Halte dich von reichen Männern fern!

Tatort Der Tod führt ein strenges Regiment im Bremer Tatort "Königskinder". Kommissarin Lürsen (Sabine Postel) und Kollege Stedefreund (Oliver Mommsen) stehen auf der Leitung

Frauen, die sich mit sozial besser gestellten Männern einlassen, landen früher oder später bei den Leichen, erzählt uns dieser Tatort: die eine, Sonja Mesenburg, als Tote, weil sie nach oben heiratete, obwohl sie für unten viel geeigneter gewesen wäre; die andere, Edith Siemers, muss die Leiche ihres Chef, mit dem sie eine Affäre hatte, identifizieren. Und diese Geschichte bekommt von ihrem Autor und Regisseur Thorsten Näter dann allen Ernstes den Titel Königskinder. Der Milieu-Unterschied als unüberwindbare, weil gleichsam natürliche Barriere also: "Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb, sie konnten beisammen nicht kommen, das Wasser war viel zu tief …"

Frauen wiederum, die es nicht einmal zur Kleinbürgerin gebracht haben, wie die Prostituierte Jelena, interessieren von vorneherein niemanden. Die wichtige Zeugin wurde gerade erst erstochen, da packen Inga Lürsen und ihre Kollegen schon die Kartons, um den Mord an Sonja Mesenburg zu den Akten zu legen. Allein der Blick auf die Kontoauszüge eines – ebenfalls bereits toten – Verdächtigen sorgt dafür, dass der Fall noch einmal angegangen wird. Von Jelena dagegen ist bis kurz vor Schluss keine Rede mehr, weitere Untersuchungen finden nicht statt. War eben nur 'ne Nutte, oder?

Überhaupt fällt einem erst nachher auf, dass dieser Tatort ziemlich viele Tote beschert, ganze sechs sind es am Ende. Was für eine verlorene Liebesmüh: Sein zentrales Motiv – dass der Tod immer näher ist, als man denkt – erscheint herbeizitiert, trotz oder gerade wegen Stedefreunds Verwickeltseins und Tränenvergießens, Lürsens gedankenverlorenen Lavendelblümlein-zwischen-den-Fingern-Herumdrehens-und-an-Orangen-Riechens und des Durchs-Bild-Laufens einer jüngeren Ausgabe von Karlsen.

Ansonsten dient die Handlung vor allem dazu, den Zuschauer auf falsche Fährten zu locken. Wiewohl der doch längst ahnt: Kleinbürger wie -kriminelle sind viel zu doof für so ein gewieftes Verbrechen, das der Mord an Sonja Mesenburg laut Lürsen angeblich darstellt. Dass auch Stedefreund manchmal unerträglich lange auf der Leitung steht, erklärt sich wohl anders. Vermutlich guckt der einfach nur zu wenig Film und Fernsehen, sonst kennte er die übliche Methode des Fallenstellens nämlich zur Genüge. Und wüsste vielleicht auch, dass man, will man sich hinter einem Paravent verstecken, besser dessen Beleuchtung ausknipst. Selbst wenn die Knarre dann keinen so schicken Schatten mehr wirft (selten so gelacht beim Tatort, ehrlich!).

Per Königskinder traten außerdem zwei Männer ins Leben der mittels Schlag auf den Kopp stimmungsrenovierten Inga Lürsen. Den einen kennt sie schon, der heißt Paul und ist der Hund ihrer Tochter, die die Stadt verlassen hat, ohne der Mama Bescheid zu geben. Der andere heißt Adrian und ist – wenn Lürsen selbst noch eine Mama hat, dann freut die sich jetzt bestimmt – Arzt. Obwohl das ja, wegen des unüberwindlich tiefen Wassers siehe oben, eigentlich nicht gut ausgehen kann.

Unfreiwillig wahrer Satz I: "Warum bin ich denn da nicht drauf gekommen?"

Unfreiwillig wahrer Satz II: "Es ist manchmal schwer für uns, den Täter zu finden, aber wenn wir ihn haben, ist es kein Problem mehr, die nötigen Beweise zu bekommen."

Perfekte Besetzung: Bibiana Beglau als Sekretärin. Ist viel faszinierender als die ewige Redundanz ihrer ätherischen Ausstrahlung.


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Geschrieben von

Katrin Schuster

Freie Autorin, u.a. beim Freitag (Literatur, TV, WWW)

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