Randgänge

Hörbuch Denken in Aktion ...

Denken in Aktion

Die gesellschaftlichen Erscheinungen, für die die 68er verantwortlich gemacht werden, reicht vom Verfall der Sitten bis zur volksüberlebensbedrohenden Kinderlosigkeit. Von ihren Denkern spricht dagegen kaum einer mehr - ganz zum Trotz, dass das Aufbegehren von 1968 nicht zuletzt in den Hörsälen seinen Anfang nahm. Immerhin das lässt sich nun ändern. Der Mensch in einer sozialisierten Welt nennt sich die Sammlung aus 4 CDs, die zwei Vorträge und zwei Gespräche mit Herbert Marcuse enthält. Das bedeutet: kritisches Denken über Gesellschaft in Aktion zu vernehmen, der typischen rhetorischen Entschiedenheit der Frankfurter Schule mit Marcuse denken, ihm und seinen Utopien nachdenken.

Herbert Marcuse Der Mensch in einer sozialisierten Welt. Quartino. München 2007. 4 CDs, 200 Min., 19,95 EUR

Wildes Denken

"Um verständlich zu machen, dass es hier nicht um eine Liebesgeschichte gehandelt hat ... war es erforderlich, eine absolut bedeutungslose Gliederung zu wählen", sagt Roland Barthes im Vorwort seines kulturwissenschaftlichen Glossars Fragmente einer Sprache der Liebe, das von "Abhängigkeit" und "Abwesenheit", über "Gradiva" und "Habenwollen" zu "Zueignung" und "Zugrundegehen" reicht. Und das als Hörbuch? Ja, das klappt ganz vorzüglich. Weil sich der eher als harter Kerl bekannte Christian Berkel dies einfühlsame und ungebändigte Lexikon gleichsam tastend erliest - als würde er den Sinn der Worte selbst nur verstehen, indem er sie laut vorsagt und sie sich erst in diesem Sich-Selbst-Zuhören begreiflich macht. Für diese akustische Umsetzung von Roland Barthes dichter Metaphorik und sein wildes Denken braucht es Konzentration.

Roland Barthes Fragmente einer Sprache der Liebe. Gelesen von Christian Berkel. Hoffmann, Hamburg 2008, 2 CDs, 145 Min., 22,95 EUR

Beim Denken

Einer der aufregendsten Denker dieser Tage ist der Berliner Medien-Professor Friedrich Kittler, dessen aktuelles Projekt den Sirenen gilt. Die Medienwissenschaft werde ihm langsam langweilig, erklärt er auf Musen, Nymphen und Sirenen. Vor einiger Zeit reiste Kittler nach Italien, um nachzuweisen, dass Odysseus an der Insel der Sirenen nicht nur vorbeischipperte, sondern dortselbst an Land ging. Und davon erzählt er nun in angenehm plauderndem Tonfall, als säße man bei Wein und Zigaretten am Tisch und machte sich mit ihm einen schönen Abend. Kittlers intellektuelle Verve, seine Graecomanie und sein Talent zum blitzenden Kurzschluss sind über die Maßen faszinierend.

Friedrich Kittler Musen, Nymphen und Sirenen. Supposé, Berlin 2007. 1 CD, ca. 56 Min., 18 EUR

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Katrin Schuster

Freie Autorin, u.a. beim Freitag (Literatur, TV, WWW)

Avatar

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden