Waterworld und Öl: Physikstunde mit Kevin

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Heute brauchen wir einen Taschenrechner, aber vorher der grobe Rückblick: Es sind nicht wenig leere Worte gesprochen worden, nach dem Untergang von Deepwater Horizon, aber diese Woche war eindeutig die Woche der großen Ansagen. Obama hat sich hinter seinen Schreibtisch im Oval Office gesetzt, um der Nation die Lage zu erklären. BP hat seinen CEO Tony Hayward aus der Überforderung entlassen. Und dann kam Kevin.

Kevin Costner hat das alles ja schon vor vielen Jahren kommen sehen, die Ökokatastrophe, die schmelzenden Polkappen, die Macht des Öls. In seinem Film Waterworld von 1995 sind ein paar minder dezente Hinweise auf die Exxon Valdez-Katastrophe angebracht, und irgendwie erscheint es jetzt nur konsequent, wenn der visionäre Mit-dem-Wolf-Tänzer seine Hilfe anbietet, denn wenn man überhaupt noch von Steigerungen sprechen kann, spitzt sich die Lage im Golf von Mexiko weiter zu.

Die neuen Schätzungen der Regierung gehen davon aus, dass bis zu 60.000 Barrel am Tag aus dem Leck in 1.500 Metern Tiefe fließen. Sollte stimmen, was BP behauptet, dass die notdürftige Auffangkonstruktione und die Zündelei an der Wasseroberfläche davon jetzt rund 25.000 Barrel einstreichen, entfleuchen also noch etwa 35.000 Barrel Öl ins Meer, also unfassbare 5,565 Millionen Liter, Tag um Tag. Das Zeug wird auf unabsehbare Zeit im Wasser herumschwimmen, die Umwelt vergiften.

Aber halt, denn jetzt tritt Kevin auf den Plan: Er besitzt nämlich eine Firma. Sie heißt Ocean Therapy Solutions und stellt Geräte her, die Wasser von Öl trennen. So ein glücklicher Zufall. Costner ist sein "oil separator V-20" übrigens im Traum erschienen, und seit Monaten versucht er, das Ding der Regierung anzudienen, damit die Maschine den Golf von Mexiko rettet. Zugegriffen hat nun BP, um sich selbst zu retten, die ersten vier Dinger sind heute zur Bohrstelle hinausgefahren worden. In spätestens zwei Monaten sollen insgesamt 32 Maschinen zum Einsatz kommen.

Was aber macht dieses Gerät genau? Eine mäßig verständliche Beschreibung findet man bei Ocean Therapy itself, aber man kann das auch abkürzen: Sie funktioniert im Grunde genauso, als ließe man einen Eimer Öl-Wasser-Mischung so lange ruhig stehen, bis sich das weniger dichte Öl vollständig über dem dichteren Wasser abgesetzt hat und man es einfach absaugen kann. Das dauert allerdings, weil die treibende Kraft - die Schwerkraft - nicht so wahnsinnig stark ist. Auf dem Meer ist es zudem nie ruhig. Also muss man die Schwerkraft durch Fliehkraft erhöhen, wie in einer Salatschleuder, nur ohne Sieb. Kurzum: Costners Wundermaschine ist eine Zentrifuge, in die man laufend Öl-Wasser-Mix hineinpumpt, dass durch die schnelle Rotation dann ganz schnell und zu 99 Prozent sauber in zwei Phasen getrennt wird, die ebenso schnell, wieder aus der Maschine herausgepumpt werden.

Jetzt der Taschenrechner: Eine Maschine kann in 60 Sekunden auf diese Weise 200 Gallonen verschmutztes Wasser säubern. Das sind 760 Liter pro Minute, also gut 18.000 Liter am Tag, bei vier Maschinen knapp 73.000 Liter oder 73 Kubikmeter. Ein Sportschwimmbecken von 25 Metern Länge ist mehr als fünfmal so groß. 32 Maschinen schaffen dann sechs bis sieben Pools am Tag, also 500.000 Liter, und wir reden nicht von 500.000 Litern Rohöl, sondern von verschmutztem Wasser.

Die Lösung kann das nicht sein. Was macht man da? Und: Ist das wirklich so schlimm? Die Dust Bowl, lernen wir, war schlimmer. Haben die Amerikaner ja auch überstanden!

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Geschrieben von

Kathrin Zinkant

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Kathrin Zinkant

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