Diejenigen Magazine, die viel auf die eigene Coolness halten, erkennt man daran, dass sie sich eine Rubrik für den buchstäblichen Non-Sens geschaffen haben. Dort darf der Non-Journalismus des Jetzt-Magazins sein Leben als biederes Augenzwinkern posthum weiterführen.
Auch das Online-Magazin The European hat eine solche Rubrik – und dafür Manfred Dumke aus der eigentlich wohlverdienten Versenkung geholt, der diese Funktion einst schon beim TV-Lifestyle-Magazin Polylux erfüllte; weshalb die Rubrik bei The European „Dumke Reloaded“ beziehungsweise „Manne reloaded“ heißt. Ein Name, den sich sonst hoffentlich keiner zu erfinden getraut hätte, weil „reloaded“ seit mindestens fünf Jahren aber sowas von uncool ist. Genauso übrigens wie die vermeintlich authentische Zurschaustellung von Unterschichten.
Elitäre Abdichtung
The European ging im Herbst vergangenen Jahres online, eben hat es einen Relaunch unternommen, der nicht weiter aufgefallen wäre, wenn nicht Meedia darüber berichtet hätte. Der Traffic lässt offenbar zu wünschen übrig, tatsächlich taucht das Magazin selten anderswo auf, von den angekündigten Scoops war bislang wenig zu sehen. Das liegt weniger am Konzept – The European will das Gegenteil eines Nachrichtenportals sein und ordnet die Beiträge unter die Überschriften „Debatte“, „Köpfe“, „Gespräche“ und „Kolumnen“ – sondern vielmehr an der elitären Abdichtung nach außen.
Zu den „Kolumnen“ zählt auch „Manne reloaded“, das freilich immer sonntags, zum Abschluss einer harten, seriösen Woche, stattfindet. Allerdings ist Dumke der einzige Normalbürger, der auf The European sein Wort erheben darf (und wie!). Denn The European geht es nicht um die Vernetzung zwischen Bürgern und Entscheidern, sondern zuvörderst um die Vernetzung zwischen Entscheidern und Entscheidern und natürlich den Redakteuren, die eben auch gern zu den „Köpfen“ gehören. Bislang kann der normale User nur mitlesen oder Leserbriefe schreiben, wenn unter „Debatte“ Antworten eingeladener Autoren auf Fragen präsentiert werden, die The European stellt.
Aufgewärmte Arroganz
Bei der Auswahl der Autoren scheint im Zweifel deren Popularität wichtiger zu sein als deren Objektivität; über „Frauen und Humor“ diskutierten bislang unter anderem Sissi Perlinger, Ruth Moschner und Mirja Boes (so viele Frauen sieht man bei The European sonst übrigens selten: Das 31-köpfige Redaktionsteam listet gerade einmal vier auf). Überhaupt sind die Themen nicht so neu, wie man sich vielleicht erhoffen könnte: Man „debattiert“ zum Beispiel über die Landtagswahl in NRW, was aus der CDU und was aus den Grünen wird sowie über Kunduz, Lobbyismus und die Prekarisierung der Arbeitswelt. Nichts, was man nicht irgendwo anders schon gehört hätte. Und nichts, was den Namen dieses Magazins rechtfertigen würde, denn das klingt alles ziemlich deutsch und gar nicht europäisch.
Dieser Verdacht erhärtet sich, wenn man sich in der Kolumne „Alexander-Platz“ des The-European-Gründers und -Chefredakteurs Görlach umtut. Görlach hofft auf eine „christlich-ökologische“ Koalition, von der er sich „eine Wiederkehr der Werte und der Vision in die Politik“ verspricht: „Dann wird sich endlich wieder etwas tun in Deutschland.“ Das Gruseln dagegen ergreift ihn angesichts des angeblichen Linksdralls der CDU: „Die große Leere. Wir fürchten sie. Ein Abgrund. Ein weites Feld. Urängste. Im politischen Spektrum gibt es eine Leere da, wo früher einmal die CDU positioniert war.“ Nur gut, dass es bei The European noch „Manne reloaded“ gibt: Da schmeckt die konservative Arroganz immerhin nur aufgewärmt und nicht so abgestanden wie bei Görlach.
Kommentare 10
Liebe Frau Schuster,
herzlichen Dank, dass Sie sich in Ihrem Artikel unserem Debatten-Portal gewidmet haben. Dass Sie unsere Beiträge mit konservativen Meinungen nicht mögen, ist Ihr gutes Recht. Mit vielen Kommentaren und Kolumnen auf The European wollen wir provozieren. Doch elitär sind wir nicht – erst recht nicht, weil wir die Leser aus den Debatten ausschließen würden. Hätten Sie sich die Mühe gemacht, unsere Leserbriefe einmal auszuprobieren, hätten Sie gemerkt, dass diese der üblichen Kommentarfunktion im Web entsprechen. Die heißen bei uns nur anders, weil wir eine unserer redaktionellen Textgattungen bereits Kommentare nennen. Ich lade Sie also herzlich dazu ein, an den Debatten, in denen übrigens politische Meinungen jedweder Couleur vertreten sind, teilzunehmen.
