„Gedanken wie Dynamit!“

Interview David Harvey ist einer der wichtigsten Neomarxisten, aber keineswegs ein Mann der Dogmen. In seinem Buch erklärt er „Siebzehn Widersprüche und das Ende des Kapitalismus“
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 11/2015

der Freitag: Herr Harvey, unsere Gegenwart ist eine fantastische Zeit für einen Marxisten, oder?

David Harvey: Wenn man das so formulieren möchte: Ja. Wir haben aktuell die Chance, die alten Texte mit neuen Bildern zu füllen, auf höchst anschauliche Weise.

Sie meinen: Menschen, die in Fabriken verbrennen? Absurd teure Wohnanlagen in den Städten? Prekäre Arbeitsverhältnisse, schrumpfende Spareinlagen und explodierende Börsenindizes?

Ja. So deutlich hatten wir es lange nicht mehr. Ich würde gern überall herumgehen und den Leuten sagen: Ihr seht doch, was geschieht. Ob wir die Entfremdung nehmen oder von Enteignung sprechen: Ihr spürt es in euren Nachbarschaften, in der Arbeit, im Alltag – alles, worüber Marx schrieb, passiert ger