Was schreibt man in seiner letzten Kolumne? Die selbstlosen Geister schreiben zuallererst einen Dank an all ihre Leser_innen und an alle Menschen, die über all die Kolumnen und schließlich auch Jahre hinweg hier mitdiskutiert haben. Dabei gilt es zu betonen, dass man selbst bei den hitzigen und nicht immer sachlich bleibenden Debatten einige Eindrücke und viel Neues mitgenommen hat.
Das ist gerade in Hinblick auf meine Kolumne wahr. Es gibt einen Leser, mit dem ich mich im Jahr 2009 köstlich gefetzt und angezickt habe. Irgendwann einmal schrieb er, dass es ihm reiche, dass er sich diese Kolumne nicht mehr antun werde und dass der Freitag sich einmal Gedanken machen solle, über Anspruch und Niveau und überhaupt – ein Leser, mit dem mich heute sehr viel verbindet, mit dem ich zwar immer noch trefflich diskutieren kann, manchmal auch rumzicken, aber ohne den ich nicht mehr sein mag.
Die weniger selbstlosen Autor_innen schreiben in ihrer letzten Kolumne eine Nabelschau über sich selbst. Wie sehr die Kolumne sie verändert und sie in ihrem persönlichen Bildungsprozess genauso unterstützt habe, wie in der Verarbeitung ganz alltäglicher Probleme. So kann das wirklich gehen. Wer in steter Regelmäßigkeit etwas liefern muss – und möchte – kommt nicht drum herum, diese Lieferung, die mit einem politischen Touch versehen und trotzdem im Alltag einsortiert ist, immer mehr in den Rhythmus des eigenen Lebens einzubinden.
Manchmal auch nur ein Testballon
Wer von dieser Lieferung alles andere als lebt, sondern sie ein bisschen aus Idealismus schreibt, ein bisschen, um bei Leser_innen nicht in Vergessenheit zu geraten, ein bisschen, um schön im Debattenflow zu bleiben – wird nicht umhin kommen, aktuelle Denkprozesse aufzuschreiben. Eigene Standpunkte zu reflektieren. Manchmal auch nur eine Art Testballon für eine eigene These in die Welt zu schicken.
Zum Beispiel die These, dass alleinerziehende Mütter gut daran täten, wenn sie in gemeinsamen WGs zusammenwohnten – eine damals noch völlig von meiner Lebensrealität abwesende Überlegung. Diese aber bildete das Thema für meinen ersten auch im Freitag erschienen Text (vom Februar 2009) – ursprünglich noch in der Mädchenmannschaft gebloggt. Als ich meine Kolumne begann, war ich zwar Mutter, aber in einer "sicheren" Ehe und so weiter. Drei Jahre später sieht die Lage dann schon anders aus und ich schreibe über das Zusammenerziehen und lebe bald alleine, nicht in einer WG.
Es war in meiner Kolumne im Freitag, in der ich begann, aktiv meine eigene Sozialisation zu reflektieren. Viele Bücher habe ich gelesen und hier besprochen – angefangen von Arne Hoffmanns Rettet unsere Söhne über Maria Svelands Bitterfotze, den Feministischen Guide für Männer und lande letztendlich bei einer Rezension Noah Sows Deutschland Schwarz Weiß – was meinen ersten Shitstorm auslöste.
Für manche Feministinnen zu liberal
Kritisch waren die Stimmen immer. Das liegt zum einen an meiner grundsätzlichen Haltung: Ich bin Feministin. Zum anderen aber auch an meiner spezifischen feministischen Haltung, die für manche Feministinnen zu liberal ist. Zum Beispiel, wenn ich mir Sorgen mache, dass jede unliebsame politische Meinung mit einer Triggerwarnung versehen wird; oder wenn ich darüber sinniere, ob es verbotene Wörter geben sollte und wo das hinführt.
Und dann war meine Kolumne immer schon ein Hybrid: eine Genderkolumne einerseits, eine Bildungskolumne andererseits. Und manchmal eine Kolumne einer Feministin, die in einem steten Bildungsprozess ist und andere daran teilhaben lässt.