Und was sich unter dem Namen The European verbirgt, ist nicht das politische Bestreben eines Einheitlichen Europa. Unser Name steht vielmehr für die europäische Debattenkultur und deren geistiger Grundhaltung – offen und diskursiv.
Wer sich ein eigens Bild machen will: www.theeuropean.de/ueberuns
Beste Grüße
Oliver Scheiner (CvD The European)
Auch wenn die Autorin mit "Leserbrief" nicht genau war, der Begriff ist im Online-Bereich etwas missverständlich - online denke ich da automatisch an Snail-Mail. Insofern müssen Sie sich das schon zum Teil selbst zuschreiben.
Aber das sind Randbereiche. Einen gewissen elitären Touch hat Ihre Publikation schon, sie ist zumindest die einzige mir bekannte, in der sich der Chefredakteur konsequent intern als Dr.Dr. Alexander Görlach bezeichnen lässt, z.B. im "Wer wir sind"-Video. Ich hab es auch schon an anderen Stellen bei Ihnen bemerkt, z.B. nach dem Motto "Dr. Dr. Alexander Görlach über ..."
Mir wäre das - mit Verlaub - peinlich. Eine derartige Lebensleistung sind zwei Doktortitel nun auch nicht, jede Professorin und jeder Professor in Deutschland hat sowas... Ach ja, wenn wir schon bei Professoren sind: Im Video spricht Dr. Dr. mit Jo Groebel. Der ist übrigens Prof. und Dr., ohne dass dessen Titel im Video genannt würden. Sieht mir leicht profilneurotisch aus, um ehrlich zu sein.
Ist das jetzt Futterneid? Die Toepfe der EU sind gross...und lesen muss es eh niemand.
@Oliver Scheiner
Ich habe nirgends behauptet, dass Leser ausgeschlossen würden, sondern dass sich The European elitär abdichtet. Und das tut es imho durchaus, wenn es in gleichsam vorauseilendem Gehorsam zwischen den 'normalen' Lesern und den 'ordentlichen' Kommentatoren unterscheidet. Das ist kein moralischer Einwand, sondern meiner Meinung nach einer der Gründe dafür, dass The European im WWW bislang überraschend wenig vorkommt. Nicht mehr und nicht weniger.
P.S.: Ihre Erklärung der niedrigen Frauenquote hätte mich mehr interessiert als der Hinweis darauf, was The European sein will. (Irgendetwas sein wollen schließlich alle, nur gelingt das eben allzu selten.)
Sehr geehrte Frau Schuster,
dass Sie offenbar glauben, dass auf jetzt.de "Non-Journalismus" (Was bitte soll das sein? Wer bestimmt was Journalismus ist?) stattfindet, ist eine merkwürdige aber offenbar Ihre Meinung.
Dass Sie aber behaupten, dieser würde posthum irgendwo weitergetragen, ist Unsinn. Wer sich als Nicht Non-Journalist zu Wort meldet, sollte soviel Recherche erbringen und feststellen, dass jetzt.de nicht tot ist, sondern erstaunlich wächst.
Es gibt sogar Menschen, die behaupten, die Macher dieser Website hier hätten bei der Konzeption diese Leistung erbracht und die URL www.jetzt.de angesurft. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das auch mal versuchen und den obigen Fehler korrigieren.
Dirk von Gehlen,
Redaktionsleiter jetzt.de
Sehr geehrter Dirk von Gehlen,
das ist falsch, Sie haben völlig Recht. Mich ärgert das ebenfalls, da in meiner Version tatsächlich vom Jetzt Magazin die Rede war und nur mit diesem Bezug der Begriff "Non-Journalismus", den ja das Jetzt-Magazin und sicher nicht jetzt.de erfunden hat, überhaupt sinnvoll ist. Ich weiß noch nicht, was da schief gegangen ist und kann deshalb nur sagen, dass mir dieser Fehler leid tut. Ich bemühe mich, auch aus eigenem Interesse, darum, dass das geändert wird.
P.S.: Bestimmt haben die Macher dieser Website (zu denen ich nicht gehöre) bei ihrer Konzeption auch jetzt.de angesurft, das taugt nun wahrlich nicht zum Raunen. Und ich tue das auch ab und an, keine Sorge.
Sorry, das war mein Fehler. Ich habe in offenbar verwirrtem Geisteszustand beim Korrekturlesen das "Jetzt Magazin" durch "jetzt.de" ersetzt. Ich korrigiere das nun im Text von Frau Schuster zurück.
Michael Angele
Vielen Dank für die schnelle und gute Reaktion!
Dirk von Gehlen
the european ist nicht sonderlich innovativ. genaugenommen ist es eine kopie vom cicero in online und aus genau der ecke kommt es auch.. von cicero online.
www.cicero.de/94.php?=1136
in dem sinne, ist die website einfach nur konsequent. ausnahmsweise muss ich der mich liebenden katrin schuster insofern recht geben, als dass man dort nichts interessantes findet.
es ist langwelig und vor allem belanglos.
zum glück hat das teil nur knapp 2 jahre... mehr geld ist nicht da. und nein, ich glaube nicht, dass das geplante club-modell von denen aufgeht.
mfg
mh
Das war´s dann wohl mit der Heimlichkeit meiner Liebe für Sie. Spricht die Seele, ach ...