Pandemie eine Gefahr für Demokratie?

Corona Die Corona-Pandemie bringt viele Einschränkungen für die Bürger mit sich. Wie gehen die Bürger damit um? Ist die Demokratie in Gefahr?

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In einer Krise wie die aktuelle Corona-Pandemie sind Regierungen stark gefordert. Um die Bevölkerung so gut wie möglich zu schützen, muss die Bundeskanzlerin mit ihren zuständigen Ministern schnelle Entscheidungen treffen und diese auch mit den Landesregierungen abstimmen. Langwierige Debatten mit Argumenten und Gegenargumenten fanden aufgrund der Zeitknappheit nicht statt, weshalb sich viele Bundesbürger besorgt gefragt haben, ob das Parlament und vor allem die Opposition übergangen wurden Dies war bei den Corona-Maßnahmen nicht der Fall. Zwar haben nur die Fraktionen und einzelne Abgeordnete mitgewirkt, die Opposition wurde aber von Frau Merkel und den Ministerien über geplante Gesetze und Verordnungen informiert. Auch die Regierungsfraktionen konnten sich über die Vorschläge beraten, am Ende kam es zu einer Abstimmung im Bundestag. Dennoch wünschen sich Politikwissenschaftler, dass politische Entscheidungen im Bundestag und in den Landesparlamenten wieder mehr öffentlich diskutiert und kritisch hinterfragt werden.

Die Arbeit des Parlaments während der Pandemie

Wie in fast allen Lebensbereichen müssen auch im Parlament Schutzmaßnahmen getroffen werden. Aus diesem Grund finden Beratungen im Bundestag und in den Landesparlamenten teilweise per Video- und Telefonkonferenz statt. Namentliche Abstimmungen erfolgen in alphabetischer Reihenfolge und dauern eine Stunde. Die Quoten für die Beschlussfähigkeit wurden auf ein Viertel gesenkt, damit zwischen den Stühlen genügend Abstand gehalten werden kann. In den Ausschüssen des Bundestages sind schriftliche Abstimmungen zugelassen. Zudem können sich Ausschüsse in einer kleineren Anzahl persönlich treffen und andere Mitglieder zugeschaltet werden. Die Bundesländer und Kommunen haben ihre eigenen Vorkehrungen getroffen, um weiterhin handlungsfähig zu bleiben.

Wie steht es um die Kontrollfunktion der Gerichte?

Eine wichtige Säule unserer Demokratie ist die Gewaltenteilung zwischen Regierung, Parlament und den Gerichten. Doch wie sieht es mit der Kontrollfunktion der Gerichte wie das Bundesverfassungsgericht während einer Krise aus? In einigen Bundesländern liegen den Gerichten Klagen gegen die von den Regierungen verordneten Einschränkungen vor. Fakt ist, dass weder die Gerichte in ihren Kotrollmöglichkeiten noch die Bundesbürger in der Einforderung ihrer Grundrechte eingeschränkt sind. Was einige Politik- und Rechtsexperten allerdings mit Sorge beobachten ist die Tatsache, wie spät die Bürger angefangen haben, die massiven Einschränkungen ihrer Grundrechte zu hinterfragen. Sie haben sich durch medizinische Argumente, Infektionszahlen und einer moralischen Verantwortung verunsichern lassen und di Kehrseite der Medaille außer Acht gelassen. Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen wurde erst in den letzten sechs bis acht Wochen eindringlich gestellt worden.

Unterschiedliche Vorgehensweisen in den Bundesländern

Seit einigen Wochen gelten in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Regelungen zur Eindämmung des Corona-Virus. Dies scheint auf den ersten Blick die bessere Lösung zu sein, denn in einem Bundesland oder einer Region mit geringen Einwohnerzahlen müssen die Maßnahmen nicht so streng sein wie in den Ballungszentren. Doch es kommt bei manchem Bundesbürger der Verdacht auf, dass bei den verschiedenen Regelungen auch andere Motive eine Rolle spielen könnten, beispielsweise die Rivalität zweier möglicher Kanzlerkandidaten. Zudem schwindet das Verständnis bei den Bürgern dafür, dass im Umkreis von 50 km zwischen den norddeutschen Bundesländern unterschiedliche Verordnungen gelten. So darf es niemanden wundern, dass nicht nur bei den Gegnern der Maßnahmen von Willkür gesprochen wird und Populisten dies für ihre Zwecke ausnutzen.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf andere Demokratien?

Am Beispiel Frankreich lässt sich erkennen, wie unterschiedlich politische Kulturen in den EU-Ländern sind. So stehen bei unseren französischen Nachbarn eine starker Präsident und eine starke Exekutive einem laut Verfassung schwachen Parlament gegenüber. Die Pandemie hat dies noch einmal deutlich gezeigt. In Großbritannien wurde das Parlament nach der denkwürdigen Sitzung am 23, März, in der die ersten Regelungen beschlossen wurden, in den Osterurlaub verabschiedet. Die könnte den Eindruck erwecken, dass die Parlamente ausgeschaltet würden. Doch wie in Deutschland laufen viele Strukturen der Entscheidungsfindung, Information und Kontrolle im Hintergrund statt. Auch in Großbritannien müssen Regierungsfraktionen, die Opposition sowie die Ausschüsse einbezogen werden.

Dabei hatte die Regierung in London eine wichtige Abstimmung zum Glücksspielgesetz in Bezug auf einen sicheren Zahlungsverkehr auf der Tagesordnung. Hier ging es im Speziellen um Online Zahlungsverkehranbieter wie der Paysafecard. Diese kann als Indiz für einen sicheren Zahlungsverkehr im Internet gewertet werden. Bei der Paysafecard handelt es sich um ein elektronisches Zahlungsmittel, das nach dem Prepaid-System funktioniert. Angeboten wird diese Form der Zahlungsmöglichkeit aktuell in 41 Ländern. Kunden kaufen sich die Paysafecard in einer der vielen Verkaufsstellen. Dies sind Tankstellen, Postämter oder auch Tabakläden. Als Käufer erhält man einen Pin mit einem Wert zwischen 10 und 100 Euro, mit dem man seine Verbindlichkeiten einfach und schnell online begleichen kann. Diesen 16-stelligen Pin kann man natürlich auch online erwerben.

Sind Pandemien eine Bedrohung für liberale Demokratien?

Von einer Gefahr für die Demokratie kann man aus Sicht von Politikwissenschaftlern nicht sprechen, da es sich bei den Einschränkungen um zeitlich begrenzte Maßnahmen handelt und diese einer Überprüfung durch das Parlament unterzogen wurden. So wurden rechtsstaatliche und demokratische Voraussetzungen eingehalten. Besorgniserregend sind die wirtschaftlichen und sozialen Folgen, die im Moment noch nicht absehbar sind.

Ungarn und Brasilien hingegen scheinen sich dank der Krise noch weiter von einer Demokratie weg zu bewegen, denn dort sind die Maßnahmen weder zeitlich begrenzt noch wurden sie vom Parlament abgesegnet. In Polen wurde die Pandemie dazu genutzt, die Präsidentschaftswahlen zu verschieben und nur noch per Briefwahl abstimmen zu lassen. Autoritäre Regime werden die Corona-Pandemie zu Anlass nehmen ihre massiven Einschränkungen von Freiheitsrechten in ein moralisches und fürsorgliches Gewand zu stecken.

Gehen Demokratien gestärkt aus der Krise hervor?

Es hat den Anschein, dass autoritäre Staaten die Maßnahmen schneller umsetzen können, doch dies lässt sich pauschal nicht belegen. Einige Demokratien haben die Krise bislang sehr gut bewältigt, während in einigen Autokratien die Zahl der Infizierten über 100,000 liegt. Es gibt aber auch autoritäre Staaten wie Singapur, die sehr gut mit der Krise umgegangen sind.

Das Problem sind junge Demokratien, in denen sich die rechtsstaatlichen Strukturen noch nicht etablieren konnten. Auch Staaten, in denen Populisten die Macht übernommen haben und die Pandemie dafür nutzen, ihre Länder langsam in autoritäre Fahrwasser zu treiben. Sie vertreten die Meinung, dass Demokratien für die Bewältigung großer Krisen zu umständlich und zeitaufwendig sind. Doch mit dieser Auffassung stehen sie noch weitgehend alleine, und das wird in den meisten Fällen auch so bleiben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Katja Schreuder

Als Philosophiestudentin bin ich nicht nur am Weltgeschehen und internationaler Politik interessiert, sondern auch an den philosophischen Konsequenzen

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