Lassen wir es dabei kurz bewenden – ich möchte Ihnen allen ersparen, eine Reise durch fast vier Jahre Gender- und Bildungskolumne anzutreten. Diese kurzen Abstecher sollen reichen, um zu zeigen: Der Kolumne beim Freitag habe ich viel zu verdanken. Vieles meiner eigenen Entwicklung wurde damit begleitet, verarbeitet, losgetreten, verändert, und viele meiner Gedanken durch ganz andere Haltungen infrage gestellt, ergänzt, kritisiert und bereichert. Dafür sei dem Freitag ein großer Dank ausgesprochen. Bis auf hin und wieder kritische Teaser und eine manchmal etwas reißerische Überschrift hat man mich hier niemals eingeschränkt, hat mir keine Grenzen gesetzt und ist mir mit Wertschätzung begegnet. Herzlichen Dank an Susanne Lang, Maxi Leinkauf und Jan Pfaff, die mich hier super betreut haben.
Freiwilliger Abschied
Zum Schluss muss betont werden, dass ich freiwillig gehe und nicht aufgrund der aktuellen Sachzwänge. Nein, ich gehe, weil ein neues Projekt ruft und weil ich in dieses all meine Energie stecken möchte, die ich neben Kindern, Studium und Ehrenämtern noch übrig habe. Weil ich mehr nicht schaffen kann.
Wenn Sie interessiert sind, was ich so treibe, dann schauen Sie doch hin und wieder einmal in mein Blog. Und ich werde hin und wieder einmal schauen, was Sie alle hier so treiben. Und kommen Sie mir alle gut in das neue Jahr!
Katrin Rönicke hat an dieser Stelle alle 14 Tage immer mittwochs über Gender- und Bildungsthemen geschrieben. Sie beendet diese Kolumne nun, weil sie sich einem neuen Projekt widmen möchte.
Kommentare 21
Dass Sie sich mit Hinweis auf Ihr Blog verabschieden ist an sich schon sehr freundlich. Dass Sie dort mit La Fille mal gardée aufwarten ...das ist toll, ist dies doch eine meiner liebsten LP's aus meiner Sammlung.
Am Rande bemerkt, die LP ist heute eine der meistgesuchten LPs auf dem weltweiten Sammlermarkt.
Für Ihre Zukunft begleiten Sie meine besten Wünsche. Machen Sie's gut.
Alle Gute und herzliche Grüße.
Selten Ihrer Meinung, aber immer mit Interesse gelesen.
Mit respektvollem Gruß!
Gender, Gender, Genderpopender.
Nu, weiss ich immer noch nich wer die Mohren sind? Woman is the Nigger of the World. Das versteht jeder. Verholocausten, also Neubenennung unter Zuhilfenahme einer Bubble-Tea-Creations-Phantasie, lockt viele laue Goth's, Alternativs und Girls auf den Plan, was es ja auch soll, aber keine "richtigen" Ansprechpartner die ein ebenbürtig Gegenüber erwarten. Ein Anliegen neu zu gebären hat immer was eigenes. Das "- innen, ..Innen" usw. ist so schwierig mit der Intelligenz zusammen zu bringen wie der "Holocaust" als Marketing-gag Spielbergs.
Ja sicher hat man recht, aber.. aber.. Genderpopender
hab ich vergessen: so wie "Girlscorner" in der Bravo '76
Also, von der Form her meine ich. Der Inhalt ist schon ganz klar, aber bei der Form möchte man gleich weitergehen. Bin ja keen blasses gothic girl with suntan das die Sonne ("jenes grosse Wesen, das wir verehren") meiden sollte. Oh, Aton.
Alles Liebe und Gute, Frau Rönicke. Ich hatte mich nach langem Anlauf an Ihre Kolumne gewöhnt, sie gerne gelesen. Schön ist, dass Sie ein "Neues Projekt "gefunden haben!
Danke und herzliche Grüße an Sie.
Und viel Erfolg beim neuen Projekt!
Wenn es denn die Welt verändert... zum Besseren.. dann meine besten Wünsche..für Ihr weiteres berufliche und privates Leben!
Als Agentin, der immer größer werdende Gendergemeinde, will ich Ihnen (zum Nachdenken) diesen Artikel schenken.
“Trotzdem war mir extrem mulmig zumute, als sich mein Sohn zum Geburtstag diesen Rock wünschte. Ein schöner Rock, den er sich in einem Katalog ausgesucht hatte. Er hat kräftige Farben, lila und pink,“ ...
Farbtherapie: Pink macht mild statt wild.
