operation schützt eben nur vor einer einzigen, obschon sehr konkreten und beängstigenden Gefahr. Gentests machen aber immer mehr solcher Risiken sichtbar. Angelina Jolie glaubt, dass der Mensch sie kontrollieren kann. Aber wie weit soll diese Kontrolle gehen – und wo fängt sie an?

In den USA ist es erlaubt, Trägerinnen mit defekten BRCA-Genen im Rahmen einer künstlichen Befruchtung auszusortieren. Diese Frauen leben nie das risikoreiche Leben, das ihnen zustünde. Sie haben die Freiheit nicht, für die Jolie jetzt wirbt: sich zu entscheiden. Im Zweifel auch für das Risiko.

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Geschrieben von

Kathrin Zinkant

Dinosaurier auf der Venus

Kathrin Zinkant

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