Theo Zwanziger, Chef des Deutschen Fußball-Bundes, drückt es kurz und schmerzlos aus: "Wenn jemand ernsthaft glaubt, dass dieses nationale Event Frauen-WM auf die Bundesliga zu übertragen ist und dort einen Hype auslöst, dann hat er vom Fußball keine Ahnung." Immerhin: Der Mann ist ehrlich und legt keinen Wert auf gefloskelte Gefälligkeits-Bekundungen zum Thema Frauenfußball in Deutschland.
Vielleicht wäre ein kleines bisschen mehr Optimismus netter gewesen. Zumindest höflicher. Andererseits schützt sich der DFB so selbst vor Erwartungen und Verantwortung: Das nachhaltige Interesse der Bevölkerung an fußballspielenden Frauen ist – trotz der guten Einschaltquoten der WM – wohl eher dürftig. Ausreden für Fußball-Muffeligkeit florierten auch rund um die WM. Und das mangelnde Interesse wird, so die DFB-Logik, in ein Fortführen der Förderung auf unterstem Niveau münden.
Bitte nicht in der Sportschau!
Denn Geld investieren wird der Fußball-Bund nur dort, wo er auch richtig viel wieder rausbekommt – zum Beispiel durch die Fernseheinnahmen. Die aber werden kaum steigen können, denn die Sender sehen keine Chance für eine mediale Etablierung der Fußball-Frauen auf Augenhöhe mit den Männern. Nachdem die BILD vergangene Woche berichtet hatte, die ARD werde ab sofort in der Sportschau auch Spielberichte aus der Frauen-Bundesliga zeigen, dementierte dies jüngst ARD-Sportkoordinator Balkausky im Gespräch mit der taz.
Wofür zahle ich nochmal diese GEZ-Gebühren? Der Kreislauf aus Desinteresse des (öffentlich-rechtlichen) Fernsehens, Pessimismus des DFB und mangelnde Begeisterung in der Bevölkerung schließt sich also wieder. Nach dem Hype ist vor dem Hype.
Anstatt finanzielle Förderung für Frauenfußballvereine zu gewähren, schiebt der DFB die Verantwortung einfach zu diesen ab: "Damit die Frauen-Bundesliga überhaupt mal auch nur in die Nähe der 3. Liga der Männer kommen kann, müssen in den Vereinen andere Strukturen geschaffen werden", so Zwanziger. Woher die Vereine plötzlich das Geld zur Schaffung neuer Strukturen zaubern sollen, erwähnt der ehrlich-pragmatische DFB-Chef natürlich nicht. Dass die Vereine allesamt mit unvorstellbaren Problemen zu kämpfen haben, wie der 1. FFC Frankfurt, der nicht einmal Mittel für Flutlichtmasten im eigenen Stadion übrig hat, wird nicht thematisiert. Sie sollen es einfach aus eigener Kraft schaffen. Quasi aus dem Nichts. Mit Sponsoring tun sie sich schwer. Während der DFB bei seinen Männerteams und in Sachen Bundesliga kräftig investiert, um den permanenten Hype immer weiter anzuheizen, ist ihm ein Anschieben der tatsächlichen Professionalisierung des Frauenfußballs, durch gezielte Förderung schwacher Vereine, keinen müden Heller wert.
Einfach keine Profis
Die Katze beißt sich in den Argumentationskaskaden rund um die Legitimität solchen Nichtstuns stets selbst in den Schwanz. Ein Kommentar bei Spiegel Online bringt das Problem auf den Punkt: "Ich denke, ich spreche hier doch für den ein oder anderen User, wenn ich Frauenfußball zwar als Sport ansehe, aber eben nicht als Profisport." Man nimmt fußballspielende Frauen bis heute nicht ernst. Gesellschaftlich, medial und institutionell gelten sie schlichtweg nicht als Profisportlerinnen.
Das Diskriminierende daran ist: Mit tatsächlichem Können und der Qualität der Spiele hat das wenig zu tun. Es ist einfach ein Wurmfortsatz der langen Tradition, Frauen in diesem Spiel klein zu halten. Deswegen will auch keiner der Akteure ernsthaft etwas an der Situation ändern. Der ganze WM-Hype war auch kein echter – eher ein bemühter. Gar ein gespielter. Als das deutsche Team gegen Japan rausflog war fast so etwas wie ein Erleichterungsseufzen hinter vorgehaltener Hand zu hören: Endlich müssen wir nicht mehr so tun, als hätte uns das alles wirklich interessiert.
Katrin Rönicke schreibt in ihrer zweiwöchentlichen Kolumne über Gender- und Bildungsthemen. Diese erscheint immer montags im Wechsel mit Verena Reygers Musikkolumne.
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