Armes Land Afrika

Kino Im Marvel-Film „Black Panther“ balgen sich die berechtigten Anliegen nur so
Ausgabe 07/2018

In Black Panther langweilt man sich weniger als in anderen Marvel-Filmen. Ernüchternd, dass das schon als Statement über die kommerziell erfolgreichste Filmreihe aller Zeiten taugt, aber die Messlatte hängt eben niedrig.

Nachdem der erste afrikanische Superheld des Marvel-Universums bereits in The First Avenger: Civil War einen kurzen Auftritt hatte, ist Black Panther sein erster Einzelfilm. Und wieder: Leute in schlecht ausgeleuchteten Räumen beraten über ernste Dinge. Neben dem mehrheitlich schwarzen Cast unterscheidet sich Black Panther von anderen Filmen der Reihe am offensichtlichsten durch die Kostüme.

Einflüsse aus der Zulu-, Massai-, Ndebelefolkore vermischen sich mal mit Issey Miyakes Avantgarde, mal mit aktueller athleisure. Der perkussive Score voller dumpf puckernder Trommeln klingt wie eigentümlich organische Computermusik. Das verweist auf die Ästhetik des Afrofuturismus, die spätestens seit Künstlerinnen wie Janelle Monaé oder FKA Twigs im Mainstreampop angekommen ist.

Als Regisseur wurde Ryan Coogler nach nur zwei Filmen (Nächster Halt: Fruitvale Station und Creed – Rocky’s Legacy) verpflichtet. Er verantwortet auch das Drehbuch der Comicverfilmung. Was er darin zu sagen hat, steckt leider fast ausschließlich in den Dialogen. Gleich zu Beginn befreit der als Black Panther maskierte König T’Challa (Chadwick Boseman) eine Gruppe verschleierter Frauen aus den Händen gesichtsloser Terroristen. Eine Anspielung auf die Entführung nigerianischer Schulmädchen durch Boko Haram von 2014.

Nur Minuten später finden wir uns in einem Londoner Museum wieder, das Kunst und Werkzeuge ausstellt, die einst unrechtmäßig von Kolonialherren nach England gebracht worden waren. Aber es geht nicht nur um Terrorgruppen und die koloniale Vergangenheit, es geht auch um das Migrationsproblem, um selbstgerechte Herrscherdynastien, um Stammeskriege, in denen plötzlich Bruder gegen Bruder, Ehefrau gegen Ehemann steht. Es geht um die Diaspora-Erfahrung, um Sklaverei, die Handelsbeziehungen zwischen Afrika und Asien und immer wieder um das Image afrikanischer Staaten, die nur selten wegen ihres beispiellosen Wirtschaftswachstums die Nachrichten dominieren.

Der Film hat berechtigte Anliegen, nur sind es sehr viele auf einmal, oftmals beiläufig in einem Nebensatz abgehandelt. Als hätten die Filmemacher blindlings sämtliche Probleme, die ihnen einfielen, in einen Topf geworfen, nach dem Motto: Wer weiß, wie oft wir noch die Möglichkeit haben, darüber öffentlichkeitswirksam zu reden. Im besten Fall lässt das Black Panther beliebig wirken, im schlimmsten Fall wird das diffuse Bild eines gebeutelten Landes reproduziert, das bei uns für „Afrika“ steht.

Der zentrale Konflikt der Handlung in Black Panther ist ein im Marvel-Kino-Universum altbekannter: Man hat dort ein Problem mit Verantwortung. Das fiktive Königreich Wakanda verfügt über Vibranium in rauen Mengen, ein Metall, das extremen Reichtum sowie technischen und medizinischen Fortschritt gewährleistet. T’Challa folgt einer langen Linie von Herrschern, die nach außen hin den Eindruck eines Drittweltlandes aufrechterhalten, um zu verhindern, dass das Vibranium als tödliche Waffe in die falschen Hände gerät.

Damit bietet er eine Angriffsfläche für die interessanteste Figur des Films, den Bösewicht Erik Killmonger (Michael B. Jordan), der findet, Wakanda müsse seinen humanitären Pflichten nachkommen. Noch ein legitimes Anliegen, das Coogler verschenkt, weil er Figuren zwar über Konflikte reden lässt, sie aber nicht fühl- und sichtbar macht. Vielleicht ist das aber auch besser so: denn für jeden ansehnlichen Spezialeffekt in Black Panther gibt es einen, der absurd billig aussieht. Da merkt man, dass Cooglers Film nur einer in einer Reihe von sehr vielen anderen ist.

Info

Black Panther Ryan Coogler USA 2018, 134 Min.

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