Zuerst ging es nur um Äußerlichkeiten: Hier einen Makel schaffen – zum Beispiel Cellulitis, dort ein Ärgernis erfinden – Falten: zwar völlig natürlich und unvermeidbar, aber hey – wer wünscht sich nicht die ewige Jugend? Dafür sorgen, dass Frau sich unwohl fühlt mit ihren Brüsten, Beinen, ihrem Po, ihrem Gesicht, ihren Haaren, den Fingernägeln und den Zähnen. Schönheits-OPs, Kosmetik-Produkte so weit die Regale reichen – das Geschäft mit den vermeintlichen Makeln boomt seit eh und je. Doch, schlimmer geht immer, wie nun die Pharma-Industrie beweist:
Frauen, die „zu wenig Lust“ haben (definiere: „zu wenig Lust“!), sollen nun kleine Testosteron-Pflaster* aufgeklebt bekommen, oder vielleicht das weibliche Pendant von Viagra** aufgeschwatzt, oder auch ein Nasenspray. Jawohl, ein Nasenspray – denn ähnlich wie Kokain wird damit auf direktem Weg zum Gehirn ein Stoff eingezogen, der horny machen soll***. Von Null auf Hundert. Alles klar?
Bleibt nur eine Frage: Wem nützt all das etwas?
Den Frauen?
WerStepford-Wives
Den Männern?
Er: „Schatz, ich hätt mal wieder Lust…“
Daraufhin sie: *Knurrgeräusche*.
Aber hey: ein Gang zum Medizinschrank genügt jetzt ja! „Hier Schatz, dein Nasenspray!“
Daraufhin sie: *snief* - „oh ja, geil, lass mal pimpern!“
Super! Für Männer gibt es doch bestimmt nichts Erotischeres, als das Gefühl vermittelt zu bekommen, dass sie nicht geschafft haben, was ein Nasenspray schaffte. Und es ist bestimmt auch sehr aufbauend zu wissen, dass die Holde zwar eigentlich keine Lust hatte, aber Dank dieser tollen neuen Droge…
Das muss doch frustrierend sein! Und wer sagt eigentlich, dass es weniger frustrierend ist, als wenig Sex, der dann aber wenigstens von Herzen kommt und freiwillig ist – und nicht durch Wunderdrogen induziert? Da kann er ihr ja gleich K.O.-Tropfen verabreichen… (okay, böser Vergleich! Aber ich als Mann käme sehr wohl auf solche Gedanken!)
Wem nützt es also? Die Antwort auf diese Frage dürfen Sie sich wie immer selbst geben.
* gibt’s nur für Frauen, die keine Gebärmutter und Eierstöcke mehr haben
** hat leider nicht wirklich funktioniert – aber man forscht weiter
*** wirkte zwar tatsächlich, die Forschung daran wurde aber wegen zu großer Nebenwirkungen letztendlich abgebrochen
Katrin Rönicke, geboren 1982 in Wittenberg, studiert Erziehungswissenschaften und Sozialwissenschaften in Berlin und ist Mutter eines einjährigen Jungen. Ab April ist sie Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung. Für den Freitag schreibt sie in ihrer wöchentlichen Kolumne über Gender- und Bildungsthemen. Außerdem schreibt sie für den feministischen Blog
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