Wenn man den Ursprungsmythen über Apple hinterher horcht, trifft man auf Garagen - nicht als Behausungen für Autos, sondern als amerikanische Version des Hobbyraums. Und man trifft auf ein Datum, den 1. April des Jahres 1976. Angeblich unterzeichneten Ron Wayne, Steve Wozniak und Steve Jobs an diesem Tag den Gründungsvertrag der Firma. Andere Quellen besagen, dass am 1.4.1976 der Apple I vorgestellt wurde, auf einem der Garagen-Treffen des Homebrew Computer Clubs, eine Gruppe von Technik-Bastlern.
Der Apple I war nicht, wie damals üblich, als Bausatz erhältlich, sondern wurde fertig zusammengebaut verkauft - zusammengebaut in der Garage der Eltern von Steve Jobs. Das Gehäuse bestand aus Holz. Nur 200 Stück wurden verkauft. Bereits der Apple II reüssierte jedoch auf dem Markt. Und spätestens seit der Jahrtausendwende gilt das Mitte der neunziger Jahre schon totgeglaubte Unternehmen als einer der wichtigsten Tonangeber der Branche.
Dass diese Erfolgsgeschichte noch lange kein Ende findet, liegt vor allem an Steve Jobs. Oder zumindest an dem Ruf, der ihm vorauseilt. Jobs gilt als Mann mit Durch- und Weitblick, als unberechenbar in positivem wie negativem Sinne. Zwar sehen viele in ihm ein ideelles Gegenbild zum Geschäftemacher Gates, an seiner Loyalität herrschen allerdings Zweifel. Manche bescheinigen ihm einen Hang zur Esoterik - die siebziger Jahre waren in San Francisco schließlich eine auf- und anregende Zeit.
Im Gegensatz zu Bill Gates band Jobs mutig Hard- und Software eng aneinander: Wer einen Apple kauft, war bislang auch auf das Betriebssystem - aktuell: OS X - verpflichtet. Auf Jobs Konto gehen zudem die meisten der Dinge, die unseren Umgang mit dem Computer an der Oberfläche, und das heißt wesentlich, strukturieren. Jobs war derjenige, der die Benutzeroberfläche einführte, die "Maus", den "Papierkorb", den Doppelklick und vieles andere mehr.
Auf den firmeneigenen Messen, der MacWorld und der AppleExpo, oder bei der WWDC, der Worldwide Developers Conference, erstrahlt Steve Jobs oft wie ein Guru. Seine Reden dort, in Jeans und Sweatshirt gehalten, die so genannten "Key Notes", werden stets so nervös wie sehnsüchtig erwartet: Was hat er nun wieder für eine Idee? 1998 stellte Jobs den iMac vor, ein neues Apple-Modell für Jedermann.
Das war der Paukenschlag seines zweiten Anfangs bei Apple. Denn erst Ende 1996 war Steve Jobs zurückgekehrt, nachdem er die Firma im Jahr 1985 aufgrund interner Querelen verlassen hatte. 1986 gründete er daraufhin NeXT Computers (auf einem NeXT entwickelte der CERN-Programmierer Tim Berners-Lee seit 1989 das World Wide Web). Im selben Jahr kaufte er eine Tochterfirma von LucasFilms und machte dieses Pixar in der Folge zu dem, was es heute ist: vielfacher Oscarpreisträger, die erste Adresse für digital animierte Filme (Monster AG, Findet Nemo und Die Unglaublichen stammen aus der Pixar-Fabrik), kurz gesagt: die Zukunft des Zeichentricks. Überraschend kündigte Jobs 2004 an, die seit 1991 bestehende Zusammenarbeit mit Disney nicht zu verlängern. Er wusste offenbar, was Pixar wert ist: Im Januar dieses Jahres kaufte Disney Pixar, für einen Preis von 7,4 Milliarden Dollar, den viele als überhöht betrachten. Jobs ist keiner, der eine Firma verhökert und sich zur Ruhe setzt. Nein: Disney tauschte Aktien mit ihm, nun ist er der größte Einzelaktionär der Unterhaltungs-Company. Wer bei ihm einsteigt, bei dem steigt erst einmal er ein. Ähnlich kam Jobs auch zu Apple zurück: 1996 erwarb das kriselnde Unternehmen die gerade mal zehn Jahre alte Firma NeXT. Und Jobs nahm schon bald wieder seinen ehemaligen Chefposten ein.
Zurück zuhause kündigte er nicht nur die Lizenzierungsverträge - um Hard- und Software wieder aneinander zu koppeln - sondern fand er auch den Designer, der die Hardware endlich ins gebührende Rampenlicht rückte. Jonathan Ive war bereits fünf Jahre bei Apple, seine Ideen vom transparenten Gehäuse waren jedoch ungehört geblieben. Erst Jobs hörte hin. Und hatte sie endlich gefunden, die Eleganz des 21. Jahrhunderts: die pastellfarbene, pure, durchsichtige Maschine. Die reine Maschine eben. "hello" in Schreibschrift stand auf dem Desktop geschrieben. Und darunter in der bekannte Apple-Typo und in Klammern gesetzt: "(again)". Tatsächlich bedeutete das Apples Eintritt in den großen Markt.
Vielleicht lag das auch an diesem schmalen, vorgeschobenen, kleingeschriebenen "i". "I" heißt übersetzt "ich", klingt aber auch nach "eye" für "Auge", steht aber für "Internet". So fasst dieser einzige Buchstabe wie ein Logo perfekt eine Kultur zusammen, in der sich das Subjekt vornehmlich als visuelles vorstellt. Apple setzte mit dem Ich/Auge "i" zur scheinbar unaufhaltsamen Karriere an. Der "iPod" ist ihr jüngster Höhepunkt. "Ein Club, in den man sich einkaufen kann", nannte der Vanity-Fair-Autor Michael Wolff die Apple-Gemeinde jüngst. Mit dem iPod wurde und wird dieser Club täglich größer.
Auf der WWDC 2005 gab Steve Jobs schließlich bekannt, dass Apple-Computer in Zukunft mit Intel-Prozessoren arbeiten werden. Was ermöglicht, dass Windows darauf läuft. Bereits das Apple-Betriebssystem OS X steht unter einer Open-Source-Lizenz. So also verfolgt Jobs sein nie vergessenes Ziel des echten Personal Computers: indem er die Entscheidung über die Software mehr und mehr in die Hände der User legt. Und sich selbst scheinbar daraus zurückzieht.
Auf dieses Image des demokratischen Visionärs mit Sinn für originellen Stil kann sich Jobs getrost verlassen. Während nämlich Microsoft an der Entwicklung eines neuen Betriebssystem zu verzweifeln scheint, hat Steve Jobs durch seinen Einstieg bei Disney längst für den "Content" gesorgt, der Konzern nennt schließlich Themenparks, mehrere Spartenkanäle und den US-Fernsehsender ABC sein eigen, ganz zu schweigen von den Archiven der Company. Braucht es nur noch eine hübsche Maschine, die all das einfach und vor allem individuell aufbereitet. Denn die Hardware für die Privatisierung der Medien wird auch weiterhin Apple liefern.
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