In mehreren Testreihen konnte sie zeigen, dass Rosa bei Kindern bis zum Alter von drei Jahren (neben Rot und Violett) zu den drei Lieblingsfarben gehört: bei Mädchen und Buben. Ihre Erklärung dafür: Babys und Kleinkinder verfügen noch nicht über die Fähigkeit zur selektiven Wahrnehmung. Alle Reize gelangen ungefiltert in ihr Gehirn, was leicht zu Stress führe. Die Farbe Rosa helfe, Stress besser zu verkraften. "Pink ist Balsam für die Nerven", so die Farbpsychologin Späth ...
Wieso zeigt die Farbe Pink in Schweizer Gefängnissen gute Ergebnisse, obwohl die meisten Männer als Kinder gelernt haben, Pink als "weibisch" zu empfinden? Farbpsychologin Späth lächelt. "Optische Reize werden vom Sehnerv erst einmal ins Zwischenhirn geleitet, das eine wichtige Rolle bei der Steuerung des Hormonhaushalts und der Emotionen spielt", sagt sie. Von dort aus gelangen sie erst nach einer Weile über die Sehrinde, wo eine erste bewusste Differenzierung der optischen Information findet, ins Großhirn: "Schon bevor man also überhaupt erkennt, welche Farbe man sieht - und was diese gesellschaftlich bedeutet -, werden im Zwischenhirn unbewusste körperliche Reaktionen ausgelöst: Was im Fall von Pink zu Entspannung führt." Dass die Farbe Pink kriminelle Energie zum Verschwinden bringe, glaubt selbst Späth nicht. "Wer aber Räumlichkeiten in Pink streichen lässt, erhöht die Sicherheit im Justizvollzug."
Quelle:
http://derstandard.at/1328162449775/Gefaengniszellen-Farbtherapie-Pink-macht-mild-statt-wild
"Farben sind der Fahrstuhl ins menschliche Unterbewusstsein", sagt sie, "und Cool Down Pink ist eine sanfte, kostengünstige Entspannungsmaßnahme - frei von Nebenwirkungen." (Till Hein, DER STANDARD Printausgabe, 06.02.2012
Falls Sachzwänge bestehen?- ruft doch bitte zu Spenden auf.
Nur keine falsche Scham!
Pink, it's my new obsession, yeah
Pink, it's not even a question
Pink, on the lips of your lover
'Cause pink is the love you discover
In diesem Sinne alles Gute
Sehr, sehr schade. Ich habe diese Kolumne immer sehr gerne gelesen. Und früher auch mal die Mädchenmannschaft. Ein weiterer Verlust für den Freitag. Ich hoffe, ab und an mal noch was Spannendes in deinem Blog lesen zu können.
Es winkt huldvoll zum Abschied der kleine König Kalle Wirsch
ich danke Ihnen - auch für die jahrelange Begleitung und viele gute Blogs Ihrerseits. Die ich auch weiterhin immer wieder lesen werde.
plus ein gesundes 2013!
ich bin gerührt und winke Ihnen ebenso. Ich bin ja nicht aus der Welt :)
<3
das ist sehr toll
die Rosa-Rock-Phase meines Sohnes hat übrigens in der Kita ein jähes Ende gefunden. er trägt so etwas jetzt nur noch an Wochenenden, weil ihn andere Jungen auslachen...
das ist eine bemerkenswerte Beobachtung, denn die Gewöhnung darf gerade bei so einer Kolumne nicht unterschätzt werden.
auch ich musste mich erst gewöhnen und ich kenne einige, denen es so ging wie Ihnen :)
Alles Gute auch an Sie!
ich suche auch nach einer kompletten Ausgabe von "La Fille Mal Gardée", finde überall nur "Highlights". Woher kommt das nur?
ansonsten freue ich mich, wenn ich Sie als Leser meines Blogs gewinnen konnte :)
ein gesundes neues Jahr!
Hallo Frau Rönicke,
im net gibt es eine Komplettversion von La fille mal gardée. Das weiß ich, weil ich mir das mal komplett angesehen habe. Ich werde mich mal auf die Suche machen und Sie dann ggf. informieren.
Auch Ihnen die besten Wünsche für ein schönes 2013.
Ich habs gefunden. Hier gibt es die Gesamtaufnahme:
http://www.youtube.com/watch?v=N1N02Zj5wAE
Nein, ich gehe, weil ein neues Projekt ruft und weil ich in dieses all meine Energie stecken möchte, die ich neben Kindern, Studium und Ehrenämtern noch übrig habe.
Wir verstehen auch das gerne.
Sehr schade. Aber so lange die Arbeit - die ich sehr schätze - weitergeht, werde ich Ihnen auf jeden Fall folgen. Vielen Dank für den Hinweis zum Blog.